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NOT QUITE HOLLYWOOD (Australien/USA 2008)

von Jenny Jecke

Original Titel. NOT QUITE HOLLYWOOD: THE WILD, UNTOLD STORY OF OZPLOITATION!
Laufzeit in Minuten. 103

Regie. MARK HARTLEY
Drehbuch. MARK HARTLEY
Musik. STEPHEN CUMMINGS . BILLY MILLER
Kamera. GERMAIN MCMICKING . KARL VON MOLLER
Schnitt. MARK HARTLEY . JAMIE BLANKS . SARA EDWARDS
Darsteller. TOM BURSTALL . QUENTIN TARANTINO . GEORGE MILLER . LEIGH WHANNELL u.a.

Review Datum. 2010-01-08
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Mark Hartley ist ein Fan. Wenn man eine Erkenntnis mitnimmt aus 103 Minuten wilder, zuvor nicht erzählter Ozploitation-Geschichte, dann die, dass Mark Hartley jegliche Distanz zu seinem "Untersuchungsobjekt" abgeht. Er ist offensichtlich mit den australischen Sex-, Splatter- und Actionfilmchen aufgewachsen, die er hier porträtiert und er liebt sie inbrünstig. Daran ist zunächst natürlich nichts auszusetzen, denn bei einer Dokumentation soviel übersprudelnde Leidenschaft zu spüren, hat einen nicht unbeträchtlichen Seltenheitswert. NOT QUITE HOLLYWOOD ist nämlich keine trockene Angelegenheit und das bezieht sich nicht nur auf den intensiven Ausstoß von Körperflüssigkeiten. Der Titel ist in wirklich jeder Hinsicht Programm.

Nachdem Down Under 1971 das R-Rating eingeführt wurde, gab es für findige Produzenten ohne Angst vor schlechtem Geschmack kein Halten mehr. Für wenige Jahre prasselte eine Welle von B-Filmen auf das beschauliche Australien nieder, dessen kleine Filmindustrie sich bis dahin eher von kunstvollerem ernährt hatte. Die Entwicklung dieses Booms verfolgt Hartleys Dokumentation in drei Teilen. Während der Film den Zuschauer zunächst mit einem sporadischen Überblick über Sexkomödien wie ALVIN PURPLE geradezu torpediert, ist dieser bemüht, dem Geschehen überhaupt zu folgen. Keine leichte Angelegenheit, denn Hartleys Ansatz ist zeitweise leicht mit einem chaotischen Best of der abstrusesten und wildesten Szenen zu verwechseln. Für Neueinsteiger mag das ein von ununterbrochenem Augenrollen geprägter Spaß sein. Bis sich die inhaltliche Verwirrung legt, findet man sich jedoch bereits im zweiten, ziemlich blutrünstigen Abschnitt wieder. Vom komatösen PATRICK, der seine Angebetete mit seinen psychokinetischen Talenten terrorisiert bis zum Wildschwein-Horror RAZORBACK von Russel Mulcahy (HIGHLANDER) ist hier wirklich alles dabei, was es so an abgedrehten Plots zu erfinden gibt. Klassikern wie LONG WEEKEND widmet NOT QUITE HOLLYWOOD etwas mehr Zeit, doch im wesentlichen beschränkt sich Hartley darauf, den Produktionshintergrund annekdotisch zu beleuchten, was zwar unterhält, aber ohne Einbettung in den gesellschaftlichen Kontext ein leeres Vergnügen bleibt. Warum die Ozploitation-Filme den Nerv des Australien der 70er und 80er Jahre trafen, bleibt ungeklärt.

Dass die australische Filmindustrie einst Genre-Perlen wie MAD MAX oder THE MAN FROM HONG KONG mit Jimmy Wang-Yu herausgehauen hat, ist heutzutage kaum noch zu glauben. Harte Actionfilme schließen denn auch den Film ab, der seinen Schlussstrich unter die Ozploitation-Welle Ende der Achtziger Jahre zieht und als faden Hoffnungsschimmer den Bogen zu den augenscheinlichen Erben der Bewegung, etwa Leigh Wannell (SAW) oder Greg McLean (WOLF CREEK), spannt. Um die 80 Zeitzeugen und Fans hat Hartley für seinen Film interviewt und ein Großteil von ihnen kommt auch vor. Davon zeugt der Eindruck der Überwältigung, der sich während der ganzen 103 Minuten nicht verflüchtigen will. Quentin Tarantinos überschwänglicher Begeisterung zu folgen, ist noch ein Vergnügen. Die vielen anderen Gesprächspartner – Regisseure, (angewiderte) Kritiker, Schauspieler usw. - einzuordnen, bleibt eine Herausforderung. Letztlich ist Hartley mit NOT QUITE HOLLYWOOD ein Kuriositätenkabinett der B-Movies und ihrer Persönlichkeiten gelungen, das ein verschwiegenes Kapitel australischer Filmgeschichte entstaubt und ihm sicher neue Fans bescheren wird.











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