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Gegen den Strom zu schwimmen ist manchmal unvermeidlich. "Sensationell!" "Genial!" In dieser Preisklasse prasseln die Lobeshymnen der Hamburger Kritiker nach der Vorführung von KING ARTHUR: LEGEND OF THE SWORD. Dabei handelt es sich bei dem von Donald Trumps Finanzminister Steven Mnuchin mitproduzierten Blockbuster doch bei näherer Betrachtung um eine beliebige Melange miteinander unverträglicher Elemente. Mag auch Charlie Hunnams durchtrainierter Körper besonders dazu geeignet sein, ein mächtiges Schwert zu schwingen, fehlen doch heldencharakterlicher Unterbau und epischer Atem für die zu bestehenden Kraftproben im Kampf um die Krone eines archaischen England.
Die ersten Minuten verlaufen noch einigermaßen vielversprechend. Beeindruckend sind weniger das Schlachtgetümmel mit riesenhaften Elefanten, die auf ihren Schultern ganze Belagerungsbastionen tragen und mit der Abrißbirne an ihren Rüsseln Burgen zu Matsch hauen, als vielmehr die auratischen Auftritte von Eric Bana und vor allem Jude Law. Bana plädiert als König Uther nach einem entbehrungsreichen Krieg für Frieden mit den Feinden. Das geht seinem Bruder Vortigern, dessen Blutdurst noch lange nicht gestillt ist, gegen den Strich. In dieser Rolle, die er sichtlich genießt, liefert Jude Law ein schauspielerisches Meisterstück von einem Bösewicht, der seine eigene Schlechtigkeit als Schmerz erleidet, aber auf die Erregung, die Machtfülle in ihm hervorruft, nicht verzichten mag. Wenn er seine Töchter eine nach der anderen ermorden muss, um seinen Teil des Paktes mit den krakenartigen Hexen zu erfüllen, die ihm Zauberkräfte verleihen, quält sich das Publikum mit ihm. Es sind die einzigen Gelegenheiten echter Anteilnahme.
Den Königbruder und dessen Frau killt er, aber der Königssohn treibt im Bötchen davon. Moses hat es vor ihm getan, ein gängiger Mythos wird hier bemüht, nicht originell, aber auch kein Faux pas. Huren - die mit dem goldenen Herzen - nehmen sich seiner an, als er an die Quaimauern Londons gespült wird, das hier altertümelnd Londinium heißt. Der Junge wächst im Bordell auf und schlägt sich mit Diebereien durch. Ist das denn nicht ein faszinierender neuer Ansatz, um die Artus-Legende zu adaptieren? Manche Zuschauer schienen ernsthaft dieser Meinung zu sein. Während das Findelkind zum kräftigen jungen Mann heranwächst, wird das Konzept des Films klar: Pimp the legend: Der künftige König profiliert sich als netter Zuhälter.
Wie selbstverständlich übernimmt er die Geschäfte des Bordells, schließlich verteidigt er die Mädchen gegen brutale Freier. Dass die Mädchen irgendwelche Mitspracherechte hätten, ist nicht zu erkennen. Das Direktorium kennt keine Frauenquote. Da sind die Kumpels unter sich.KING ARTHUR: LEGEND OF THE SWORD bedient im Schafsfellkostüm seines virilen Personals primitve Männerphantasien. Sie auszumalen traut sich der Film nicht. Eine seltsame Mischung aus Zartgefühl - man sieht keine nackte Haut und trotz viel Gemetzel kaum Blut im Film - und Prüderie lässt das nicht zu. Besser wird der Streifen dadurch nicht, im Gegenteil. Als Vortigerns Truppen dem Bordell einen ungebetenen Besuch abstatten, senken die Freudenmädchen nicht nur ängstlich, sondern auch schamhaft die Köpfe, während die, die mit ihnen verdienen, frech sein dürfen. So ungeniert und dumpf machohaft wie bigott hat sich ein Blockbuster, der auch auf ein jugendliches Publikum schielt, schon lange nicht mehr gebärdet.
Indirekt zeigt Regisseur Guy Ritchie damit auch, wie sehr er versucht, den Legendenstoff in das Genremuster eines Unter- und Halbweltfilms von heute zu pressen. Wie im englischen Gangsterfilm der 1980er Jahre - man denke an RIFIFI AM KARFREITAG oder GANGSTER NO.1 - fliegen erst die Fäuste und die Knüppel, ehe Stich- und andere Waffen in Anwendung kommen. Ritchie importiert auch seine Hütchenspieler-Erzähltechnik aus Snatch - Schweine und Diamanten. Doch der Wirkung und dem rabenschwarzen Humor seines eigenen Ausflugs in die Gefilde des englischen Gangsterfilms läuft er vergeblich hinterher. Das Vor- und Zurückspringen in den Ereignissen, die Auslassung und der nachgereichte Bericht KING ARTHUR: LEGEND OF THE SWORD vergnügen nicht als Abschweifungen und geistreiche kleine Puzzles, sondern nerven wie Leute, die über ihre eigenen Witze lachen.
Die Fantasy geht daran zugrunde. Das soll nicht heißen, dass KING ARTHUR: LEGEND OF THE SWORD nicht den einen oder anderen guten Einfall hätte. Wie sich überhaupt der Stein gebildet hat, in dem das Wunderschwert Excalibur so feststeckt, dass nur der künftige König es herausziehen kann, das ist wirklich eine glänzende Idee. Und Charlie Hunnam, der meist nur schulterrollend durchs Bild stapfen darf, kann mit Hilfe hübscher Computertrickersei zeigen, was Excalibur mit ihm macht, wie es ihn beherrscht und verwandelt. Aber die Magie bleibt in Häcksel-Dramaturgie stecken. Extremsituationen, in der bald Vortigern, bald Arthur, bald die jugendliche Zauberin, die Arthur unterstützt (Astrid Bergès-Frisbey) vom Tode bedroht sind, reihen sich wie Glasperlen ohne Schnur wahllos in einem plakativ inszenierten Katz- und Maus-Spiel aneinander, in dem Vortigern versucht, seinen Konkurrenten Arthur zu töten, der lange nichts davon ahnt, Thronfolger zu sein. Die Initiation in seine Rolle als künftiger König, von Widerstandskämpern gegen Vortigern und der Zauberin sorgfältig geplant, durchhastet der Held statt sie miterlebbar zu machen. Überdies knickt Charlie Hunnam verständlicherweise unter der unmöglichen Anforderung ein, zugleich den von übersinnlichen Kräften beseelten und den ironischen Heroen mimen zu müssen. Mit so einem gobschlächtigen Drehbuch werden seine Muskeln nicht fertig.
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