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IRON MAN 2 (USA 2010)

von Björn Lahrmann

Original Titel. IRON MAN 2
Laufzeit in Minuten. 124

Regie. JON FAVREAU
Drehbuch. JUSTIN THEROUX
Musik. JOHN DEBNEY
Kamera. MATTHEW LIBATIQUE
Schnitt. DAN LEBENTAL . RICHARD PEARSON
Darsteller. ROBERT DOWNEY JR . GWYNETH PALTROW . MICKEY ROURKE . SCARLETT JOHANSSON u.a.

Review Datum. 2010-05-01
Kinostart Deutschland. 2010-05-06

Es kann bzw. sollte idealerweise nur einen geben. Seit Tony Stark (slick as a prick: Robert Downey Jr.) der baffen Weltöffentlichkeit verkündet hat, er sei IRON MAN, befindet er sich auf einem massiven Egotrip: Schampus, Groupies, öffentliches Urinieren. Bei New York hat er seinen ganz privaten Industriepark gegründet, da schwenkt er auf glitzernder Showbühne den Stahlknackarsch und lässt sich von properen Hupfdohlen umgarnen. Der Superheld als Popstar. Zugleich hat er sich als amerikanisches Ein-Mann-Sicherheitsschild bewährt und die regulären Truppen nahezu überflüssig gemacht. Dem Militär ist das selbstredend ein Dorn im Auge; per Gerichtsbeschluss soll Iron Man verstaatlicht werden, der Anzug in Massenfertigung vom Fließband rollen, das Rüstungs-Wesen im Rüstungswesen aufgehen.

IRON MAN 2 überführt den Superhelden ins Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Die eigene Unersetzlichkeit, die sich andere maschinell gepimpte Vigilanten wie Batman per Geheimniskrämerei und Zweitidentität sichern, setzt Tonys PR-Hunger gehörig aufs Spiel. Durch insistentes Ich-sagen – "Ich und niemand sonst ist Iron Man" – wird er paradoxerweise erst recht als gespaltene (und damit: beliebig trennbare) Persönlichkeit wahrgenommen. Anlass zu akuter Sorge besteht indes nicht: Entlang der Achse des Bösen fallen reihenweise die Plagiate auseinander; so einfach wie ein Dolce & Gabbana-Täschchen lässt sich der Eiserne eben doch nicht fälschen.
Auftritt Ivan Vanko (Mickey Rourke), ein bulliger Elektrorusse mit Jürgen-Drews-Frisur, der mit Tony wegen einer lang verjährten Rivalität ihrer Väter ein Hühnchen zu rupfen haben meint. Drahtseile wie Nerven trägt der Kerl in den Händen, die als Starkstrompeitschen beim Rennen von Monaco karosseriespaltend zum Einsatz kommen. Gemeinsam mit dem halbseidenen Rüstungsunternehmer Justin Hammer (Sam Rockwell) schickt Vanko sich an, Tony mit den eigenen Waffen zu schlagen.

Dem Prinzip sinnloser Multiplikation verfällt der Film leider alsbald selbst. Was ist cooler als ein Iron Man? Richtig: zwei Iron Men, die sich gegenseitig die Fresse verbeulen. Also schlüpft kurzerhand Tonys alter Kamerad Rhodey (Don Cheadle) in die Reserverüstung und legt beim besoffenen Sparring die halbe Villa in Schutt und Asche. Großartig motiviert muss so eine Sequenz schon gar nicht mehr sein; im schludrigen Blockbusterkino passieren Dinge, weil sie halt müssen – nicht, weil sie folgerichtig wären. Zwischen disparaten, halbherzigen Plotsträngen muss mal wieder Downeys suaver Humor vermitteln und leistet dem Film damit bessere Dienste, als er verdient.
Nebenfiguren fährt das ratlose Skript im Dutzend auf und findet dann doch keine Verwendung für sie: Scarlett Johansson darf als kampfkundige Sekretärin im Emma-Peel-Kostüm anderthalb Szenen lang gepflegt arschtreten; Samuel L. Jackson, der im Vorgänger einen winzigen Appetizer-Auftritt als Ober-Avenger Nick Fury hatte, absolviert einen zweiten, der ebenso bedeutungs- und folgenlos bleibt. Sogar der ideal besetzte Rourke hat wenig mehr zu tun, als beeindruckend schlecht manikürt in die Tastatur zu hauen und allenthalben am Zahnstocher zu lutschen.

So wenig sich IRON MAN 2 für konzises Storytelling erwärmen mag, so glasig vor Augen wird dem Film überall da, wo es um Technik geht. Als feuchter Traum eines jeden Industriedesigners präsentiert sich Tonys Bastelkeller: Freischwebende Interfaces irrlichtern durch die Lüfte, Hologramme werden auf Händen getragen und als virtuelle Papierknäuele in virtuellen Mülleimern versenkt. Die ausgeprägte Faszination für Militärspielzeug aller Art wird hier noch befremdlicher als im ersten Teil zelebriert; mehrfach muss man zu speckigem Stadionrock Waffendemonstrationen über sich ergehen lassen, an denen alles prangt und glänzt wie geölte Körper im Porno.
Überraschend ist das freilich kaum; schließlich gibt es angesichts weitflächiger Privatisierung der Sicherheitsindustrie keinen Grund, wieso Panzer und Granaten nicht mit ähnlichen Werbestrategien am Markt konkurrieren sollten wie Jeansmarken oder Müslisorten. Die Grenzen allerdings zwischen absurd übersteigerter Satire und blankem, affirmativem Fetisch werden in IRON MAN 2 zunehmend unangenehm verwischt. So landet der Film letztlich im Niemandsland zwischen Iron und Ironie.











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