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Der peitschenschwingende Archäologie-Professor Indiana Jones gehört wohl zu den bekanntesten popkulturellen Figuren überhaupt, die drei Leinwand-Abenteuer des smarten Helden machten Harrison Ford zum Weltstar und öffneten den Produzenten und Drehbuchautoren George Lucas neben STAR WARS eine weitere Goldgrube: Die über 1 Milliarde an den Kinokassen erwirtschafteten Dollars dürften sich dank diverser Homevideoveröffentlichungen, einem Serienableger, diverser Computer- und Konsolenspiele und vieler anderer Merchandisingartikel wohl verzigfacht haben.
Ein weiterer Kinofilm war lange Zeit im Gespräch und - um es gleich vorneweg zu nehmen - das größte Mysterium im neuen Indiana Jones-Abenteuer ist wohl die Frage, wieso sich Steven Spielberg, George Lucas und Harrison Ford nach jahrelangem hin- und her auf das etwas wirre Drehbuch von David Koepp einigen konnten. Die herzige und vor allem übersichtliche Simplizität der Vorgänger weicht einer total meschuggen Mär von außerirdischen Kristallschädeln und goldenen Städten, welches vor allem nie so richtig die Kurve kriegt weil INDIANA JONES UND DAS KÖNIGREICH DES KRISTALLSCHÄDELS unter einem typischen Blockbuster-Syndrom leidet: Maßlosigkeit.
Die 185 Millionen Dollar Produktionskosten müssen wieder reingeholt werden und weder Spielberg noch Lucas bewiesen in der Vergangenheit einen besonderen Hang zur übermäßigen Experimentierfreudigkeit - so ist der neue INDIANA JONES vor allem ein Film, der zwar tief in seinem inneren wieder an die "glorreichen Tage" anknöpfen möchte (Spielberg verwendete Filmmaterial aus den 60ern und verzichtete vor dem Schnitt auf eine Digitalisierung), aber in erster Linie den heutigen von allerlei Krawall-Epen verwöhnten Kinogänger befriedigen muss. Dieser Zwiespalt ist auch in Spielbergs Regie spürbar: Die erste halbe Stunde ist nicht uncharmant und wartet mit einem Harrison Ford in bester Spiellaune auf, doch mit zunehmender Laufzeit verabschiedet sich Spielberg, sein Film wird immer beliebiger, die Figuren stampfen ohne dramaturgischen Bogen von einem Set ins Nächste, der letzte Abschnitt ist eine einzige F/X-Show (von überraschend wechselhafter Qualität), die kalt lässt. Das in den Vorgängern vorhandene Gespür für Charaktere und emotionale Fallhöhen ist nahezu gänzlich verschwunden, sämtliche Darsteller abseits von Ford sind reine Staffage, die Reaktivierung von Karen Allen kommt über eine gute Idee nicht hinaus, Cate Blanchett ist als böse Russenlady ein schlechter Witz. Apropos Witz: Die humorige Seite der INDIANA JONES-Franchise hat jetzt endgültig Überhand gewonnen, gegen KÖNIGREICH DES KRISTALLSCHÄDELS wirkt selbst der heitere INDIANA JONES UND DER LETZTE KREUZZUG wie JOHN RAMBO, die Wiederbelebung unseres Lieblings-Weltenbummlers gerät oft zur reinen Klamotte.
Punkte gibt's nur für die phasenweise recht gelungene Action und die gediegene Art wie Spielberg hier inszeniert, so machen Verfolgungsjagden Spaß. Dennoch: Trauer bleibt, man muss schon enorm viel Leidensfähigkeit mitbringen oder den Anblick von Jones per se prickelnd finden um INDIANA JONES UND DAS KÖNIGREICH DES KRISTALLSCHÄDELS so richtig zu genießen.
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