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GUNDALA (Indonesien 2019)

von André Becker

Original Titel. GUNDALA
Laufzeit in Minuten. 118

Regie. JOKO ANWAR
Drehbuch. JOKO ANWAR . HARYA SURAMINATA
Musik. BEMBI GUSTI . TONY MERLE . AGHI NAROTTAMA
Kamera. ICAL TANJUNG
Schnitt. DINDA AMANDA
Darsteller. ABIMANA ARYASATYA . TARA BASRO . BRONT PALARAE . ARIO PALARAE u.a.

Review Datum. 2020-05-23
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Kurze Zeit nachdem THE RAID im Jahr 2011 seinen Siegeszug durch die Kinos antrat, wurden indonesische Genre-Filme schnell zum neuen heißen Scheiß. Das Interesse mag zwar im Laufe der Jahre ein wenig abgeflaut sein, nichtsdestotrotz zieht das Genre-Kino aus Indonesien auch heute noch jede Menge Aufmerksamkeit auf sich. Das liegt einerseits daran, dass im Gegensatz zu anderen asiatischen Ländern wesentlich weniger Output aus der dortigen Kinolandschaft herüber schwappt. Jeder neue Titel ist insofern eine seltene, aber höchst willkommene Nachricht. Anderseits haben die Werke, die international ausgewertet wurden, nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Filme wie HEADSHOT (2016) bekamen teils eigene Kinoauswertungen spendiert oder liefen erfolgreich auf zahlreichen Festivals.

Einen großen Anteil an dem guten Ruf des indonesischen Gerne-Kinos hatten eine Handvoll Regisseure, die auch Jahre später noch gut im Geschäft sind. Neben Gareth Evans (der mit GANGS OF LONDON gegenwärtig im Serien-Business angekommen ist), sind hier noch Timo Tjahjanto (KILLERS, MACABRE) sowie Joko Anwar zu nennen. Gemeinsam ist allen Regisseuren, dass sie sich nicht auf ein Genre festlegen, sondern munter zwischen Action, Thriller und Horror hin und her springen. Evans begann etwa mit knallharten Martial-arts-Filmen (MERANTAU aus dem Jahr 2009), wechselte mit der Netflix-Produktion APOSTEL aber ins klassische Horror-Fach. Eher umgekehrt lief es bei Timo Tjahjanto, der mittlerweile ebenso aktiv im Action-Segment (THE NIGHT COMES FOR US) unterwegs ist.

Auch Anwar folgt dieser Tendenz und liefert nach mehreren Horror-Filmen (MODUS ANOMALI, SATANS SLAVES) mit GUNDALA einen waschechten Actionfilm ab. Leider enttäuscht der Film aber gleich auf mehreren Ebenen. Anwar hatte wohl einen Superhelden-Film der etwas anderen Art im Sinn, verkalkuliert sich diesbezüglich aber gleich mehrfach. Und die papierdünne und schlichte Story ist dabei (natürlich) nicht das größte Problem.

Der Film erzählt, wie die großen Vorbilder aus dem Hause Marvel oder DC, eine klassische Origin-Story. Und dies auf geradezu lehrbuchhafte Weise. In GUNDALA beginnt die Heldenggeschichte in der Kindheit der Hauptfigur. Sancaka (Abimana Aryasatya) wächst in ärmlichen Verhältnisse auf und wird bereits in frühen Jahren hart vom Schicksal getroffen. Als sein Vater bei einem Arbeiterstreik hinterrücks getötet wird, folgt der endgültige Abstieg in die Armut. Seine Mutter ist kaum noch in der Lage ihren Sohn zu versorgen und verlässt ihn schließlich als die Situation vollends hoffnungslos wird. Sancaka muss sich nun auf den Straßen Jakartas durchschlagen, entdeckt aber schon hier seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.

Sancaka verfügt zudem über übernatürliche Kräfte, die er allerdings nur zögerlich einsetzt und die er lieber geheim halten würde. Als er im Erwachsenenalter aber mit immer mehr Ungerechtigkeit konfrontiert wird und der skrupellose Gangster Pengkor droht die Stadt und ihre Einwohner zu unterjochen, bleibt ihm nichts anderes übrig als den Kampf aufzunehmen. Kein leichtes Unterfangen, denn Pengkor hat im Laufe der Jahre eine ganze Armee von Killern hinter sich versammelt.

GUNDALA erzählt diese Story sehr stromlinienförmig und ohne große Nebenhandlungen, Flashbacks oder sonstigen Ballast. Die Tonalität des Films gibt sich dabei bierernst und betont düster. Das Gewaltniveau anderer indonesischer Produktionen wird zwar nicht annähernd erreicht, dennoch macht der Film schnell klar, dass man hier keine kindgerechte Supermann-Story im Sinn hatte. Das ist durchaus erstmal positiv, da der Film diese Abgrenzungshaltung gegenüber Marvel und co. die meiste Zeit über recht zielführend einsetzt.

Die Anzahl der Actionszenen ist erfreulicherweise sehr hoch. Besonders in der ersten Hälfte wird kaum eine Gelegenheit für kämpferische Auseinandersetzungen ausgelassen. Die zahlreichen Fights sind dabei hart und schnell, leider aber auch wenig aufregend in Szene gesetzt. Die spektakulären Choreographien, die man aus anderen indonesischen Produktionen gewöhnt ist, vermisst man hier schmerzlich. Auch die Sets, die in den immergleichen Industrieruinen angesiedelt sind, ermüden irgendwann und lassen Langeweile aufkommen. Auf der optischen Ebene kann Anwar hingegen punkten. Erdige, verwaschen wirkende Brauntöne dominieren und werden bis zum Schluss effektiv als Stilmittel ausgestaltet.

Erst gegen Ende befreit sich der Film ein wenig aus der zwischenzeitlichen Ödnis. Mit der Einführung einiger bewusst überzeichneter Gegner schraubt der Film zwar das Trash-Level ordentlich in die Höhe, immerhin steigert GUNDALA dadurch aber seinen Unterhaltungswert in nicht unerheblichem Maße. Dass der Film auf der inhaltlichen Ebene recht scharf die Verrohung der Politik angeht (im Film sind eigentlich alle Politiker und Staatsbedienstete korrupt) taugt zwar eher als eine Fußnote, ist jedoch zumindest teilweise als mutiger Kommentar an den politischen Zuständen des Landes zu lesen. Ein Pluspunkt, der teils auch dramaturgisch sinnvoll eingebettet wird.

GUNDALA schafft es allerdings nicht (und das ist tatsächlich ein Riesenproblem) sein Publikum abzuholen. Eine wirkliche Beziehung baut man zu den Figuren nicht auf. Bei der Hauptrolle fällt dies natürlich besonders schwer ins Gewicht, da man hier einfach nicht mitfiebern mag. Und das obwohl der Film im ersten Viertel durchaus emotional berührend das Teenagerleben des Helden und seine Nöte darstellt. Leider nutzt das Drehbuch (aus der Feder von Anwar) diesen früh gesetzten Grundstein nicht weiter. Die Hauptfigur bleibt blass und konturenlos. Das liegt auch an der wenig überzeugenden Darstellung von Hauptdarsteller Abimana Aryasatya, der die meiste Zeit über eher deplatziert wirkt.

GUNDALA ist somit nicht der erhoffte Kracher, sondern ein Film der nach einem recht vielversprechenden Beginn im Mittelmaß versackt und diesen Makel in den viel zu langen zwei Stunden Laufzeit trotz einiger guter Ansätze nicht mehr abschütteln kann. Für den einen oder anderen Actionfan mag das (gerade noch) reichen. Der Rest ist besser beraten sich einen weiteren Marvel-Schinken reinzuziehen. Oder einen DC-Film. Und das ist dann leider doch ein eher betrübliches und ernüchterndes Fazit.

GUNDALA ist ab dem 28.05.2020 von Koch Films auf DVD und Blu-ray erhältlich!











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