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Er müsse sich den entführten Jungen wie einen Computer vorstellen, erklärt der Teufel (Ciarán Hinds) seinem unterbelichteten Schergen: Um ihn dem Zugriff des Ghost Riders (Nicolas Cage) zu entziehen, habe er ihm eine Art satanische Firewall eingehaucht. Virtuality made in hell, eine überraschend luzide Metapher für die Filme von Neveldine/Taylor, ihren letzten und besten vor allem, GAMER: Menschen wurden da zu willenlos den Billigkamerakünsten des diabolischen Duos ausgelieferten Konsolenfiguren, rasend unästhetische Pixelansammlungen nah an der Abstraktion.
Der erste, oberflächliche Unterschied (und was zählt hier schon jenseits der Oberfläche?) zu GHOST RIDER: SPIRIT OF VENGEANCE ist, dass dessen Attraktionsbilder statt humaner Hardware - also leibhaftigen, rücksichtslos in Einsen und Nullen zerrechneten Schauspielerkörpern - zumeist unmittelbare Softwareclips zeigen: CGI-Schlachten, die, weil ohnehin schon digital, zur Digitalisierung der Realwelt in uninteressant harmonischem Verhältnis stehen. Doppelt schade ist das mit Blick auf den Drehort Rumänien, dessen postsozialistische Schutthaldenlandschaft man ja mittlerweile fast automatisch mit den dort inszenierten DTV-Kloppern assoziiert: Weitgehend uncomputerisierte, dafür mit roboterhaft gestählten Kampfsportlern besetzte Schrot-und-Korn-Actioner, deren auch topografische Rabiatheit nur zu gern mal auf eine große Hollywoodproduktion hätte abfärben dürfen.
Überhaupt: Was hätten Neveldine/Taylor aus diesem bescheuerten Franchise - nach dem proftablen, aber völlig gesichtslosen ersten Teil eigentlich kreatives Freiwild - alles machen können! Wäre doch mal eine erfreuliche Abwechslung gewesen: Ein Mainstream-Deal, der nicht als Pakt mit dem Teufel endet. Aber wie jeder andere Major auch scheint Marvel an inszenatorischer Unberechenbarkeit nur insofern interessiert, wie selbige in berechenbaren Bahnen verbleibt; rahmensprengende Splitscreenpuzzle und seismografische Handkameras, die die Aufprallenergie von Fäusten, Kugeln und Karosserien in adrenalinstoßhafte Eigenbewegungen übertragen, sind hier bloß noch sporadisch gesetzte Trademarks zur Rückversicherung, dass man es tatsächlich mit einem Film "von den Machern von CRANK" (ausgedachte Werbezeile) zu tun hat.
Neveldine/Taylor haben, kurz gesagt, nicht ihre Seele verkauft, sondern deren Verdünnung zur Marke und Masche. Eine Strategie, mit der Nicolas Cage seit fast 20 Jahren gut fährt. Nach schleichendem Reputationsaufbau als overactende B-Movie-Gottheit ist seine Karriere mittlerweile ein Selbstläufer aus YouTube-Bestenlisten geworden: die lustigsten Ausraster, die schlechtesten Frisuren etc. Als große Amortisierungshilfe erweist sich dabei der hartnäckige kollektive Selbstbeschiss, dass der Mann nicht haargenau wüsste, was er da tut. Um die hinter seinem Wahnsinn steckende Methode zu erkennen, muss man sich indes nur mal anschauen, mit welch unverhohlenem Phlegma Cage hier das Gros seiner Screentime vertrödelt, um mit einem einzigen Moment schäumenden Geiferns so gerade noch auf Megaperformance-Mindestniveau zu kommen. Bequemer lässt sich an der eigenen Ikone nicht malen. Für das bisschen halbironische Brechnung sorgen verlässlich rohrkrepierende Oneliner, Schwitzhodenriffs und Christopher Lambert.
Ein Wort noch zum 3D-Einsatz: Der ist hier tatsächlich kaum wahrnehmbar - was einerseits nicht wundert, sind Neveldine/Taylors Bilder doch essenziell flach (ihr kakophonischer Effekt beruht darauf, dass raumzeitlich alles zugleich auf einen eindrischt und eben nicht feinsäuberlich in die Tiefe gestaffelt werden kann). Andererseits schmuggelt sich eines konstant und auffällig immer wieder in den Vordergrund: Lens Flares, Kamerahalluzinationen. Während sich auf der grauen Materialebene Hightech-Priester und Dämonen mit Motorradtricks bei Laune halten, schweben im Zuschauerraum bunte Lichtflecken umher, immateriell und doch zum Greifen nah: Ein schöner Verstoß gegen die spektakelfilmische Ordnung, die der sie erzeugenden Technik ja selten ein derart ins Auge springendes Eigenleben gönnt.
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