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Der Traum vom gated territory, vom rechtsfreien Niemandsland, sich selbst überlassen zwischen mit theatralischem Graffiti besprühten, schwarz in der Sonne vor sich hinrostenden Schutzwällen, gehört mit zu den zauberhaftesten Klischees des Endzeitkinos. Hier sind noch Lebensentwürfe denkbar, bei denen sich mit größtmöglicher Selbstverständlichkeit mittelalterlicher Öko-Schick mit Spät-80er-Punkverkleidung kombinieren lässt. Bei denen man in schlecht beheizten Ritterburgen, griesgrämig und vom Weltuntergang desillusioniert, seinen Blick über die nach wie vor Kerrygold-grüne Hochebene Schottlands gleiten lassen kann, während (gerade mal durch einen mit Zivilisationsmüll vollgestopften Bergwerksstollen von der Märchenburg getrennt) in der längst pittoresk runtergerockten Fußgängerzone von Edinburgh ein Polizist gebraten und verspeist wird.
Ein Nostalgie-Trip also. Mit größtmöglicher Liebe zusammengewürfelt. Alles drin, an dem man nicht vorbeikam, hat man den Videoboom in den 80ern noch aus erster Hand erlebt. Hello again auf dem PLANET TERROR, auch wenn dieses Mal keine Knicke ins Filmband gestylt werden, sondern der glatte, eher gesichtslose Inszenierungsstil mittlerer Big-Budget-Produktionen von vor 10 Jahren das Bild regiert. Die hässlichen Displays in etwas aufgejazzter C64-Grafik auf den Überwachungsmonitoren, hinter jedem nächtlichen Abbruchhausfenster ein blauer Gegenlichtscheinwerfer, viel Bewegung in der Totalen. Statt einer mitreißenden Wackelkamera und strobohaftem Schnittgewitter hier ganz retro auf Rock geschnittenes Gekloppe. Völlig in Ordnung, auf eine ehrlich, einfache Art "Old School" und man spürt ihn schon; den Druck, es hier wirklich einmal richtig krachen lassen zu wollen - und hey, das tut es über weite Strecken dann auch.
Schön und gut. Auch wenn eben nicht auf Metaebene ausformulierte Tiefe, mit der THE DESCENT noch vor zwei Jahren zu Recht zum Kritikerliebling mutierte. Marshall macht klar, was alles gar nicht so gemeint, schon gar nicht gewollt ist. Deshalb hier und jetzt ein bewusster Rückschritt hin zum einfach nur zusammen mit den Jungs einen tollen Abend haben wollen. Ein wenig weiterbasteln am Traum vom großen europäischen Genrekino.
Noch spürbar allerdings: seine (etwas nerdhaft, ganz aus Fanboy-Bewunderung raus ausformulierte) Liebe zu starken Mädels. Vor allem natürlich und überhaupt zu Rhona Mitra. Ihr doch recht eigener, leicht spöttischer Blick, wenn alles beginnt aus dem Ruder zu laufen. Diese unkaputtbare Sicherheit, die denkbar tief aus einem unbeirrbaren Willen zur Selbstzerstörung zu schöpfen scheint. Seit ihrem tollen Auftritt in NIP/TUCK hängt hier ja schon das Versprechen auf mindestens eine zweite Sharon Stone im Raum. Jetzt hier in DOOMSDAY ungefiltert davon die volle Packung.
Da ist man gerne bereit zu verschweigen, wie unzusammenhängend dahingewürfelt das Ganze hier über weite Strecken daherkommt. Wie nicht immer ganz geschmackssicher (und vor allem oberflächlich kommentierend) hier die Musikauswahl von Fine Young Cannibals bis Frankie Goes To Hollywood aus tiefschwarzen THX-Boxen des Metropol Kinos schallt, in dieser, bis auf den letzten Platz ausverkauften Vorstellung von DOOMSDAY auf den in diesem Jahr wahrlich ganz wundervoll zusammengestellten Fantasy Filmfest Nights. Wirklich egal. Das hier ist Kino, wie man es viel zu oft nur noch in Videotheken findet. Also, reingehen.
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