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Die aus Rob Zombies Vorgänger Film HOUSE OF 1000 CORPSES sattsam bekannten Figuren der Backwoods-Familie um Captain Spaulding (Sid Haig) sind wieder da. Alles beginnt mit einem Überfall der Polizei auf der Farm der Killerfamilie. Einige Familienmitglieder können entkommen und begeben sich auf einen Roadtrip to Terror.
Terror ist hier ausnahmsweise mal keine phrasenmäßige Umschreibung, sondern bitterer Ernst. Was Zombie mit THE DEVIL'S REJECTS gelungen ist, dürfte einer der apokalyptischsten, anarchischten Horrorfilme der letzten Jahre sein. In einer unglaublich intensiven und streckenweise verstörenden Atmosphäre morden sich Clown Spaulding, die engelsgesichtige und ebenso brutale Baby (Zombies Ehefrau Sheri Moon Zombie) und der vom Jäger zum Monster mutierten Sheriff Wydell (William Forsythe) durch den amerikanischen Westen. Die Story ist zwar nicht fürchterlich originell, aber diese Art der entfesselten Inszenierung ist vielleicht das letzte Mal in Tobe Hooper's THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE 2 zu sehen gewesen. Der Film atmet den Geist des amerikanischen Horrorfilms in der Post-NIGHT OF THE LIVING DEAD-Phase. LAST HOUSE ON THE LEFT, THE HILLS HAVE EYES, I SPIT ON YOUR GRAVE und natürlich THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE standen Pate für dieses komplett sicke Werk. Ein erstaunlich ausgeprägter Sadismus durchzieht fast jede Szene, wobei Zombie glücklicherweise dümmliche Splattereinlagen weitestgehend vermeidet. Der Film ist zwar äußerst brutal und auch sehr blutig, aber die Gewalt erinnert eher an die rohe Wucht der o.g. Filme. Er atmet Dreck und Sadismus und hält sich nicht mit durchkomponierten FX auf. Zombie wollte eine Phase des apokalyptischen Horrorfilms wiederbeleben, in der der Zuschauer nie wusste, was als nächstes passiert. In der man mit allem rechnen musste, in der das Anarchische vor dem Narrativen stand. Die Welt der Nach-68er-Gesellschaft, die durch Altamont und Manson zerstört wurde, die Vietnam, Konsumterror, DEEP THROAT, CBGB's und Neuordnung der Werte beinhaltete. Danach wurde der Horrorfilm formelhaft und unterhaltsam. Die Wucht eines frühen Craven, Romero und Hooper konnte er nie wieder erreichen.
Und in all der heutigen Beliebigkeit, im "anything goes" der 2000er-Jahre ist es fast beruhigend, dass THE DEVIL'S REJECT immer noch wirkt. Man denkt zwar voller Nostalgie an die o.g. Phase und ihre Filme zurück, aber er erwischt einen auch voll in der Magengrube. Man erwartet, bzw. befürchtet jederzeit wieder einen sadistischen Ausbruch der Beteiligten. Dabei beherrscht Zombie auch die technische Seite. Blasse, grobkörnige Bilder erinnern in ihrer Schmutzigkeit an die 16mm-Streifen von damals, eine dynamisch entfesselte Handkamera bewirkt ein zusätzliches an Verstörung und Unmittelbarkeit. Und dann der Soundtrack. Nix mit Hardrock und Heavy Metal, kein steriler Orchesterscore, keine coolen Industrialgewitter: Folkrock, Country und Westcoastrock aus den 70ern bestimmen die Tonspur. Lynyrd Skynyrd und die Allman Brothers. Man meint David Hess' "And the Road leads to Nowhere" aus LAST HOUSE ON THE LEFT zu hören.
Und nun das ABER: Ja, leider gibt es ein ABER. Nach ca. 45 -50 min apokalyptischen Horrors der einen in den Sessel quetscht kommt ein völlig überflüssiger, billiger aber superheftiger Splattereffekt, der mit einem mal alles kaputt macht. Zack!! Da sind sie wieder, die 90er. SCREAM, Peter Jackson, Funsplatter, Gejohle bei jedem Tropfen Blut. Welcome to Teenage-Horrorland. Man braucht danach leider ca. 20-30 min um emotional wieder "rein" zu kommen, zumal es sich auch um die schwächste Phase des Films handelt. Alles ist ein wenig zerfahren und bemüht. Egal. Zum Finale spätestens ist man wieder "drin" und alles ist gut.
Diese Phase des Films macht aus einem potentiellen Horrormeisterwerk eben nur einen der aufregendsten, westlichen Horrorfilme der letzten Jahre. Naja, geht ja auch gerade noch.
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