|
FILM.
HAUS DER 1000 LEICHEN verhält sich zum Horrofilm der 70er in etwa so wie Stefan Raab zum Funk: Primär parasitär. Am offensichtlichen Ziel, Tobe Hoopers TEXAS CHAINSAW MASSACRE nachzueifern, schießt der Film meilenweit vorbei und landet bei Tobe Hoopers EATEN ALIVE. Das ist kein Kompliment.
Schockrocker Rob Zombie hat viel Geld verdient mit seiner Band White Zombie und noch viel mehr Geld, seit er als Solokünstler unterwegs ist. Sein dumpfer Sex- und Gruselrock ist eintönig und eingängig und daher auf jedem zweiten Horrorsoundtrack zu finden. "Astro Creep" war ja auch schön, und das Remix-Album "Supersexy Swinging Sounds" ist eine feine Sache. Mit seinem Namen, seinen Videos und diversen Statements hat Zombie schon lange angedeutet, daß er sich gern mal in den Regiestuhl schwingen würde, und tatsächlich ist genau das vor einigen Jahren passiert. Allerdings sollte es seine Zeit und die Ablehnungen von Universal und MGM dauern, bis HAUS DER 1000 LEICHEN das Licht der Welt erblickte.
Daß sich das Backwoods-Genre wieder größerer Beliebtheit erfreut, ist als sehr positiv zu bewerten. Schließlich hat dieses Subgenre des Horrorfilms einige der intensivsten Exemplare seiner Zunft hervorgebracht. Rob Zombie aber möchte offenkundig auch noch NATURAL BORN KILLERS machen, und das war keine weise Entscheidung für einen Debütfilm. Ständig unterbricht er, schon von Anfang an, seinen Film mit unmotiviert eingeschnittenen Filmclips und lenkt damit ständig von seiner keineswegs ambitionierten Story ab. L'art pour l'art, wie man es so oft bei Erstlingswerken findet.
Dabei ist der Film an sich straight. Vier Jugendliche haben eine Autopanne und geraten in die Fänge einer total degenerierten Sadistenfamilie. Einer nach dem anderen muß dran glauben. So weit, so gut. Aber Rob Zombie ist, so scheint es, nicht an Spannung oder Atmosphäre interessiert. Für ihn gibt es nur Hysterie. Der Film ist laut und anstrengend und nervenzermürbend. Die Jugendlichen selbst sind schon so daneben, daß man kein Interesse für sie entwickelt, und die Psychopathenfamilie ist einfach nur anstrengend und keineswegs furchteinflößend. Das Casting von Veteran Sid Haig als clowneskem Freakshow-Betreiber ist ein amüsantes Casting, sonst nichts. Der Auftritt von Karen Black läßt einen endgültig vergessen, daß diese Frau einst in FIVE EASY PIECES und FAMILY PLOT spielte, so aufgedunsen und weggetreten stapft sie durch diese Trashrolle. Der Film ist fast ebenso over the top wie der bereits genannte EATEN ALIVE von Tobe Hooper - nur Geschrei, Gequäle, Gerenne; noch nicht einmal allzu befriedigend für die Gorehounds, da die Gewaltakte offscreen stattfinden oder man nur das "danach" zu sehen bekommt. Für einen Film, der ansonsten nichts zu bieten hat, schon problematisch. Das einzige, was der Intensität seiner Siebziger-Vorbilder gemahnt, ist... nun ja, eigentlich der Einsatz vom "Brick House" der Commodores.
Daß Zombie sich immerhin Gedanken gemacht hat, sieht man in Sequenzen wie der tonlosen Hinrichtung eines Polizisten, die er sicherlich sehr elegisch fand. Das ist aber nur hemmungsloses Gewichse, da diese Szene absolut unerheblich ist und eben nur eines sagt: "Ich hab mir immerhin Gedanken gemacht." In einer einzigen Szene kommt so etwas wie ein Gefühl für Horror auf, nämlich wenn sich die Vogelscheuchen von ihren Holzbalken lösen und auf die Jungs und Mädels losgehen. Ansonsten ist der Film zu hell ausgeleuchtet, zu schlecht geschnitten und zu bunt (zum Thema Farbdramaturgie bitte vorher bei Argento und Bava nachschlagen). Rob Zombie wollte die 70er und landet in den frühen Neunzigern. Er hat den VALKENVANIA des Horrofilms gemacht.
DVD.
Die Aufmachung und Umsetzung des Film ist sehr gelungen. Bild und Ton sind ausgezeichnet, leider liegt nur der deutsche Ton in DTS vor, ansonsten gibt es hier nichts zu bemängeln. Das Menü ist durchaus als originell zu bezeichnen. Man wird sofort von Sid Haig beleidigt und darf auch den Rest seiner Zeit mit der Besetzung des Films verbringen, die sich eigens für die DVD nochmal vor die Videokamera begeben haben. Leider sind diese Menüteile nur synchronisiert abzurufen, was ich als echten Nachteil empfunden habe. Beim Zusatzmaterial selbst gibt es Bio/Filmografien (Texttafeln); ein amüsantes Making of; Behind the Scenes; einen nicht uninteressanten Audiokommentar von Rob Zombie, dem man eine gewisse Liebe zu seinem Produkt anmerkt, und Promo-Interviews, die, besonders im Falle von Zombie, etwas über den Standard hinausgehen. Casting und Rehearsals sind ansprechend, wenn man sich für den Zeitpunkt in einer Produktion interessiert, der noch weit vom Dreh entfernt ist, und "Tiny und der Baumstumpf" ist eine sinnfreie Alberei mit den Hauptdarstellern. Die Trailer sind insbesondere interessant, da sie den Film hauptsächlich über die Skandalschiene verkaufen ("The film they didn't want you to see").
Alles in allem eine ausgezeichnete Veröffentlichung, die selbst angesichts der minderen Qualität des Hauptfilms nicht ohne Reiz ist.
|
|
|