BROKEN CITY wirkt ein bisschen wie ein Film aus der Vergangenheit. Regisseur Allen Hughes bewegt sich in der Tradition jener Großstadt-Dramen und -Thriller über Korruption und Politik, wie sie vor der Jahrhundertwende von Regisseuren wie Harold Becker oder (in wohl vollendetster Form) von Sidney Lumet gedreht wurden. Die Bilder von Kameramann Ben Seresin unterstreichen diesen Eindruck perfekt. Und vielleicht trägt Mark Wahlberg in seiner ersten Szene ja deshalb auch genau so einen Vollbart wie ihn Al Pacino in Lumets SERPICO schmückte. Nur leider erreicht BROKEN CITY die Qualität seiner Vorbilder nicht.
Zur Handlung: in New York erschießt ein Zivil-Polizist einen mutmaßlichen Vergewaltiger. Dieser war unbewaffnet und alles sieht nach Mord aus, weshalb es zum Prozess kommt. Weil Bürgermeister Hostetler (Russell Crowe) Beweismaterial zurückhält, wird Billy Taggart (Mark Wahlberg) freigesprochen, muss aber den Dienst quittieren. Fortan arbeitet er nun als Privatdetektiv.
Sieben Jahre später engagiert der im Wahlkampf stehende Hostetler den Schnüffler, um seine Frau (Catherine Zeta-Jones) zu observieren. Fremdgehen soll sie, und das macht den Patriarchen schier rasend. Aber wie das eben so ist in solchen Filmen: Hinter der ganzen Geschichte steckt viel mehr als zunächst vom Detektiv vermutet. Und Hostetler, so viel kann verraten werden, scheint noch etwas ganz anderes zu bewegen als die Eifersucht.
Taggart schnüffelt nun herum um herauszufinden, was Frau Hostetler zu verbergen hat. Dabei treffen wir dabei jede Menge Polizisten, Politiker und Unternehmer. Alles, was in einer Stadt Rang und Namen hat. Eben die Leute, die man erwartet.
Die Figur Taggart folgt ein ganzes Stück weit dem klassischen Detektiv. Er hat Geldsorgen, und jagt bis zu Hostetlers Auftrag in erster Linie Ehebrecher. Und natürlich hat Taggart auch eine Assistentin, die alles für ihn tut. Allerdings ist er noch nicht ganz der einsame Wolf. Das Bett teilt Taggart ausgerechnet mit Natalie (Natalie Martinez), der Schwester jenes Mädchens, deren Vergewaltiger er damals erschoss. Natalie strebt eine Filmkarriere als Schauspielerin an und hat gerade ihre erste wichtige Rolle gespielt. Taggart kommt als eifersüchtiger Kulturbanause allerdings überhaupt nicht mit der Independent-Filmszene zurecht, in der seine Freundin Fuß fasst. Taggart wollte eigentlich trocken bleiben, aber da bleibt nur Schnaps - Prost.
Hostetler hat währenddessen zumindest im Wahlkampf alles im Griff. Seine Gentrifizierungs- und Steuersenkungspolitik kommt beim Wähler gut an, denn Hostetler ist ein guter Verkäufer. Der linksliberale Herausforderer Jack Valliant (Barry Pepper) mag im Fernsehduell noch so gute Argumente haben - gegen Hostetlers humorig vorgetragene Parolen hat er keine Chance. Was zählt, ist die Show, und die beherrscht Politprofi Hostetler perfekt. Es macht durchaus Spaß, diesem mit sichtbarer Freude gespielten Schweinehund bei seinen Machtspielchen zuzuschauen.
(Man reibt sich übrigens verwundert die Augen, wenn sich der Bürgermeister nach einem Squash-Match eine Trainingsjacke der deutschen Fußballnationalmannschaft überzieht.)
Obwohl Politik in BROKEN CITY eine Rolle spielt, bleibt der Film an diesem Punkt erstaunlich unkonkret und harmlos. Und auch mit der heutigen Stimmung in einer Metropole wie New York hat das alles nicht viel zu tun. Das erstaunt vor allem, weil Allen Hughes in den Großstadtfilmen, die er mit seinem Bruder zusammen gedreht hat, immer Wert auf ungeschönten Blick auf die Realität der Menschen gelegt hat. Hier ist nun alles beliebig und austauschbar. Wenn nicht hie und da Smartphones auftauchen würden, könnte man wirklich meinen, dieser Film sei fünfzehn Jahre alt.
BROKEN CITY überrascht uns an keinem Punkt wirklich, berührt uns niemals sonderlich und bietet keinen Erkenntnisgewinn. Dass wir uns trotzdem nicht langweilen, liegt an der handwerklichen Könnerschaft der Beteiligten. Und so ist das Beste, was man über "Broken City" sagen möchte, dass er nicht misslungen ist.
Aber weil sein Regisseur Allen Hughes heißt, würde man doch gerne mehr lobende Worte finden. Hughes hat mit seinem Bruder Albert in den Neunziger Jahren für Furore gesorgt. MENACE II SOCIETY und DEAD PRESIDENTS waren zwei energiegeladene Werke über Drogen, Gewalt und die daraus resultierenden Probleme der Black Community. Damals waren die Jungs Anfang Zwanzig und galten als echte Wunderkinder. Später drehten sie die Alan-Moore-Verfilmung FROM HELL und den Endzeitfilm THE BOOK OF ELI mit Denzel Washington. Beide Filme wurden mit hohen Budgets und Starbesetzung realisiert und waren visuell durchaus aufregend, allerdings bei den Fans auch nicht unumstritten. Etwas Besonderes, Eigenes hatten diese Filme aber allemal.
Das geht diesem ersten von Allen Hughes allein inszenierten Kinofilm nun leider völlig ab. Für einen unterhaltsamen Kinobesuch mit der Familie oder einen Fernsehabend beim ZDF-Montagskino mag "Broken City" zwar taugen, aber verdammt: Bei diesem Regisseur hätte einfach mehr drin sein können.
|