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Welche Probleme afroamerikanische Schauspieler auch heute noch in der Filmindustrie haben, sprach Paul Haggis beiläufig in seinem oscarprämierten Rassendrama L.A. CRASH an. In Ben Stillers letztjähriger Kriegsfilm-Persiflage TROPIC THUNDER übernahm sogar Robert Downey Jr. den Part eines farbigen Sergeant und wurde dafür passenderweise von der Academy für einen Oscar nominiert. Da ist es naheliegend, dass vor vierzig Jahren die Chancen für Afroamerikaner, sich in Hollywood-Filmen in anderen Rollen denn der des Bösewichts zu profilieren, äußerst gering waren. Da kam der Minderheitengruppe das Exploitation-Genre gerade recht, wo sie auf günstige Weise Filme mit sich und für sich drehen konnten. Das Ergebnis in Form von Kultfilmen wie SHAFT oder FOXY BROWN nannte man dann synergetisch "Blaxploitation". Nach dessen Hochphase in den siebziger Jahren starb dieses Genre allmählich aus, nur um spätestens in Scott Sanders' BLACK DYNAMITE eine gebührende Hommage zu erhalten.
Normalerweise, wenn ein Afroamerikaner tot in der Straße aufgefunden wird, kümmert das den Polizeichef nicht wirklich. Aber bei diesem Afroamerikaner ist es anders. "Wisst ihr nicht wessen Bruder das ist?", zeigt er sich entsetzt, denn es ist der kleine Bruder von Black Dynamite (Michael Jai White), der da im Rinnstein liegt. Und dabei hatte Black Dynamite einst seiner Mutter versprochen dafür zu sorgen, dass sein Bruder nicht den Drogen verfällt. Worauf ihn seine Tante gerne immer wieder hinweist. Doch die Unterwelt hat die Rechnung ohne Black Dynamite, den ehemaligen CIA-Agenten und Vietnamkriegsveteranen gemacht. Dieser setzt es sich fortan zum Ziel, nicht nur den Mörder seines Bruders zu finden, sondern auch dem Heroinverkauf an die Kinder aus der Nachbarschaft Einhalt zu bieten. Jeder, der seinen Lebensunterhalt dadurch verdient, dass er in der Nachbarschaft Drogen verkauft, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Was einen von Black Dynamites Bekannten hysterisch werden lässt. "Ich verkauf doch Drogen in der Nachbarschaft, Black Dynamite", erklärt er diesem sein Dilemma.
Ist Sanders' erster Film seit fast einem Jahrzehnt fraglos eine Hommage an das kultige Siebziger-Jahre-Genre, so ist BLACK DYNAMITE zugleich auch eine liebevolle Persiflage, die mit Genuss die Eigenheiten des Blaxploitation-Kinos hochnimmt. Da hängen dann schon mal Tonangeln ins Bild, werden dem Protagonisten merklich von einem unsichtbaren Dritten seine Nunchakus ins Bild geworfen oder allen voran dümmliche Dialogzeilen (allen voran der Running Gag: "Can you dig it?") von sich gegeben. Die Ein-Mann-Armee Black Dynamite muss sich hierbei sowohl mit der italienischen Mafia als auch mit "kung-fu treachery" auf Kung-Fu Island und dem dort residierenden hinterlistigen Dr. Wu auseinandersetzen, ehe es zum großen Showdown an keinem geringeren Ort als dem Weißen Haus kommt. BLACK DYNAMITE lotet seine Grenzen großflächig aus, nur um diese anschließend zu überschreiten, zu konterkarieren und ins Lächerliche zu verkehren.
Schon allein die Titelmusik, die jedes Mal abgespielt wird, wenn Black Dynamite eine der Szenerien betritt ("Dyn-a-mite! Dyn-a-mite!") ist... pures Dynamit, wie auch die restliche musikalische Untermalung, die sich meist darauf versteht, die bebilderte Handlung nochmals durch Aussprechen des Gesehenen zu kommentieren, ebenso zum Lachen anregt, wie das über die meisten Seiten brillant geschriebene Drehbuch. BLACK DYNAMITE ist ein Nonsens-Fest allererster Güte, das sich selbstverständlich zu keinem Zeitpunkt ernst nimmt und sich stattdessen darum bemüht, gewollt Trash zu sein. Dass dies sich meist weitaus schwieriger darstellt, als man denken mag, mussten zuletzt sowohl Robert Rodriguez als auch Quentin Tarantino mit ihrem GRINDHOUSE-Projekt feststellen. Denn Trash ist gerade dann Trash, wenn er es ungewollt ist. Etwas, mit dem auch Sanders und White teilweise zu hadern haben.
Einige Längen stellen sich nämlich durchaus in dem nur achtzig Minuten langen Werk ein. Zudem fällt Michael Jai Whites Spiel immer dann negativ auf, wenn er sich offensichtlich zu sehr bemüht, absichtlich schlecht zu spielen. Dabei wäre es für ihn wohl einfacher gewesen, sich einfach selbst zu spielen, bedenkt man dass sich sein Karrierehöhepunkt - insofern man diesen überhaupt als solchen bezeichnen kann - vor 12 Jahren in SPAWN zu finden war. Dennoch weiß die Besetzung zu gefallen, die neben jemandem wie Mykelti Williamson auch noch altbekannte Gesichter wie Arsenio Hall zu platzieren versteht. Insgesamt ist BLACK DYNAMITE daher eine runde Sache, die ihr Vorbild gleichzeitig durch den Kakao zieht aber auch gebührend huldigt. So ist Sanders' Film am Ende nicht nur ein herrlicher Beitrag zum Blaxploitation-Genre, sondern allen voran vielleicht die humorvollste Komödie des Kinojahres 2009.
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