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DAS BELKO EXPERIMENT (USA 2017)

von André Becker

Original Titel. THE BELKO EXPERIMENT
Laufzeit in Minuten. 88

Regie. GREG MCLEAN
Drehbuch. JAMES GUNN
Musik. TYLER BATES
Kamera. LUIS DAVID SANSANS
Schnitt. JULIA WONG
Darsteller. JOHN GALLAGHER JR. . TONY GOLDWYN . JOHN C. MCGINLEY . MICHAEL ROOKER u.a.

Review Datum. 2017-10-18
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Die deutsche Zensurgeschichte, die hinter BATTLE ROYALE liegt, ist lang. Erst für den Verleih geschnitten, dann ruckzuck auf dem Index und schließlich hierzulande beschlagnahmt. Seit 2017 ist der "gesellschaftskritische Metzelfilm" (Filmstarts) nach langen juristischen Geplänkeln wieder frei erhältlich. Für Filmfans eine gute Nachricht, gehört das Spätwerk von Kinji Fukasaku (STERNENKRIEG IM WELTALL, DIE LEGENDE VON DEN ACHT SAMURAI) doch zu den besten japanischen Genre-Filmen der letzten zwanzig Jahre. Was den Film so besonders macht ist die brillant abgestimmte Mischung aus beinharter Horrorstimmung, schlauer Seitenhiebe auf die japanische Gesellschaft und unschuldig verspielter…Ach so, um Fukasakus Geniestreich soll es hier gar nicht gehen, sondern um Greg McLeans (WOLF CREEK 1 & 2) grobschlächtige Gewaltorgie DAS BELKO EXPERIMENT. Auch gut, die Einleitung ist nicht total sinnlos, immerhin passt das Filmstarts-Zitat ebenso auf McLeans Büro-Schlachtplatte. Nur das "gesellschaftskritische" muss man halt komplett streichen.

Greg McLeans Streifen ist thematisch recht nah an BATTLE ROYALE, verlegt seine Mini-Story aber in einen hermetisch abgeriegelten Bürokomplex mitten im brasilianischen Nirgendwo und nimmt statt Schülern als Hauptprotagonisten unbedarfte Büroangestellte. Diese werden an einem scheinbar normalen Arbeitstag vor die Wahl gestellt: Töte deine Kollegen, oder dir explodiert die Birne. Freilich nicht vor Langeweile (wie möglicherweise sonst im tristen Büroalltag), sondern weil ein zunächst nicht näher benannter Urheber dieses perfiden Experiments hochexplosive Chips in den Köpfen der Mitarbeiter platziert hat. Wer nicht spurt, dem raucht also der Kopf und so beginnt das Gemetzel.

DAS BELKO EXPERIMENT schert sich nicht groß um anthropologische Erklärungsansätze oder bissig-satirische Zugänge (welche im Kontext des Settings durchaus drin gewesen wären). McLean, der hier tatsächlich ein Drehbuch von James Gunn (GUARDIANS OF THE GALAXY, SUPER - SHUT UP, CRIME!), verfilmt hat, setzt ausschließlich auf das Bedienen niederer Instinkte. Klipp und klar bedeutet dies schlichtweg, dass ein blutiger Mord auf den nächsten folgt und der Regisseur dabei jegliches Gespür für Atmosphäre, Spannungsaufbau oder Figurenzeichnung vermissen lässt. Und das ist dann schon erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der Regisseur eigentlich mehr drauf hat, als die Inszenierung eines solch komplett sinnentleerten Gewaltfilms.

Folglich bieten sämtliche Figuren, die zudem mitunter vollkommen irrationale Entscheidungen treffen, keinerlei emotionalen Nährwert. Okay mit dem Logikargument braucht man bei einem Film dieses Kalibers gar nicht erst kommen, dennoch soll an dieser Stelle einmal darauf hingewiesen, wie hirnrissig sich einige der Protagonisten verhalten. Zudem werden im Film im Prinzip nur zwei Figurencharakteristika gezeigt. Der rechtschaffende Mitarbeiter (u.a. John Gallagher Jr.), der in dieser Extremsituation seine Menschlichkeit bewahrt einerseits und anderseits der totale Oberpsycho (immerhin überzeugend dargestellt von Tony Goldwyn). Nein, dazwischen gibt es nichts, wie auch immer geartete Ambivalenzen werden vom Drehbuch bewusst ausgeklammert. Aber egal, zweifellos könnte man diese Rezension noch ziemlich in die Länge ziehen, indem man alle Unzulänglichkeiten dieses, nebenbei bemerkt reichlich öden, B-Movies aufführt. Wer bis hierhin gelesen hat, macht um den Film hoffentlich eh einen Bogen.

Wer weiß, vielleicht schlummerten im Skript viele schlaue Ideen und in der Post-Produktion entschied man sich dafür das Publikum lieber nicht mit zu viel intellektuell verschwurbeltem Gedöns zu überfordern und stattdessen das Motto Keep it simple zu befolgen. Möglicherweise wäre das Endergebnis erbaulicher gewesen, wenn man den Film stärker als unterkomplex erzählte, aber immerhin unterhaltsame Funsplatter-Parade aufgebaut hätte. Hätte, hätte, hätte…Man kann es drehen und wenden, wie man will, DAS BELKO EXPERIMENT ist nicht mehr als ein stumpfsinniger Gewaltporno auf dem Niveau einer pubertären Toilettenwandschmiererei.

DAS BELKO EXPERIMENT ist ab dem 05.10.2017 von Twentieth Century Fox auf DVD und Blu-ray zu haben.











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