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BEACH BUM (USA 2019)

von André Becker

Original Titel. BEACH BUM
Laufzeit in Minuten. 94

Regie. HARMONY KORINE
Drehbuch. HARMONY KORINE
Musik. JOHN DEBNEY
Kamera. BENOIT DEBIE
Schnitt. DOUGLAS CRISE
Darsteller. MATTHEW MCCONAUGHEY . SNOOP DOGG . ISLA FISHER . JONAH HILL u.a.

Review Datum. 2019-03-19
Kinostart Deutschland. 2019-03-28

Harmony Korine hat sich für seinen neuen Langfilm viel Zeit gelassen. Sechs Jahre nach SPRING BREAKERS ist es nun endlich soweit. BEACH BUM ist dabei ein echter Korine. Ein wahrhaft anarchischer Gegenentwurf zum Mainstream-Kino. Ein Film, der genüsslich den Aufstand gegen den guten Geschmack probt und seine Starbesetzung mit selten gesehener Hemmungslosigkeit herumtoben lässt.

Eine halbwegs schlüssige Handlung braucht man erst gar nicht zu suchen. Korine inszeniert Momentaufnahmen. Der Flow dieser Betrachtungen und die damit einhergehende Stimmung ist insofern wichtiger als das Entlanghangeln an einer Storyline. Das der Regisseur in seiner langjährigen Karriere zahllose Musikvideos inszeniert hat (bereits 1998 den phantastischen Clip Sunday für die Noise-Rocker von Sonic Youth) kommt dem Film in diesem Zusammenhang natürlich sehr zugute.

Im Zentrum der rund 90 Minuten: Matthew McConaughey als permanent zugedröhnter Lebenskünstler Moondog. McConaughey spielt diesen Flaneur mit großer Hingabe und enormer Spielfreude. Eine einmalige Performance, die in der mittlerweile recht umfangreichen Filmografie des Schauspielers definitiv heraussticht. Moondog ist allerdings nicht nur ein versoffener Herumtreiber, sondern gleichfalls ein genialer Schriftsteller. Ein Poet der Straße. Ein genauer Beobachter, der absonderlichen Seiten des American Way of life. Im Laufe der Zeit hat er es dabei zu beachtlicher lokaler Bekanntheit gebracht. Moondog. Dieser Name wird während des Films unzähligen Personen über die Lippen kommen. Und immer mit einem Erkennen, einem Lächeln verbunden sein.

Irgendwann winkt sogar das ganz große Geld. Als seine steinreiche Frau Minnie (Isla Fisher) nach einem Autounfall stirbt, vererbt sie ihm einen Haufen Kohle. Um an den Zaster zu kommen, muss er lediglich ein neues Buch veröffentlichen. Wenn man so will ist dies der einzige Handlungsfaden, den Korine wirklich dramaturgisch nachvollziehbar in den Film integriert. Im Prinzip wäre das jedoch gar nicht nötig gewesen, denn Moondog widmet sich dieser Aufgabe eher nebenbei. Zwischen verkaterten Stunden am Meer und dem nächsten Absturz in irgendwelchen Strandbars und Spelunken der Florida Keys.

Die schrägen Figuren muss man schon mögen und ins Herz schließen, ansonsten dürfte BEACH BUM zur wahrhaft haarigen Geduldsprobe werden. Korine macht hier keinerlei Zugeständnisse und leistet sich lediglich mit der Tochter von Moondog einen Charakter, der halbwegs bodenständig daherkommt. Die Norm bilden die Durchgeknallten, die der Regisseur in allen Milieus findet und ihnen eine entsprechende Screentime widmet. Immer wieder sind dies auch die vermeintlich Abgehängten (Obdachlose, Alkoholiker, Drogenabhängige jeglicher Couleur) die der Film regelmäßig ins Bild rückt und sie zu einem Bestandteil des Settings macht. Für das Elend und die sozialen Missstände interessiert sich der Regisseur nicht. Im Fokus steht die Mentalität des Leben-und-leben-lassen, die Korine hier durchaus feinfühlig beschreibt und mit den Mitteln der Anarcho-Komödie pointiert abbildet.

Gewalt und Niedertracht bleiben Nebenschauplätze. Eine wie auch immer geartete Bewertung oder moralische Einordnung verkneift sich der Film explizit. Wenn Moondog, zusammen mit einer Bekanntschaft aus der Entzugsklinik (Zac Efron in einem denkwürdigen Cameo) auf Sauftour geht und am Ende des Abends eine hilflose Person von Efron ausgeraubt wird, geschieht das brutal beiläufig. Nur um Minuten später mit dem nächsten brachialen Kalauer konterkariert zu werden. Derartige Brüche in der tonalen Ausrichtung sind nicht häufig auszumachen, sie zeigen aber das Korine hier scheinbar freie Hand hatte und ihm von keinem Geldgeber allzu stark reingeredet wurde.

Harmony Korine erzählt mit BEACH BUM eine Glücksritter-Geschichte, die oftmals stark improvisiert wirkt, aber gerade dadurch eine Leichtigkeit entwickelt, die man in Hollywood in der letzten Zeit schmerzlich vermisst hat. Über die eine oder andere obszöne Entgleisung muss man dann einfach großzügig hinwegsehen. Wie die hingenuschelten Dialoge in der deutschen Synchronfassung funktionieren sollen steht auf einem anderen Blatt. In den Genuss der sehr smooth vorgetragenen Anrede Mooondoog von Snoop Dog kommt man jedenfalls nur in der Original-Fassung.











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