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GESPRÄCHE

André Becker im Gespräch mit Acar, Kolmerer, Müßener, Remmers & Reza Brojerdi,
den Machern von SCHNEEFLÖCKCHEN

Berlin, Prenzlauer Berg. In Laufnähe zum Mulitplex-Kino und inmitten von gemütlichen Cafés und beschaulichen Altbauwohnungen erwartet mich ein zackiges Interview mit der Next Generation deutscher Filmemacher. Oder genauer gesagt: die zentralen Personen vor und hinter der Kamera von SCHNEEFLÖCKCHEN, einem per Crowdfunding über die Plattform Indiegogo produzierten und durch die Lopta Film GmbH realisierten Genre-Film made in Germany, der sich irgendwo zwischen Action, Thriller und tiefschwarzer Komödie bewegt. Neben dem Autor Arend Remmers und Regisseur Adolfo J. Kolmerer sind noch die Produzenten und Hauptdarsteller Reza Brojerdi und Erkan Acar sowie Florian Müßener von Lopta Film anwesend. Gut gelaunt stellt sich die Truppe meinen Fragen zum Projekt und dem Thema Filmemachen und Genre-Kino in Deutschland allgemein.

Das Gespräch.

Die Inhaltsangabe von SCHNEEFLÖCKCHEN klingt sehr wild und abgedreht. Auf was genau muss sich das Publikum gefasst machen?
    Arend Remmers: Einen Film, den es in dieser Form in Deutschland so noch nicht gegeben hat. Ein bunter Genre-Mix, der unsere verschiedenen Einflüsse abbildet. Produzenten von großen Studios würden sicherlich abwinken und sagen das man unser Konzept in dieser Form so auf gar keinen Fall umsetzen kann. So in der Art: Das kann man einfach nicht machen. Das lässt sich nicht zielgruppengerecht vermarkten. Aber unsere Haltung ist eher: Hey, das geht und klar kann man das so machen.
    Adolfo J. Kolmerer: Allein die Länge ist für einen Genre-Film schon ungewöhnlich. SCHNEEFLÖCKCHEN ist nicht als klassischer 90 Minuten Film konzipiert, sondern soll weit über zwei Stunden laufen. Dann die Sprachen. Wir haben Abschnitte auf türkisch, polnisch, englisch und natürlich deutsch.
    Arend Remmers: Auch wenn die Trailer den Eindruck vermitteln, dass der Film sehr viel Blut und Gewalt enthält ist SCHNEEFLÖCKCHEN ebenfalls ein sehr dialoglastiger Film. Los geht es z.B. mit einem sehr langen Dialog, der im Drehbuch ganze fünf Seiten umfasst. Wir haben uns da halt ausgetobt und konnten den Film so gestalten wie wir wollten.
    Adolfo J. Kolmerer: Für einen Film mit kleinem Budget muss man außerdem mit dem arbeiten was man hat. Was aber nicht tragisch ist. Es geht darum einfach im Rahmen seiner Möglichkeiten zu bleiben. Deshalb machen wir ja auch keinen Science-Fiction-Film, weil so etwas viel mehr Budget benötigen würde.
    Arend Remmers: Wir haben glücklicherweise viele Freunde im Filmbusiness und da hilft man sich halt aus. Wenn jemand von einem Dreh noch Kunstblut-Beutel für Einschusslöcher übrig hat, dann nimmt man die halt und freut sich, das man die noch umsonst verpulvern kann.

Wie genau seid ihr eigentlich auf die Idee zum Film gekommen? Was ist die Geschichte hinter SCHNEEFLÖCKCHEN?
    Arend Remmers: Eigentlich nachdem wir mit einem anderen Projekt gescheitert sind. Danach haben wir beschlossen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen und beim nächsten Mal einfach unsere Ideen umsetzten sollten. Auch wenn sie total verrückt sind. Ich hab dann wochenlang rumtelefoniert und Leuten unsere Ideen vorgestellt und tatsächlich hatten alle gleich Bock. Von den jetzigen Produzenten, über Stunt-Männer bis hin zu den Leuten, die sich um die Special Effects kümmern. Unsere Überzeugung ist, dass wenn wir einen Film machen, den wir uns auch gerne angucken würden, dass das Ganze dann ebenso bei anderen Personen gut ankommt.
    Reza Brojerdi: Letztlich haben wir offene Türen eingerannt, weil viele Leute einfach gefrustet waren. Die Einstellung, es diesmal anders anzugehen, also im Rahmen unsere Möglichkeiten und als Projekt zwischen Freunden, kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Bislang kommen die Trailer auch sehr gut an. Und was tatsächlich häufig als Kommentar kommt ist, dass der Film nicht wie eine deutsche Produktion aussieht. Was natürlich schade ist. Aber deutsche Filme haben nach wie vor im eigenen Land ein schlechtes Image.

Apropos Filmemachen in Deutschland. Wie steht ihr zum deutschen Film allgemein?
    Arend Remmers: Vereinzelt werden in Deutschland schon gute Sachen gedreht. Aber die kriegen häufig kaum Aufmerksamkeit, weil z.B. kein Geld für Werbung vorhanden ist. Es müssen einfach schlichtweg mehr Genre-Filme gemacht werden, damit eine Weiterentwicklung stattfinden kann.
    Florian Müßener: Ich habe manchmal auch den Eindruck das Filmemacher kein erzählerisches Risiko eingehen. Es gibt viele Filme über das Zwischenmenschliche, wo dann Leute gut andocken können. Aber es werden halt keine Grenzen überschritten.
    Arend Remmers: Es ist auch ein Teufelskreis mit der Filmförderung. Scheitert ein Genre-Film hat es der nächste gleich umso schwerer. Aber man kann mit kleinen Filmen ebenso punkten. Es geht darum eine Sprache, eine Ästhetik und eine Identität zu entwickeln. Wir müssen auch andere Finanzierungswege suchen. Das ist dann das Thema Crowdfunding.

War es von Anfang Art klar, dass ihr die Finanzierung von SCHNEEFLÖCKCHEN über Crowdfunding angeht?
    Arend Remmers: Ja, das lag daran, dass wir bei unserem letzten Projekt, zu viele fremde Leute an Bord hatten, die uns reingeredet haben. Diesmal wollten wir die Kontrolle behalten und den Film so machen, wie wir wollen.
    Florian Müßener: Wir versuchen dabei das Thema Crowdfunding so erfolgreich wie möglich zu gestalten. Auch hinsichtlich der Marketing-Maßnahmen in sozialen Medien. Wie erreicht man die Leute am besten. Wie erzeugt man Aufmerksamkeit. Man tastet sich da so ran.

Soll es eigentlich auch eine Kinoauswertung geben?
    Erkan Acar: In erster Linie gibt es eine Blu-ray und DVD-Auswertung im deutschen Sprachraum. Das läuft dann über den Verleih Capelight, die den Film in den deutschsprachigen Ländern auf den Markt bringen. Was die Kinoauswertung angeht, das wird sich noch herausstellen.
    Adolfo J. Kolmerer: Denkbar sind auch kleine oder große Festivals, wie z.B. das Fantasy Filmfest, das wir selber jedes Jahr besuchen.

Wie kam die Zusammenarbeit mit dem in Fankreisen sehr beliebten Verleih Capelight zustande?
    Erkan Acar: Ich habe die Einkäuferin von Capelight auf dem European Film Market getroffen. Ich habe ihr gleich von dem Film-Projekt erzählt und wir haben dann einen Termin gemacht, wo ich die weiteren Entscheider von unserer Idee überzeugen konnte.

Zurück zum Film. Welche besonderen Merkmale zeichnen SCHNEEFLÖCKCHEN noch aus?
    Arend Remmers: Jede Figur symbolisiert z.B. eine Eigenschaft. Unschuld, Gewissenlosigkeit, Gerechtigkeit, Hoffnung. Diese ganzen Eigenschaften prallen in der Geschichte aufeinander. Der Film ist außerdem mehr oder weniger episodisch aufgebaut. Nur gibt es dann immer wieder Brechungen. Die einzelnen Szenen für sich haben fast schon den Charakter von Kurzfilmen. Mal fühlt man sich in einem Actionfilm, mal in einem Horrorstreifen und dann gibt es auch viele dramatische Momente.

Welchen Tipp würdet ihr jungen Filmemachern in Deutschland geben, die auch gerne Genre-Filme machen wollen?
    Arend Remmers: Man muss sich vor allem mit guten Leuten zusammen tun. Mit Personen, die ähnliche Ziele und Visionen haben. Dann kann man viel mehr bewegen. Und wird letztlich kreativer. Ganz wichtig ist es natürlich ebenfalls, und das sag ich natürlich als Autor, Zeit in ein gutes, funktionierendes Drehbuch zu investieren. Wenn du ein gutes Skript hast, kannst du die Leute schneller begeistern. Außerdem ist es enorm wichtig aus der Masse herauszustechen. Je verrückter und abgedrehter die Idee, desto besser. Dann ist das Publikum auch viel wohlwollender dem Film gegenüber eingestellt.

Vielen Dank für das Gespräch!




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