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Das Zusammenleben von Mann und Frau ist primär der Kampf zwischen der Prätention einer Rolle und der Wirklichkeit dieser Personen. Beim Sex kämpfen die beiden dann mit diesen Fesseln, das ist ein sehr bewusster Akt. Damit kann man sehr schöne S/M-Bilder machen.
(Hisayasu Sato, Splatting Image Nr.27)
Es ist schon recht schwierig, einen Text über den japanischen Regisseur Hisayasu Sato zu verfassen. Von seinen fast 60 Filmen (Pornos und Karaoke-Videos nicht mitgerechnet) sind gerade mal 3 in westlichen Gefilden veröffentlicht worden. Informationen über das Schaffen des Pink-Meisters sind - zumindest in deutscher oder englischer Sprache - recht spärlich gesät. Die einen vergleichen ihn mit Fassbinder, die anderen mit Cronenberg. Die anderen (ich zum Beispiel) halten ihn für unvergleichlich. Für absolut einzigartig.
Die Filme des Herrn Sato sind oft schwer zu verdauen. Sie wimmeln nur so von männlichen wie auch weiblichen Psychopathen, sie sind gezeichnet von einer ruhigen, aber dadurch umso verstörenderen Atmosphäre. Und natürlich vom Sex, der in allen Varianten (homosexuell bis sadomasochistisch) auf das ausgiebigste praktiziert wird, ja oft der einzige Weg der Charaktere zu sein scheint, miteinander zu kommunizieren.
POACHING BY THE WATER
Man täte aber Unrecht daran, die Werke Satos in die Schmuddel-Schublade zu schieben. Denn dafür ist der Meister viel zu talentiert, seine Filme oft viel zu intelligent und zu gut gemacht. Seien es die komplexen, wie am Reißbrett entworfenen Strukturen der meist gerade mal 60min langen Streifen oder die bestechende Schönheit seiner Bilder, Hisayasus Werke entwickeln eine Sogwirkung, der ein aufgeschlossener Geist nur schwer entkommen kann.
Geboren wurde er am 15. August 1959 in Shizuoaka City in Japan. Schon während seiner Jugendzeit entwickelte Sato eine starke Leidenschaft zum Film. Besonders angetan hatten es ihm der Sexfilm (Pinku Eiga) im Allgemeinen und Regie-Titan Koji Wakamatsu im Speziellen. Wie Wakamatsu wollte auch Sato Teil einer Avantgarde werden und deshalb stand für ihn schon bald fest, dass er entweder Regisseur oder Fotograf werden wolle.
An einer Universität hatte er die Möglichkeit, beides zu studieren. Nach seiner Studienzeit fand er bei Shishi Productions Anstellung als Regie-Assistent, wo er unter Regisseuren wie Kan Mukai oder Yojiro Takita arbeitete, und lernte innerhalb von kürzester Zeit (4-5 Tagen) und mit einem Minimalbudget (ca.35.000 $) ausgestattet Filme zu drehen.
STABEL GIRL
Schon bald wurde Hisayasu in Japan bekannt und zusammen mit Sano Kazuhiro, Sato Toshiki und Zeze Takahisa (zusammen als die "Pink Shitenno", den "Four Kings Of Pink") Teil einer Avantgarde.
Satos Filme sind stark geprägt vom Medien-Zeitalter, von dem er gleichwohl fasziniert wie auch abgestoßen ist. So tauchen in seinen Filmen immer wieder Bilder von Videospielen auf (das Ende wird gerne mit einem "Game Over" eingeleitet), seine Protagonisten verwenden gerne Kameras zu den verschiedensten Zwecken, und auch das Auge ist ein Symbol, welches in seinem Gesamtwerk immer mal wieder gerne auftaucht (am krassesten wohl in SPLATTER: NAKED BLOOD)
Die grimmige Gewalt, die seine Filme durchzieht, erklärt er gerne als expressionistischen Ausdruck des unterschwelligen, heimlichen Drucks des Staats, der sexuelle Freiheiten zwar nicht verbietet, dennoch oft unter dem Deckmäntelchen des Anstands auch nicht ignoriert.
TENDER SKIN
Allerdings muss bei aller Verehrung doch angemerkt werden, dass diese Erklärung stark verallgemeinert und oft nicht funktioniert. Filme wie z.B. FUGUE MUSIC FOR ALPHA AND BETA funktionieren ausschließlich als reinstes S/M-Kino, hier lässt sich auch mit viel gutem Willen nichts mehr reininterpretieren.
In den letzten Jahren wurde es allerdings sehr ruhig um den kontroversen Pink-Meister. Abgesehen von THE PRICE OF ADULTERY: SCENT OF LUST im Jahr 2001 gab es in den letzten 6 Jahren nichts Neues. Dies lag vor allem an der Umorientierung des Pinku-Eiga Markts, der hauptsächlich nur noch auf seichte Erotik-Kost setzt, die sich auch besser an die TV-Sender verkaufen lässt und zum anderen sind, vor allem bei Sato`s Stamm-Produktionsfirma Kokuei, mittlerweile jüngere Regisseure nachgerückt und auch der Markt für DTV-Filme steckt seit Ende der 90er in einer Krise, weshalb auch dort kein Platz für die radikal-verstörenden Filme eines Hisayasu Sato ist.
Umso erfreulicher ist die Nachricht, dass er offensichtlich doch wieder ein Betätigungsfeld gefunden hat. Momentan arbeitet er zusammen mit Akio Jissoji , Saguru Takeuchi und Atsushi Kaneko an einem Omnibus-Film mit Namen RANPO JIGOKU, der auf Geschichten von Edogawa Rampo basiert und mit Stars wie Ryuhei Matsuda (9 SOULS, GOHATTO, BLUE SPRING) oder Tadanobu Asano (ICHI -THE KILLER, LAST LIFE IN PARADISE, ZATOICHI) aufwartet.
TURTLE VISION
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Filmographie.
2004
Ranpo Jigoku
2001
Scent Of Lust
1998
Soft Skin
The Fetist: Hot Breath
1996
In The Thicket
Splatter: Naked Blood
Night Of The Anatomical Doll
Meet In The Dream Wonderland
1995
Rafureshia
Hunter's Sense Of Touch
1994
Dead End
Sick People
Rental Love
Love - 0=Infinity
1993
Negation
Kyrie Eleison
Light Sleep
Angel In The Dark
Birthday
1992
Symbol Of Release
Labyrinth Of Primary Colours
An Aria On Gaze
Close Dancing
Dirty Blue
1991
Silencer Made From Glass
Just An Illusion
Look Into Me
Turtle Vision
Doll
Wave
1990
Ki-Ra-Ra
Psychic Rose
Interlocking Locks
Poaching By The Water
Slush
The Gods Have A Nervous Breakdown
Naked City
1989
Welcome To The Illusion
Bondage Ecstasy
Fugue Music For Alpha And Beta
Love Obsession
1988
Survey Map Of Paradise Lost
Rewind
Love Letter In The Sand
Asti: Lunar Eclipse Theater
Radical Hysteria Tour
1987
Water's High
Secret Garden
Lustmord
Temptation Of The Mask
1986
Save The Last Dance For Me
Explosion...
Gimme Shelter
1985
Distorted Sense Of Touch
Zero Flight
Decaying Town
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