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KAPITELWAHL

KILL YOUR FRIENDS (Großbritannien 2015)

von André Becker

Original Titel. KILL YOUR FRIENDS
Laufzeit in Minuten. 103

Regie. OWEN HARRIS
Drehbuch. JOHN NIVEN
Musik. JUNKIE XL
Kamera. GUSTAV DANIELSSON
Schnitt. BILL SMEDLEY
Darsteller. NICHOLAS HOULT . GEORGIA KING . JOSEPH MAWLE . ED SKREIN u.a.

Review Datum. 2016-04-23
Erscheinungsdatum. 2016-03-18
Vertrieb. ASCOT ELITE

Bildformat. 2.40:1 (1080p)
Tonformat. DEUTSCH (DTS-HD 5.1) . ENGLISCH (DTS-HD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. B

FILM.
2005 veröffentlichte der schottische Autor John Niven eine bitterböse, autobiografisch gefärbte Abrechnung mit der Musikindustrie Großbritanniens. Der Rest ist Geschichte. Niven gelang ein auch hierzulande vielbeachtetes Werk, das von zahlreichen Schreiberlingen gar zum Kultbuch hochstilisiert wurde. Dass irgendwann findige Produzenten den Braten riechen und fix eine Verfilmung hinterherschieben ist nicht weiter verwunderlich. Überraschenderweise hat es dann doch ein paar Jährchen gedauert bis KILL YOUR FRIENDS als abendfüllender Spielfilm auf das Publikum losgelassen wurde.

Steven Stelfox ist ein Arschloch wie es im Buche steht. Egozentrisch, zutiefst sexistisch und mit einer gehörigen Portion Selbstüberschätzung ausgestattet hat es der gutaussehende Jüngling bei einer hippen Plattenfirma während des Booms der Musikindustrie bis ganz nach oben geschafft. Oder genauer gesagt, bis fast ganz oben, denn noch gilt es einige Stufen auf der Karriereleiter zu nehmen. Dafür ist ihm jedes Mittel recht, was dazu führt, dass unliebsame Nebenbuhler mal eben mit roher Gewalt aus dem Weg geräumt werden. Als mehrere von ihm eingefädelte Deals nicht den erhofften Erfolg bringen, scheint es als ob seine Erfolgsstory ein jähes Ende nimmt. Steven gibt sich jedoch nicht so einfach geschlagen, auch als sein angestrebter Posten an einen Konkurrenten vergeben wird. Nun muss ein besonders hinterlistiger Plan her, für den er noch einmal alle Reserven krimineller und menschenverachtender Energie aufwenden muss.

KILL YOUR FRIENDS zeichnet wahrlich kein schönes Bild vom britischen Musikbiz der neunziger Jahre. Die Plattenindustrie wird als ein einziger Moloch selbstgefälliger Kapitalisten dargestellt, die einzig und allein auf das schnelle Geld aus sind und denen so etwas wie künstlerischer Wert komplett am Arsch vorbei gehen. Mittendrin unser Hauptcharakter, ein reichlich unsympathisch auftretender, Großkotz der im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht. Trotz seines unmoralischen Verhaltens, dass Regisseur Harris Owen gleich in den Anfangsminuten mit überdeutlichen Bildern (Steven uriniert auf seinen im Drogenkoma liegenden Kollegen) absteckt, geht von seiner Person ein unbestreitbarer Reiz aus.

Der, erstmal arg obligatorische Vergleich, mit dem Protagonisten von AMERICAN PSYCHO (der Verfilmung wohlgemerkt!) macht hier tatsächlich durchaus Sinn. Zwar ist Steven eine nicht ganz so abgründige Person, der Vergleich ist dennoch stimmig, weil auch er ein ausgesprochen attraktiver Twenty something ist, der in einem dem Lustprinzip verpflichteten und den Gesetzen des (globalen) Marktes folgendem Setting sehr, sehr böse Dinge tut. Unterschiede sind natürlich vorhanden, etwa das Steven seine Mitmenschen nicht aus purer Mordlust, sondern mit einem konkreten Ziel vor Augen unter die Erde bringt. Im Kern passt der Vergleich aber.

Nicholas Hoult (ABOUT A BOY, WARM BODIES) kann mit Fug und Recht als Optimalbesetzung bezeichnet werden. Seinem Schauspiel fehlt es mitunter ein wenig an Prägnanz, generell liefert der Brite allerdings eine tolle Performance ab. KILL YOUR FRIENDS gelingen darüber hinaus mehrere herrlich abseitige und schwarzhumorige Szenen. Die ätzend-bösartigen Dialoge machen ebenso Laune und treffen ins Schwarze. Niven, der ebenfalls das Drehbuch beigesteuert hat, schafft es hier jedenfalls sehr einprägsam seinen aus seinen Büchern bekannten, vor Sarkasmus triefenden, Tonfall angemessen spritzig auf die filmische Ebene zu übertragen. Positiv fällt zudem auf, dass der Film bei den, zum Teil durchaus elementaren, Nebenfiguren zwar mit Klischees arbeitet, diese später jedoch mit unerwarteten Charakterentwicklungen aufbricht. Ohne zu viel zu verraten, sei diesbezüglich auf die Rolle der Assistentin hingewiesen, die zum Ende noch eine nicht unbedingt zu erwartende Wandlung vollzieht. So oder so, das Skript nimmt seine Figuren, trotz bewusster Überzeichnung ernst und lässt ihnen (und ihren Egos) Raum zum Entfalten.

KILL YOUR FRIENDS hinterlässt somit einen durchweg positiven Gesamteindruck und ist nicht nur Fans des Buches zu empfehlen. Das es in Deutschland nicht für eine Kinoauswertung (abgesehen von Screenings im Rahmen von Festivals, z.B. als Eröffnungsfilm des Fantasy Film Fest 2015) gereicht hat, ist schade, hat seine Ursachen aber wohl darin, dass der Film trotz eindeutiger Verortung im Mainstream zu stark auf seinen Bad-Ass-Charakter setzt und in diesem Kontext wenig kompromissbereit den Mittelfinger gen Publikum erhebt.

BLU-RAY.
Die Blu-ray aus dem Hause Ascot Elite punktet mit knackigem Ton und einem gestochen scharfem Bild. Als Extras sind u.a. Interviews und ein Feature zur Premierenfeier beim Zürich Film Festival anwählbar.








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