FILM.
Bis in die neunziger Jahre hinein erfreuten sich Vampirfilme im modernen Hong Kong Kino großer Beliebtheit. Einige der Werke genießen heute vollkommen zu Recht Kultstatus und versprühen auch Jahrzehnte später noch einen ganz eigenwilligen unverbrauchten Charme. Zu nennen sind hier vor allem der erste Teil der MR. VAMPIRE-Reihe sowie der wunderbare Crossover aus Kung Ku- und Horrorstreifen ENCOUNTERS OF THE SPOOKY KIND.
RIGOR MORTIS - LEICHENSTARRE ist eine visuell atemberaubende Hommage an genau diese (und weitere) Genre-Vertreter und lässt Erinnerungen an die goldenen Jahre des Hong Kong Kinos wach werden. Regisseur Juno Mak schafft dabei erfreulicherweise das fast Unmögliche. Sein Film greift dutzende klassische Elemente der damaligen Vampirfilmwelle auf, kreuzt diese mit modernen Horrorfilm-Motiven und kreiert dadurch eine ganz eigene unheilvolle Grusel-Atmosphäre.
Der abgebrannte und hochgradig depressive Schauspieler Chin (Chin Siu-Ho) ist fest entschlossen sein Leben ein Ende zu setzen. Zu diesem Zweck mietet er sich ein Zimmer in einem heruntergekommenen Wohnblock, nichtsahnend dass an diesem Ort merkwürdige Dinge geschehen und das Böse dort bereits seit Jahren Einzug gehalten hat. Bevor Chin seinen Plan in die Tat umsetzten kann, wird er in allerletzter Sekunde von dem Vampirjäger Yau (Anthony Chan) gerettet. Schnell erkennt Chin dass es für ihn noch nicht an der Zeit ist abzutreten und eine letzte Aufgabe noch ungelöst vor ihm liegt. Gemeinsam mit Yau stellt sich der ehemalige Schauspieler den dunklen Mächten, die in dem Wohnblock ihr Unwesen treiben.
Juno Maks Film ist gleichzeitig laut und leise. Mal ergießen sich Sturzbäche von Blut über den Bildschirm, in anderen Szenen wird gerade durch den Verzicht von Gore und Splatter nervenaufreibende Spannung erzeugt und auch gehalten. Darüber hinaus wechseln sich Sequenzen von geradezu bedächtiger Ruhe, mit kinetischen Actionchoreographien ab. Mak beherrscht beides hervorragend und veredelt die jeweiligen Szenenblöcke mit einer erstklassigen Regie und dem richtigen Gespür für Timing und suggestive Bildsprache.
RIGOR MORTIS - LEICHENSTARRE integriert neben dem Vampirmythos weitere übernatürliche Elemente in den Handlungsverlauf. Die sporadisch auftauchenden Geisterwesen sind hierbei klar dem japanischen Horrorkino entliehen und wohl auf den Einfluss des Produzenten Takashi Shimizu zurückzuführen. Die regelmäßigen Verweise auf Taoismus, Aberglaube und schwarze Magie entstammen dagegen maßgeblich der chinesischen Folklore und dienen als Bezugspunkte zu den Vorbildern aus den achtziger und frühen neunziger Jahren.
Mak orientiert sich allerdings nicht ausschließlich am asiatischen Horrorkino. Die Einflüsse amerikanischer und europäischer Genre-Klassiker sind unverkennbar präsent und gehen mit Maks weitreichender Ideenwelt eine gewinnbringende Symbiose ein. RIGOR MORTIS - LEICHENSTARRE ist zudem ein sehr sinnlicher Film der in seinen Traum- und Albtraumsequenzen das Sichtbare und das Imaginäre kongenial optisch und akustisch abbildet. Bedingt durch die ausgefeilte Inszenierung offeriert Mak seinem Publikum jedoch stets mehrdeutige Wahrnehmungsebenen und Raum für verschiedenartige Interpretationen.
Im atemberaubenden Showdown werden schließlich sämtliche Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits gesprengt. Die Protagonisten finden sich in einer gänzlich irrealen Zwischenwelt wider. RIGOR MORTIS - LEICHENSTARRE vermittelt diesen Höhepunkt durch einen surrealistischen Bilder-Rausch, der noch einmal die enorme stilistische Bandbreite des Films erfahrbar macht und ebenso bizarr wie faszinierend ausfällt.
Juno Maks auf zahlreichen Festivals ausgezeichneter Horrorfilm ist somit ein uneingeschränkt empfehlenswertes Stück Genre-Kino, dass auf innovative Weise verschiedenartige Grusel-Szenarien durchspielt und daraus ein stimmungsvolles, schaurig-schönes Gesamtbild formt.
DVD.
Die deutsche DVD ist ungekürzt im Verleih und Verkauf erschienen, kommt im Wendecover und überzeugt mit einer sehr vorbildlichen Bild- und Tonqualität. Als Extras darf man ein Making-of, den Originaltrailer und die obligatorische Programmvorschau bestaunen.
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