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FILM.
Wie gerne hätte ich die Gesichter der Nickelodeon-Chefs gesehen, als ihnen Anfang der 90er der Kanadier John Kricfalusi die ersten Folgen seiner Trickfilmserie DIE REN & STIMPY SHOW zeigte - kaum vorstellbar, dass man im Vorfeld so wirklich wusste, worauf man sich da einließ, anders ist es nur schwer erklärbar, wie der auch in Interviews immer leicht entrückt wirkende Kricfalusi seine Irrsinnsshow bei einem Sender unterbringen konnte, der sich ausschließlich an Kinder richtet. Sicher, heutzutage sind geschmacklos-grelle Cartoons dank Türöffnern wie BEAVIS AND BUTT-HEAD oder SOUTH PARK nichts mehr Ungewöhnliches (werden allerdings auch entsprechend platziert), aber damals betrat man durchaus Neuland. Dass die Sender-Verantwortlichen wohl eher überrumpelt wurden, lässt sich auch aus dem weiteren Verlauf der Serie herauslesen: Eine Folge wurde komplett zurückgehalten, zwei weitere Geschichten wurden zwar erst gezeigt, dann aber aus dem Programm genommen und natürlich gab es diverse, zum Teil erhebliche, Zensureingriffe. Folgerichtig war die Zusammenarbeit zwischen Kricfalusi und Nickelodeon nach 19 von insgesamt 52 Folgen dann auch beendet. Offiziell weil Produktionszeitpläne nicht eingehalten wurde, inoffiziell weil DIE REN & STIMPY SHOW einfach mehr als too much war. Da man dank der kontroversen Ader mittlerweile allerdings gute Quoten einfuhr, wurde die Sendung fortgesetzt, jedoch mit deutlich angezogener Handbremse. DIE REN & STIMPY SHOW war immer noch verrückt, aber nicht mehr komplett irre und schon gar nicht mehr so geschmacklos.
Worum geht's eigentlich? Man stelle sich vor Alejandro Jodorowsky, David Lynch, Monty Python und Chuck Lorre beschließen nach einer drogengeschwängerten Saufparty eine Art TOM & JERRY-Update zu produzieren, anstatt mit Katze und Maus allerdings mit Hund und Katze, die sich auch nicht jagen, sondern ganz klassisch streiten. Der eine ist ein völlig neurotischer, asthmatischer Chihuahua, der andere ein fetter, ziemlich doofer Kater und beide spielen in jeder Episode verschiedene Rollen in den unterschiedlichsten Umgebungen: Von Science-Fiction- bis zu Western-Szenarien ist alles dabei. Vorstellen kann man sich das als oftmals fast hysterischen, im liebevollen und hervorragend gezeichneten 40er-Jahre-Bob Clampett-Stil gehaltenen, oft mit Großaufnahmen von unappetitlichen Details gewürzten, Cartoon-Alptraum, der inhaltlich vor allem auf brachialsten Off-color-Humor setzt. DIE REN & STIMPY SHOW ist laut, schnell, grell, oft brutal und gerne vulgär. Etwas Hintersinn findet sich dann und wann allerdings auch. Beispielsweise werden die zwei Geschichten innerhalb einer Episode gerne mit psychotischen Werbespots verbunden, die auf verschiedenste Weise eine Art Allzweck-Holzklotz anpreisen. In einer grotesk-fiesen, allerdings auch wahnsinnig komischen Episode beschäftigt man sich mit den Gefahren mangelnder Zahnhygiene und typische Alltagsbeziehungsprobleme ("Ich will meine Ruhe!" - "Ich will reden!") werden ebenso gerne aufs Korn genommen. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass sich DIE REN & STIMPY - vor allem in den ersten beiden Staffeln - in erster Linie an Freunde der derberen Gangart richtet, die aber werden's heiß und innig lieben.
DVD.
Die Gaga-Serie hat von Turbine eine ausgesprochen liebevolle und wertige Verpackung bekommen. Der komplette Inhalt befindet sich in einer stabilen Box aus Hartpappe zum Ausklappen, die wiederum von einem drolligen Ren & Stimpy-3D-Cover-Magneten aufgewertet wird. Die neun DVDs befinden sich in einem speziellen Plastikbehälter, aus dem die einzelnen Scheiben zwar etwas frickelig rauszufischen sind, der aber anderseits auch wirklich sicheren Halt bietet, was absolut von Vorteil ist, es gibt nichts ärgerliches als herumfliegende DVDs. Weiterhin finden sich ein Wendeposter, zwei Aufkleber, zwei Postkarten und ein Booklet mit Serienguide.
Die Bildqualität ist alles in allem zufriedenstellend. Es finden sich leichte Kontrastschwankungen und Drop-Outs, aber hey, wir haben's hier mit einer rund 20 Jahre alten TV-Sendung zu tun, da gab's schon weitaus schlechter wiederaufbereitete Beispiele. Folgerichtig gibt es auch "nur" DD 2.0-Ton (Deutsch/Englisch), der aber ist durch die Bank weg klar verständlich und somit ok.
Weitaus wichtiger als die Technik dürfte hier wohl die Zensur-Frage sein: Die bisher nie ausgestrahlte Folge "A Man's Best Friend" ist enthalten und sämtliche Kürzungen wurden rückgängig gemacht - bis auf zwei winzige Ausnahmen: Die Folgen "Das Geisterhaus" und "Baby-Masche" sind - ganz leicht - gekürzt, Turbine hat vorbildlicherweise sofort reagiert und bietet schnellen und unkomplizierten Austausch an. Also auch hier alles Bingo-Bongo.
Die Extras finden sich alle auf der ersten Disc: In der Featurette "Am Anfang" erzählen Serienschöpfer John Kricfalusi, den man sich übrigens nach Ansicht einiger Episoden genau SO vorgestellt hat, und Zeichner und Sprecher John Smith auf launige Art von ihrer Arbeit an der Serie. Der "Sven-Höek-Bleistifttest" ist die gleichnamige Episode in ihrer uncolorierten Rohform und die "Storyboard- & Spümcö-Galerie" wartet mit diversen Skizzen und Storyboards auf. Der eigentliche Knaller ist, dass es zu satten 32 der 52 Episoden Audiokommentare gibt, die mit wechselnder Besetzung bestritten werden und größtenteils wirklich unterhaltsam, amüsant und sehr lustig sind.
Soweit alles im Grünen also, einen Wehrmutstropfen gibt es dann doch: Leider fehlen deutsche Untertitel komplett, für den absolut lohnenswerten Originalton (John Kricfalusi spricht Ren als Peter Lorre-Verschnitt!) und die Audiokommentare sind also gehobene Englischkenntnisse notwendig.
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