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KAPITELWAHL

CHARADE (USA 1963)

von David Leuenberger

Original Titel. CHARADE
Laufzeit in Minuten. 109

Regie. STANLEY DONEN
Drehbuch. PETER STONE
Musik. HENRY MANCINI
Kamera. CHARLES LANG
Schnitt. JAMES CLARK
Darsteller. CARY GRANT . AUDREY HEPBURN . WALTER MATTHAU . JAMES COBURN u.a.

Review Datum. 2013-09-03
Erscheinungsdatum. 2012-06-19
Vertrieb. CONCORDE

Bildformat. 1.85:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 2.0) . ENGLISCH (DD 2.0)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Bis heute ist es bei einer Besprechung von Stanley Donens CHARADE schwierig, ohne die Erwähnung des geflügelten Wortes vom "besten Hitchcock-Film, den der Meister jemals nicht gedreht hat" auszukommen. Dieses enthält aber auch viele Wahrheiten. Am ehesten erinnert CHARADE nämlich an NORTH BY NORTHWEST. In beiden spielt der charismatische Cary Grant die Hauptrolle. In beiden gerät ein unbedarfter Zivilist in die Knochenmühle eines verwirrenden und lebensgefährlichen Komplotts voller doppelter und dreifacher Böden. Dazu kommt noch der "love interest" der Hauptfigur mit ambivalenter Identität (man könnte es auch als "frivolen" Subplot bezeichnen) und natürlich die gesamte Spannungs-Atmosphäre, die freilich durch den ansonsten eher leichtfüßigen Ton ausgeglichen wird.

Auch ein Blick auf die Unterschiede lohnt sich. Stanley Donen ist in seiner Sichtweise auf zwischenmenschliche Beziehungen sehr viel optimistischer als Hitchcock es jemals war und seine Perspektive auf Geschlechterkämpfe ist, wenngleich nicht rundum modern, so doch erheblich progressiver und vor allem ungezwungener. Für die krachende Dynamik zwischen Audrey Hepburn und Cary Grant mit ihren gewitzten Wortgefechten hatte Donen als Regisseur romantischer Komödien erheblich bessere Karten als der Mann, der Geschlechterbeziehungen meist in Formen fetischisierter sexueller Obsessionen konstruierte. Das geflügelte Wort des besten nicht von Hitchcock gedrehten Hitchcock-Films stimmt also auch insofern, als dass der "Master of Suspense" CHARADE wohl nicht hätte drehen können - zumindest nicht mit diesem makellosen Resultat.

Regina Lampert (Audrey Hepburn) möchte sich von ihrem lieblosen Ehemann Charles scheiden lassen. Seine Ermordung beschleunigt den Trennungsprozess zwar, stürzt aber seine Witwe in eine ganze Reihe von Schwierigkeiten. Anscheinend war er kurz vor seinem gewaltsamen Ableben mit einer ganzen Menge Geld unterwegs, das er nicht nur der amerikanischen Regierung gestohlen hat, sondern auch seinen Räuberkomplizen. Regine Lampert wird von allen Seiten dazu gedrängt, das mysteriös verschwundene Geld aufzutreiben: von einem CIA-Agenten (Walter Matthau), von den ganz und gar nicht zum Spaß aufgelegten Komplizen Charles‘ (George Kennedy, James Coburn, Ned Glass) und von einer zwielichtigen Gestalt mit unbekannter Identität und großem Charme (Cary Grant).

Inwiefern das Drehbuch voraussehbar ist, ist bei der sechsten oder siebenten oder achten Sichtung nur noch sehr schwer erkennbar. Sicher ist jedoch, dass der Film ein riesiger Spaß ist, auch wenn man die ganzen Wendungen schon kennt. Ja, der Zuschauer kann sogar jedes Mal aufs Neue mit der ahnungslosen Hauptfigur Reggie mitfiebern, was einem bei Audrey Hepburn auch nicht wirklich schwerfallen kann. Hier liegt einer der vielen Trümpfe von CHARADE: jede auch noch kleinste Rolle ist exzellent besetzt und hat auch den nötigen Raum, sich zu entfalten.

Dazu jagt auch noch eine Kultszene die nächste, angefangen mit den farbenfrohen Opening Credits. Die Beerdigung Charles‘ führt etwa dessen exzentrische ehemalige Komplizen ein: der Buchhaltertyp mit Niesanfällen, der geschmeidige Elegante mit latentem Drohpotential, der brachiale Brutalo. Ein urkomischer Orangentanz in einem Varieté-Theater mündet in einen pyromanischen Bedrohungsakt, was die Fähigkeit Donens, Komödien- und Thriller-Atmosphäre zu balancieren, sehr schön demonstriert. Dass Cary Grant im Anzug duscht und später von Audrey Hepburn während einer Bootsfahrt auf der Seine vor einer ganz offensichtlichen Rückprojektion angeflirtet wird, könnte lächerlich sein - doch dieses Potential dazu wird vom Charme der Hauptdarsteller und der gewitzten Dialoge im Keim erstickt. Und nicht zuletzt endet der Film mit einer furiosen Verfolgungsjagd durch Pariser Metro, Kolonnaden des Palais Royal und Theater der Comédie-Française. Alle diese Szenen funktionieren auch dank der nüchternen, effizienten und schnörkellosen Inszenierung, die zwar weder barockes Experimentieren, aber auch keinerlei Schwächen erkennen lässt. Über diesen Bildern schwebt Henry Mancinis großartige Musik.

Möglicherweise ist CHARADE ein Meisterwerk und zwar umso mehr, als dass der Film dem Zuschauer keinerlei Atempause gönnt, um dies richtig zur Kenntnis zu nehmen. Wie im Fluge vergehen die knapp zwei Stunden mit Lachen, Mitfiebern und Nägelkauen. Das können nicht viele Filme so selbstverständlich von sich behaupten.

DVD.
Die Bildqualität weist an manchen Stellen eine gewisse Körnigkeit auf, wie man sie nunmal von cineastischen Werken kennt, die auf 35-Millimeter gedreht worden sind: der Film ist eben fast 50 Jahre alt und braucht sich für sein Alter auch nicht zu schämen. Die DVD enthält überhaupt nichts von dem, was man gewöhnlich gerne als "Bonus" bezeichnet. Das ist zwar etwas schade, aber andererseits ist CHARADE kein Film, der durch eine extravagante Auswahl an Boni aufgewertet werden muss.








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