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KAPITELWAHL

DIE REISE ZUM MOND (Frankreich 1902/2011)

von Benjamin Hahn

Original Titel. LE VOYAGE DANS LA LUNE
Laufzeit in Minuten. 14

Regie. GEORGES MÉLIÈS
Drehbuch. GEORGES MÉLIÈS
Musik. AIR
Kamera. MICHAUT . LUCIEN TAINGUY
Schnitt. GEORGES MÉLIÈS
Darsteller. GEORGES MÉLIÈS . VICTOR ANDRÉ . BLEUETTE BERNON . HENRI DELANNOY u.a.

Review Datum. 2012-09-28
Erscheinungsdatum. 2012-08-12
Vertrieb. STUDIO CANAL

Bildformat. 1.33:1
Tonformat. FRANZÖSISCH (DD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Es sollte niemanden erstaunen, dass sich das Medium Film von seinen ersten Gehversuchen bis heute auf erzählerischer Ebene radikal verändert hat. Als Louis Feuillade im Jahr 1913 das erste Mal den Superschurken FANTÔMAS auf die Leinwand brachte, da musste er einen Aufzug noch bei der Durchfahrt durch jedes Stockwerk zeigen, um den Zuschauern seiner Zeit die Fahrt in den fünften Stock zu verdeutlichen. Heute reichen das Hineingehen in einen Fahrstuhl, das Drücken des Etagenknopfes und der Schnitt auf sich öffnende Türen. Insofern muss man also gerade mit diesen frühen Filmen immer sehr gnädig sein, wenn es narrativ irgendwo mal nicht ganz so rund läuft. Das gilt selbstverständlich auch für Georges Méliès DIE REISE ZUM MOND aus dem Jahr 1902.

Während der gerade einmal 14 Minuten lange Film, der als der größte finanzielle Erfolg des Kino-Pioniers Méliès gilt, in seinem ersten Drittel von einer gewissen Behäbigkeit gekennzeichnet ist, erzählt er den Inhalt seiner anschließenden zwei Drittel viel zu hastig und überstürzt. Doch kann man ihm daraus einen Vorwurf machen? Nein, sicherlich nicht. Zum einen steht DIE REISE ZUM MOND ganz am Anfang der Entwicklung einer filmischen Dramaturgie, zum anderen treten die erzählerischen Makel angesichts der aufwendigen Kulissen und des schier grenzenlosen Einfallsreichtums Méliès deutlich in den Hintergrund: Alleine was hier an technischen und gestalterischen Kniffen aufgefahren wird, um den surrealistischen Traum einer Reise zum Mond Wirklichkeit werden zu lassen, lässt einem die Kinnlade herunterklappen.

Dieser Eindruck steigert sich, schaut man sich die per Hand kolorierte Fassung des Films an: Lange Zeit galt diese verschollen und es existierten nur Schwarz-Weiß-Kopien. Als 1993 eine Farbkopie wiederentdeckt wurde, schien diese zunächst nicht mehr zu retten zu sein. Erst der Einzug der Digitaltechnologie in die Filmrestauration ermöglichte eine umfassende Wiederherstellung, die immerhin gute 11 Jahre in Anspruch nahm. Der Aufwand hat sich jedoch gelohnt: Zwar ist das Material über all die Jahre sichtlich in Mitleidenschaft gezogen worden, aber die Farbversion verfügt noch einmal über ihren ganz eigenen Reiz und unterstreicht durch Hervorhebung einzelner Effekte die Kreativität ihres Regisseurs. Das beweist auch der direkte Vergleich mit der Schwarz-Weiß-Fassung, die STUDIO CANAL sozusagen als Bonusmaterial der vorliegenden DVD beigefügt hat.

Dass man sich bei der musikalischen Untermalung rekonstruierter Stummfilme immer wieder nicht für klassische Musik oder historische Stummfilmmusik entscheidet, sondern stattdessen Gegenwartsmusiker einen völlig neuen Score entwickeln lässt, ist mitunter eine nicht ganz unproblematische Entscheidung. Zu oft schon haben Bands wie ART ZOYD mit ihrem Avantgarde-Electro den Filmgenuss deutlich geschmälert und teilweise dafür gesorgt, dass man Stummfilme wirklich komplett tonlos guckt. Auch DIE REISE ZUM MOND hat eine moderne Musik, doch hier ist sie gelungen: Der französischen Band AIR ist es nämlich gelungen eine Musik zu schreiben, die zwar kein bisschen so klingt, wie die musikalische Begleitung zu Zeiten Méliès geklungen haben dürfte, aber sowohl durch treibende Kompositionen ein bisschen die dramaturgischen Fehler des Films auszubügeln imstande ist, wie sie auch genau das Gefühl des Films einfängt und sich zuweilen ähnlich scherzhaft und Ironie-freudig gibt wie der Film selbst.

DVD.
Es klang oben bereits an: Angesichts des Alters und Tatsache, dass die kolorierte Fassung aus einer, fast bis zur Unkenntlichkeit demolierten Kopie rekonstruiert wurde, darf man in Sachen Bildqualität keinen High-Tech-Standard erwarten. Trotz zahlreicher Mängel ist die Qualität bei Schwarz-Weiß- und Farbkopie überraschend gut. Ohnehin gilt: Lieber mit Fehlern im Filmbild leben als eine kaputtrestaurierte Fassung sehen zu müssen. Neben den beiden Fassungen des Films enthält die DVD auch noch die sehenswerte Dokumentation DIE AUSSERGEWÖHNLICHE REISE (80 Minuten). Diese klärt nicht nur über die Hintergründe des Films selbst auf, sondern zeigt auch Ausschnitte aus anderen Filmen Méliès und versucht dem Zuschauer mittels historischer Filmaufnahmen auch ein Bild vom kulturellen Leben im Paris um 1900 zu vermitteln.








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