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FILM.
Es gab mal eine Zeit, da waren Vampire noch keine glitzernden Schluffis mit Kitsch-Komplex, sondern brutale Draufgänger. Sie waren Machos und verführerische Frauen, aber auf jeden Fall Terroristen im Blutrausch - und trotzdem waren sie einem sympathisch. Aus dieser Zeit, in der die Gesetzlosen noch Protagonisten im amerikanischen Kino sein durften, stammt Kathryn Bigelows Vampir-Thriller NEAR DARK, in dem die spätere Oscar-Gewinnerin die Geschichte eines jungen Mannes namens Caleb erzählt, der eines Abends in seinem Südstaatenkaff auf die mysteriöse Mae trifft. Was folgt ist eine dramatische Neuverortung, bei der Caleb aus seinem alten Leben ent- und in eine neue Existenz als Vampir eingeführt wird. Heute würde man das vermutlich als schnulzigen Selbstfindungsprozess oder herzerwärmendes Außenseiterdrama erzählen, doch Ende der 1980er blies das Autoren-Duo Eric Red und Bigelow zum Bruch mit der europäischen (und in den USA kultivierten) Tradition des Vampirs als entrückten Aristokraten und schuf mit der Mischung aus Vampirthematik und Western ein ganz neues Genre ohne dass es vermutlich Filme wie FROM DUSK TILL DAWN (der sich mit der Umkehrung der Bar-Szene sogar direkt auf NEAR DARK bezieht) oder JOHN CARPENTER'S VAMPIRES nie gegeben hätte.
Doch nicht nur eine in gewisser Weise filmhistorische Leistung macht NEAR DARK so - nun ja - wertvoll: Filme aus den 80ern haben meist das Problem, dass sie überdeutlich von ihrer Zeit geprägt sind und Jahrzehnte später nur noch dank Nostalgie oder aufgrund ihrer Skurrilität funktionieren. Zwar kann man diesem Film nicht absprechen, dass er inhaltlich dank moderner Technik heute nicht mehr exakt so funktionieren würde und auch die Kostüme und Frisuren schreien ganz deutlich die Entstehungszeit in die Nacht hinaus, aber tatsächlich ist NEAR DARK einer der wenigen Filme der 80er, die erstaunlich gut gealtert sind. Neben der sehr dichten Dramaturgie, die von Ereignis zu Ereignis jagt ohne dabei gehetzt zu wirken, liegt das auch an der Stilistik des Films, die gekonnt die Elemente des sonnenhungrigen Westerns in die Nacht verlegt und dem Duell in der Mittagssonne nonchalant eine zweite Ebene verpasst. Und drittens wäre da noch die zeitlose Musik von Tangerine Dream, gerade in der Zusammensetzung mit Paul Haslinger, die, obwohl sie gelegentlich eher ins Sphärische tendiert, immer genügend Druck macht um den Film auf akustischer Ebene bestens zu unterstützen.
NEAR DARK ist kein fröhlicher und schon gar kein romantischer Film - und trotzdem macht er verdammt viel Spaß. Die Mischung aus road movie, Vampirhorror und Western ist eine Ärsche tretende Verbeugung vor den einzig wahren politisch inkorrekten Helden Amerikas, nämlich den Gesetzlosen. Und dennoch macht sie nicht deshalb Spaß, weil Bigelow damit subtile Propaganda für den Terrorismus geschaffen hat, sondern weil der Film so gut gespielt und exzellent inszeniert ist, dass man nicht einen Gedanken an sein Alter verschwendet, sondern sich von der ersten Minute an mit auf die brutale Reise durch die Nacht nehmen lässt. Ein wahrer Klassiker!
DVD.
Bild und Originalton sind super, der Synchro merkt man indes ihr Alter an. Die Extras (Making-of, Audiokommentar, deleted scenes) können sich sehen lassen.
Die Neuauflage von Studio Canal, die man an ihrem furchtbaren TWILIGHT-artigen Cover erkennt, ist ungeschnitten! Nach einer Neuprüfung im Februar 2012 wurde die FSK von 18 auf 16 herabgesetzt.
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