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FILM.
Vermutlich muss man eine Weile suchen, um auf jemanden zu treffen, der Dinosaurier tatsächlich "doof" findet. Die Affinität kristallisiert sich meist in der Kindheit heraus und wird durch Nostalgie bis ins Erwachsenenalter hineingetragen. Dementsprechend lukrativ wäre wohl allein von seiner Grundidee ein Film über Dinosaurier gewesen - solange er gut gemacht ist. Und wen, wenn nicht Steven Spielberg, Hollywoods Mainstream-Mustermann, hätte man für diese Aufgabe anheuern sollen? "Ich wollte einen Film für all die Dinosaurier-Liebhaber machen", sagt der Blockbuster-King dementsprechend dann in den Extras zur Blu-Ray auch. Mit JURASSIC PARK war ihm dies jedenfalls geglückt. Die Folge war der erfolgreichste Film 1993 und zwei filmische Nachgeburten, die sowohl von der kritischen als auch finanziellen Rezeption nicht mit derselben Liebe bedacht wurden, wie das Erstgeborene.
Über JURASSIC PARK viele Worte zu verlieren, erscheint müßig. Für Roger Ebert und Gene Siskel scheiterte die Michael-Crichton-Adaption daran, lediglich ein Monster-Film zu sein - eine Genrezuschreibung, der sich Spielberg in den Extras mehrfach verwehrt. Umgekehrt wäre die Frage, was für eine Geschichte Spielberg sonst über einen abgeschotteten Freizeitpark mit 65 Millionen Jahre alten Raubtieren hätte erzählen sollen? Vermutlich eine Disney-Familienstory. Grundsätzlich ist den Filmkritikern jedoch zuzustimmen, dass etwas mehr JAWS-Qualität dem Film gut getan hätte. Beispielsweise zumindest auf den Brachiosaurier zu Beginn zu verzichten, sodass der T-Rex noch imposanter wirken konnte. Letzterer ist dann in der Tat das Herzstück des Films, so beeindruckend wie sein Auf- und Abtritt ausfallen, sowie die Passagen dazwischen. Das Zusammenspiel von Animatronics und CGI funktioniert hier exquisit.
Erzählt JURASSIC PARK für Spielberg die Geschichte von Alan Grant (Sam Neill), einem grantigen (no pun intended) Paläontologen, der keine Kinder will und sich im Verlaufe des Films zum temporären Ersatzvater wandelt, herrscht subtil doch das Natur-Thema vor. "Das Leben findet einen Weg", säuselt Jeff Goldblums Pop-Mathematiker im Labor vor sich hin und beschreibt die Prämisse des Blockbusters treffend damit, dass zwei vorherrschende Spezies aus unterschiedlichen Epochen nicht ein und demselben Raum beanspruchen können. Etwas Kritik an Gen-Programmen und ob der Mensch Gott spielen darf, sowie die Tatsache, dass Dinosaurier und Menschen keine guten Nachbarn machen, sind natürlich reichlich oberflächlich. Aber ein dennoch stabiles Handlungsgerüst, das durch Spielbergs Standardelemente wie nervige kleine Kinder und infantilen Humor (Dinohaufen, hihi) vollends ergänzt wird.
Die Effekte sind dabei angesichts ihrer bald 20 Jahre erstaunlich gut gealtert. Die Atmosphäre stimmt, der Schnitt sowieso, verbindet er doch geschickt die unterschiedlichen Handlungsstränge zu einem dichten und harmonischen Ganzen. Selbst einige unsinnige Momente wie der Gehegeaufbaue der Dinos (zur Spannungsintensivität wechselt das T-Rex-Gehege von eben zu abgründig, der Raptoren-Käfig wiederum ist so konzipiert, dass es Besuchern unmöglich wäre, die Tiere zu sehen) und grundsätzlich eine bescheuerte Peripherie des Parks (wer baut ein Raptoren-Gehege direkt neben das Besucherzentrum?!) fallen unter den Tisch, da der Film derart unterhaltsam ausfällt. Der verdiente Lohn: Ein Einspiel von fast einer Milliarde Dollar - und das ganz ohne 3D-Aufschlag wohlgemerkt. JURASSIC PARK ist zwar nicht perfekt, aber eines von Spielbergs Beispielen für einen funktionierenden Blockbuster.
Vier Jahre später folgte 1997 THE LOST WORLD, der zwar ebenfalls auf einem Roman von Michael Crichton basiert, aber abgesehen von einigen Figuren und der grundsätzlichen Location sehr wenig aus Crichtons Buch übernimmt. "Nicht so gut wie der Erste" sei Teil 2, wie selbst Spielberg in den Extras bereitwillig eingesteht. Wie es sich für Hollywood gehört, basierte die Dino-Rückkehr auf dem Motto: Bigger, Faster, Stronger. Gab es im ersten Teil ein paar Dinosaurier zu sehen, sind es nun ganze Herden! Hatte der erste Teil einen T-Rex, sind es nun derer zwei! Dabei wird natürlich vernachlässigt, dass Quantität nicht Qualität macht. Beim zweiten Mal war jedenfalls irgendwie die Luft raus, die Magie nicht vollends vorhanden und das Ganze weitaus offensichtlicher als Monsterfilm konzipiert worden.
So schickt sich THE LOST WORLD quasi als Abenteuer- beziehungsweise Dschungelfilm an. Auf der Zuchtinsel werden die Dinos nun gejagt, weil Hammonds Neffe die Viecher aufs Festland holen will. Der reiche Greis schickt derweil ausgerechnet den Chaos-Mathematiker Ian Malcolm (Jeff Goldblum) zur Insel, um... ja, was eigentlich? Die Tiere zu dokumentieren, so die Idee. Durch Vince Vaughns Öku-Terrorist (ein netter Verweis auf die Earth Liberation Front) wird daraus jedoch Sabotage und als man es sich mit den beiden Tyrannosauren verscherzt: Karambolage. Menschen sterben, Lektionen werden nicht gelernt. Im etwas deplatziert wirkenden und überlangen Finalakt darf der T-Rex dann als Mini-Godzilla in der Mini-Großstadt San Diego ein bisschen wüten. Ein Hauptproblem neben den uninteressanten Figuren im zweiten Teil ist die spannungsarme Handlung, die selten wirklich mitreißt.
Bereits die Exposition ist zu zäh, die Stegosaurus-Szene ebenso belanglos wie die Jagdszene. Der T-Rex-Angriff ist dagegen zu lang geraten und unverständlich organisiert (warum schieben sie den ollen Trailer nicht ganz über die Klippe?), die zweite Angriffsequenz im Dschungel dafür gelungener. Besonders traurig ist der Raptorenangriff Ende des zweiten Akts, der ebenfalls wenig strukturiert scheint und im Vergleich zur Küchenszene des Vorgängers auch kaum Klasse besitzt. Der Festland-T-Rex macht zwar Laune, dennoch wird man die Frage nicht los, wie eigentlich die Crew auf dem Frachter gestorben ist. Grundsätzlich fehlt es dem zweiten Teil also an vielem, was den Vorgänger ausgemacht hat, allen voran einem überzeugenden Hauptdarsteller. Zwar gefällt Malcolms Charakterwandel, ein leading man ist die Figur jedoch nicht. Was bleibt, ist ein solider Film, den die Zeit irgendwann vergessen wird.
Letzteres lässt sich bereits über Joe Johnstons JURASSIC PARK III, den bisherigen Sargnagel des Franchise, sagen. Popelige 85 Minuten Spielzeit und noch profillosere Figuren wie in den Vorgängern spielten dann auch nur noch ein Drittel vom Originalteil ein. Ursprünglich wollte Johnston, am ehesten wohl durch den Familienfilm JUMANJI bekannt, bereits beim zweiten Teil Regie führen. Letztlich darf man dankbar sein, dass das noch Spielberg übernommen hat. Dilettantischer als den Abschluss der Trilogie kann ein Film wohl kaum umgesetzt werden. So simpel und schnell wie möglich wird eine Prämisse vor die Füße der Zuschauer gerotzt: Kleiner Junge geht über Isla Sorna mit Gleitschirm verloren, während Alan Grant feststellt, dass Raptoren miteinander kommunizieren konnten. Vorhang auf.
Mit losen Worten lockt ein geschiedenes Ehepaar (William H. Macy, Téa Leoni) den Paläontologen auf die Insel, wo alles mal wieder eine Nummer größer sein muss. In der Folge werden dann viele Entwicklungen der Vorgänger negiert. Denn warum macht man im ersten Teil mit einem T-Rex als Hauptattraktion auf, warum will Roland Tembo diesen im zweiten Teil jagen, wenn InGen einen beschissenen Spinosaurier in der Hinterhand hat? Das ist so, als würde der FC Barcelona zwei Jahre lang mit Xavi durch Europa rocken und im dritten Jahr Messi plötzlich aus der Hinterhand zaubern. Hinzu kommt, dass obschon am Ende von THE LOST WORLD frei lebende Pterosaurier gezeigt werden, diese in JURASSIC PARK III plötzlich wieder in ihrem Gehege eingesperrt scheinen. Warum eine Chronologie aufbauen, wenn diese von irgendeinem Hollywood-Stümper aus der zweiten Reihe dann negiert wird?
Dafür orientiert sich Johnston in anderer Hinsicht an Spielberg und präsentiert mal wieder ein unwahrscheinlich nerviges Kind (mein Vorschlag für einen 4. Teil: Exposition mit nervigen Kindern, die dann von den Dinos gefressen werden). JURASSIC PARK III hat immerhin den Vorteil, dass das Elend relativ schnell vorbei ist. Passend hierzu werden die Szenen mit den Raptoren - die dafür, dass sie angeblich schlauer sein sollen als Primaten, doch ganz schön bescheuert agieren - erneut verschenkt, um in ein pompöses Finale zu münden, das gemäß dem restlichen Film wenig Sinn macht. Als Grant und Co. den rettenden Strand erreichen, marschiert die Armee auf! Juchee… nur braucht sie zu diesem Zeitpunkt keine Sau mehr. Erschreckender als dieses filmische Desaster ist eigentlich vielmehr, dass Spielberg selbst sogar am Set war (die Extras zeigen Beweismaterial) und den Müll somit mitverantwortet hat.
Mund abwischen, weitermachen - so denkt man sich das wohl bei Universal. Seit Jahren geistert bereits das Versprechen eines vierten Teils umher. Zeitweise sollte er sich um Dinosaurier-Mensch-Hybrid-Soldaten drehen - was eine konsequente Entwicklung innerhalb der Filmreihe darstellen würde. Mit jedem Film weiter gen Tiefpunkt, so lautet wohl das Motto bei Universal und Spielberg. Immerhin ist es schön zu wissen, dass unabhängig davon, wie viele schlechte JURASSIC PARK-Filme die beteiligten Personen in Zukunft noch abliefern werden - der 4. Teil soll der Auftakt einer neuen Trilogie sein -, dem Zuschauer stets dieser eine tatsächlich gelungene Originalfilm bleiben wird. An der Nostalgie kann nicht einmal Spielberg rütteln.
BLU-RAY.
"Ich habe keine Kosten und Mühen gescheut", babbelt Richard Attenborough mehrmals in JURASSIC PARK. Das lässt sich von Universals HD-Transfer nicht sagen. Das Bild fällt in seiner Gänze sehr enttäuschend aus. So sind beim ersten Teil besonders die Innenaufnahmen unwahrscheinlich körnig geraten, auch sonst bietet die Blu-Ray oft nur eine minimale Verbesserung zur Schärfe der DVD. THE LOST WORLD wiederum kommt selten über ein DVD-Level hinaus und auch beim 3. Teil ist das Bild sehr weit von Referenzwerten entfernt. Der Ton ist dafür - zumindest in der Originalfassung - gelungener ausgefallen, technisch hätte man jedoch eine überzeugendere Umsetzung erwartet.
Dafür gerät das Bonusmaterial relativ umfangreich. Neben den Special Features der DVD - hier "Archivmaterial" genannt - bieten die Filme zu jedem Film Featurettes, in welchen Cast & Crew auf den Entstehungsprozess der Trilogie zurückblicken. Zwar doppeln sich hier viele Informationen zu alten Making Ofs etc., aber besonders der Themenbereich Animatronics vs. Stop-Motion vs. CGI fällt faszinierend aus. Einen Audiokommentar gibt es passenderweise lediglich zum misslungenen dritten Teil, allerdings bloß von den Effekt-Nerds.
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