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KAPITELWAHL

WARRIOR (USA 2011)

von Florian Lieb

Original Titel. WARRIOR
Laufzeit in Minuten. 140

Regie. GAVIN O'CONNOR
Drehbuch. GAVIN O'CONNOR . CLIFF DORFMAN . ANTHONY TAMBAKIS
Musik. MARK ISHAM
Kamera. MASANOBU TAKAYANAGI
Schnitt. JOHN GILROY . SEAN ALBERTSON . MATT CHESSE . AARON MARSHALL
Darsteller. JOEL EDGERTON . TOM HARDY . NICK NOLTE . JENNIFER MORRISON u.a.

Review Datum. 2012-02-27
Erscheinungsdatum. 2012-02-24
Vertrieb. UNIVERSUM FILM

Bildformat. 2.35:1 (1080p)
Tonformat. DEUTSCH (DTS-HD 5.1) . ENGLISCH (DTS-HD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. B

FILM.
Sportfilme funktionieren auf eine ganze simple Weise: lass den Underdog am Ende als Sieger dastehen. In den meisten Fällen bedeutet das nicht einmal, dass er den Kampf oder Wettbewerb gewinnt, sondern eher an Reife und Persönlichkeit. So verlor Rocky Balboa 1976 seinen Kampf gegen Apollo Creed, wie auch die Football-Teams in ANY GIVEN SUNDAY (1999) und FRIDAY NIGHT LIGHTS(2004) sieglos blieben. In anderen Fällen, wie THE FIGHTER aus dem Vorjahr, zahlt es sich jedoch auch genauso aus, den Underdog am Ende triumphieren zu lassen. Wenn Gavin O'Connor in WARRIOR also zwei unbekannte Brüder in ein Mixed-Martial-Arts-Turnier (MMA) schickt, ist absehbar, dass es sich auch hier um eine Underdog-Story handelt. Nur ist das im Falle von WARRIOR lediglich die halbe Wahrheit.

Denn zum Sportfilm avanciert WARRIOR erst in seiner zweiten Hälfte, zuvor legt O'Connor den Fokus auf das dem Film zugrunde liegende Familiendrama. Einst ein Alkoholiker der seine Frau schlug, verscherzte es sich Paddy Conlon (Nick Nolte) mit seinen beiden Söhnen Brendan (Joel Edgerton) und Tommy (Tom Hardy). Während Letzterer mit der Mutter vor 14 Jahren die Flucht ergriff, blieb Brendan beim Vater. Der Grund war seine damalige Freundin Tess (Jennifer Morrison), jetzt die Mutter seiner zweier Töchter. Inzwischen ist Paddy seit 3 Jahren trocken und hat den Weg zu Gott gefunden, was seinen aus dem Irak zurückkehrenden Sohn und Ex-Marine Tommy merklich verstört. Weil Tommy das 5-Millionen-Dollar-Preisgeld eines MMA-Turniers gewinnen will, soll ihn sein alter Herr dafür trainieren.

Physiklehrer Brendan hat bereits MMA-Erfahrung - allerdings auch finanzielle Schwierigkeiten, die drohen, dass die Bank seiner Familie das Haus entzieht. Als er bei einem Hinterhof-MMA-Kampf etwas Geld verdienen will und sein Rektor davon Wind kriegt, suspendiert er Brendan für das restliche Semester. Die einzige Rettung scheint also ebenfalls das MMA-Turnier zu sein, in welchem er für den verletzten Kämpfer seines alten Freundes und MMA-Trainers Frank (Frank Grillo) einspringt. Angesichts der Konflikte innerhalb der Conlon-Familie, in der keiner mit dem anderen spricht oder zu tun haben will, ist es somit absehbar, dass sich im Laufe des Turniers Brendan und Tommy im Ring begegnen werden. Dort wird nicht nur der Sieg, sondern auch ihr persönlicher Zwist ausgetragen.

Während Brendans Konflikt ein externer ist - das Überleben der Familie sichern entgegen der Sorgen und Befürchtungen der Gattin um seine Gesundheit -, spielt sich Tommys Kampf intern ab. Dem Vater hat er nie vergeben, dementsprechend ungerechtfertigt empfindet er dessen späte Läuterung und das private Glück seines Bruders. Dieser hat sich nach Tommys Auffassung gegen ihn und seine Mutter entschieden, die einige Jahre später nach schwerer Krankheit verstarb. Hinzu kommen schließlich noch Tommys Erlebnisse aus dem Irak, die nach und nach an das Licht der Öffentlichkeit treten. Bezeichnend für die Stärke von WARRIOR ist, dass obschon der Film seine Figuren nur schemenhaft skizziert, sie dennoch dreidimensional wirken. So sind sie auf simple Weise durchaus komplex.

Bemerkenswert ist hierbei die dem Film vorausgegange Entwicklung der Brüder. Brendan, der früher schon an Ultimate Fighting Championships (UFC) teilnahm, ehe ihn ein Kampf ins Krankenhaus beförderte, lehrt seine Schülerschaft das physikalische Zusammenspiel von Aktion und Reaktion. In seinen späteren Kämpfen wird dies noch zum Tragen kommen. Tommy hingegen, von Bruder und später auch Mutter verlassen, sucht Zusammenhalt in der Armee und fand diesen dort in einem Kameraden. "You ain't no brother to me", konfrontiert Tommy Brendan später im ersten Aufeinandertreffen nach 14 Jahren: "My brother was in the Corps". Der Graben zwischen den beiden scheint unüberbrückbar und wie tief Tommys Frust, Schmerz und Wut geht, sieht man in seinen Kämpfen.

Ähnlich ihrer Persönlichkeit werden die Kampfstile der Brüder charakterisiert, was zugleich die Bandbreite der MMA-Darstellung erweitert. Der aufgewühlte Tommy ist eine Macht schierer Gewalt, unerbittlich, ähnlich einem von der Leine gelassenen Bullterrier. Brendan hingegen ist ganz Taktiker, der einzustecken versteht und weiß, wann er seine Chance ergreifen muss, um den Kampf zu drehen. Als Ex-Kämpfer, Familienvater und Schullehrer ist er ganz klar der 'Underdog' des Turniers, weiß aber auch: hier ist alles möglich. Infolgedessen sind Tommys Kämpfe zwar spektakulärer, die seines Bruders dafür emotionaler. Sie alle jedenfalls sind exzellent choreographiert und inszeniert. Intensiv, spannend und mitreißend. Was den Sportaspekt angeht, enttäuscht WARRIOR also keineswegs.

Und nicht minder überzeugend fällt auch das Familiendrama der Conlons aus, getragen von drei exquisiten Darstellerleistungen. Tom Hardy gelingt es überzeugend, die aggressive wie verletzte Seite seiner Figur zu verkörpern, während Joel Edgerton seinen everybody's darling - selbst die Schüler sind ganz Feuer und Flamme - selbst beim Zuschauer sympathisch wirken zu lassen. Auch die Figuren aus der zweiten Reihe, gespielt von Morrison und Grillo, tanzen hier qualitativ nicht aus der Reihe. Herz und Seele des Films ist jedoch Nick Nolte, der den von Dämonen vergangener Tage beseelten Ex-Alkoholiker souverän beherrscht und in einer dramatischen Entwicklung kurz vor dem 3. Akt bis zur Perfektion zum Tragen bringt. Seine Oscarnominierung war folglich mehr als verdient.

Gavin O'Connor reüssiert daher sowohl mit seinem "Familiendrama" als auch seinem "Sportfilm". WARRIOR ist gut gespielt, in all seiner Vorhersehbarkeit dennoch plausibel, bewegend und packend. Kritikpunkte finden sich nur in der etwas ausufernden Laufzeit, was an einer zu starken Einbindung von Brendans Schüler und Rektor liegt, auf die man im späteren Filmverlauf auch hätte verzichten können. Und entgegen den zwei Stunden zuvor gerät das Finale dann doch leicht kitschig in der Lösung des brüderlichen Konflikts, selbst wenn sich bereits zu Beginn abzeichnete, wie dieser verlaufen würde/ musste. Dem Genre entsprechend triumphiert am Ende dann natürlich der Underdog - und weil dies in WARRIOR sowohl Brendan als auch Tommy sind, gewinnt am Ende jeder. Insbesondere die Zuschauer.

BLU-RAY.
Das Bild der Blu-Ray lässt eigentlich keine Wünsche offen. Es ist gut saturiert, nur selten leicht körnig oder mit Schwächen in der Detailschärfe. Noch weniger gibt es beim satten Ton zu kritisieren, der gerade in den Kampfszenen schön den Raumklang der Arena wiedergibt. Bei den Extras warten über 3 Stunden an Material, das ziemlich MMA-lastig ist. Was keineswegs negativ gemeint ist, gibt doch gerade das Feature "Philosophy in Combat" einen schönen Einblick in die Welt dieses Sports, wenn Trainer Greg Jackson über Beethoven, Bach und Humes fachsimpelt. Gut wegschauen lässt sich ebenso das Making Of "Redemption: Bringing Warrior To Life", das ähnlich wie der Audiokommentar von Regisseur Gavin O'Connor mit Crew-Mitgliedern (als Bild-im-Bild-Variante) die Choreographie und Vorbereitung der Kämpfe in den Vordergrund stellt, gerade deswegen für Laien jedoch interessant ist.

Die deutsche Synchronisation ist im Vergleich zur überzeugenden Blu-Ray dagegen ein zweischneidiges Schwert. Joel Edgerton und Jennifer Morrison gehen noch in Ordnung, obschon Stephanie von Lerchenfeld die Amerikanerin spricht und nicht Tanja Dohse wie in DR. HOUSE. Ärgerlicher fällt das Ganze jedoch bei Nick Nolte und Tom Hardy aus. Nolte wird hier zum ersten Mal seit über 15 Jahren wieder von Tommi Pieper und nicht von Thomas Dannenberg gesprochen, was für Fans des Schauspielers durchaus verstörend gerät. Hardy hingegen leidet darunter, dass er in jedem Film einen anderen Sprecher zugeteilt bekommt - in diesem Fall erstmalig Torben Liebrecht. Dem geht jedoch die Verletzlichkeit der Figur in der Stimme abhanden, weshalb der Originalfassung der Vorzug zu geben ist.








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