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KAPITELWAHL

AVIATOR (USA 2004)

von Hasko Baumann

Original Titel. THE AVIATOR
Laufzeit in Minuten. 163

Regie. MARTIN SCORSESE
Drehbuch. JOHN LOGAN
Musik. HOWARD SHORE
Kamera. ROBERT RICHARDSON
Schnitt. THELMA SCHOONMAKER
Darsteller. LEONARDO DICAPRIO . CATE BLANCHETT . KATE BECKINSALE . ALEC BALDWIN u.a.

Review Datum. 2012-02-06
Erscheinungsdatum. 2011-10-20
Vertrieb. STUDIO CANAL

Bildformat. 2.35:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 5.1) . ENGLISCH (DD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH . ENGLISCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Seit GOODFELLAS, also seit über 20 Jahren, hat Martin Scorsese keinen großartigen Film mehr gemacht. Da ändert es auch nichts, daß die Amerikaner jetzt mit all jenen Trophäen nach ihm werfen, die sie seinen großartigen Filmen einst verwehrten; und die Tatsache, daß Scorsese erst jetzt mit dicken Budgets mitunter dicke Kasse generiert, stimmt als Konsequenz nur um so trauriger. AVIATOR war 2004 der erste Film von "Marty", dessen US-Einspiel die magische 100 Millionen-Dollar-Grenze durchbrach - was allerdings angesichts des mit 120 Mio. Dollar exorbitant kalkulierten Budgets auch Not tat. Ein durchaus mutiges Unterfangen, handelt es sich bei AVIATOR doch um das Portrait einer amerikanischen Legende, die Menschen außerhalb der USA weniger bekannt und vielleicht auch jüngeren Amerikanern kaum vertraut ist: Howard Hughes. Eine fraglos unendlich faszinierende Persönlichkeit, ein Pionier der Luftfahrt und ein megalomaner Filmproduzent, ein Playboy und Tausendsassa, ein schwer reicher, schwer kranker Mann, der im Alter komplett den Verstand und den Bezug zur Realität verlor, gestorben als wirrer Eremit mit langem Haar, langem Bart und langen Fingernägeln. Eine Persönlichkeit, die man in der Tat auch für jene interessant erzählen kann, die nie von ihr gehört haben.

Und tatsächlich, Scorsese zeigt Hughes nur in einer kurzen, intimen Sequenz als Kind, um dann den Zuschauer sofort zu packen und hinein zu reissen in die Welt zwischen Hollywood und Flugfeld, direkt hinein in die Dreharbeiten zu Hughes' legendärem ersten Film HELL'S ANGELS. Und dann zu Hughes' Frauen, zu Jean Harlow, zu Katharine Hepburn, zu Ava Gardner; zu seinen Filmproduktionen SCARFACE und THE OUTLAW, zu den Grabenkriegen mit PanAm, den entwürdigen Anhörungen vor dem Senat und den ersten dramatischen Aussetzern seines genialen Geistes.

Hier endet der Film; eine Entscheidung, die Scorsese durchaus berechtigte Kritik einbrachte, verweigert er dem Zuschauer doch nicht nur den absurden Abstieg eines großen Wahnsinnigen, sondern hat in den knapp drei Stunden zuvor auch so manche dunkle Seite Hughes' im Dunklen stehen lassen. Frauen und Flugzeuge, das ist die Welt von Howard Hughes in diesem Film, und in der Darstellung dieser Obsessionen (und ihrer Vergleichbarkeiten) verflacht AVIATOR mitunter zusehends. Und doch, Scorsese bringt die ersten zwei Stunden das ganz große Kino auf die Leinwand, mit sagenhaftem Tempo, pointierten Konfrontationen farbenfroher Figuren und intensiven Dokumenten von Hughes' wachsender Zwanghaftigkeit. Nichts altert so schnell wie Digitaleffekte, doch so steril die CGI-Flugzeuge hier aussehen mögen, so gewaltig hat Scorsese die Fliegerszenen arrangiert, mit orchestrierten Bach-Fugen und echter Movie Magic zum ehrlichen Staunen. In einer zentralen Absturzsequenz konkurriert er mit dem neben ihm letzten relevanten Regisseur des New Hollywood, Steven Spielberg, und übertrifft ihn noch mit einem gewaltig gebauten Inferno aus Feuer und Blut.

Doch auch AVIATOR ist kein großartiger Film geworden, weil Scorsese wie in so manchen Filmen seines Spätwerks das Tempo nicht halten kann und sich in den repetetiven Anhörungsszenen allzu lange verliert: Die Luft ist raus, bevor Hughes zum letzten Mal abhebt. Was die zu diesem Zeitpunkt schon etwas klapprige Kiste zusammenhält, ist die überragende Vorstellung von Leonardo DiCaprio, der den Film zu jeder Zeit beherrscht, ob als aufgedrehter Jungspund oder weggetretener Tycoon, vom milchgesichtigen Millionär mit großen Träumen bis zum manischen Selbstzerstörer. Ein talentiertes Ensemble drängt sich da nicht nach vorne und leistet wohlweislich uneitlen Support, von Cate Blanchetts überspannter, Oscar-gekrönten Performance als Katharine Hepburn einmal abgesehen. Am Ende steht der Kraftakt eines Filmliebhabers, der sich fast ausschließlich an Filmliebhaber wendet (Scorsese griff sogar auf veraltete Farbsysteme zurück, die das Gras blau aussehen lassen) und damit zumindest zwei seiner knapp drei Stunden lang zu begeistern versteht.

DVD.
In Bild und besonders Ton begeisternde DVD, die nur ein Extra zu bieten hat, dafür aber ein sehr Wertiges: Der Audiokommentar (oder eine Sammlung von Statements) zum Film von Scorsese, Ko-Produzent Michael Mann und Scorseses langjähriger Cutterin Thelma Schoonmaker ist spannend, erhellend und interessant.








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