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FILM.
Jean-Claude Van Damme ist ein Geschenk. Wohl kein anderer Actionstar von einst hat eine derartige Wandlung durchgemacht oder sich auch nur den Versuch zugetraut. Dolph versucht es mit Selbstironie, Seagal mit Irrsinn und Chuck Norris ist in die Kirche gegangen. Van Damme will mehr. Das zugekokste Grinseäffchen von einst, daß sich mit gruseligen Grimassen durch seinen eitlen Trash schlug, ist lange weg. Van Dammes Fresse hat Charakter. In seinen Rollen ist er abgekämpft, müde, melancholisch, verbittert. Manchmal gibt es noch Hoffnung, meistens nicht. Auch wenn er im richtigen Moment die alten Moves rausholt: JCVD ist Schauspieler geworden.
ASSASSINATION GAMES, einer der schönsten Filme dieses Jahres, ist ein weiteres Beispiel. Man wird bei der Konkurrenz lange suchen müssen nach Szenen, die so wunderbar sind wie so einige hier. Wenn Van Damme als Profikiller Vincent Brazil (!) in seine spärliche Wohnung in Rumänien kommt und hier und da an Wasserhähnen hebelt, um den Zugang zu seinem dahinter verborgen Luxusapartment freizugeben. Wie er seine Schildkröte streichelt und ein weiteres Mal enttäuscht ist, wenn sie ihren kleinen Kopf nicht zeigt. Man muß Van Dammes Blick gesehen haben, wenn er flüstert "Why don't you come out?" Vincent Brazil ist die Schildkröte, er fühlt sich wohl in seiner Einsamkeit, in seinem Refugium. Als er die schöne Hure von nebenan aus den Fängen ihres brutalen Zuhälters befreit und bei sich aufnimmt, kommt die Schildkröte aus ihrem Panzer. Das Mädchen streichelt das Tier. Der Kopf regt sich. "How did you do that?" Das tolle an Jean-Claude Van Damme ist, daß er im Gegensatz zu den anderen Prügelknaben im Actionfilm diese Momente erlaubt. Nur er gestattet sich diesen zarten Kuss, den er der Hure gibt, unsicher und zögernd. Van Damme kann das spielen.
Natürlich ist ASSASSINATION GAMES immer noch ein Actionfilm - und überzeugt als solcher auf ganzer Linie. An Van Dammes Seite kämpft der derzeit heißeste Knochenbrecher-Nachwuchs Scott Adkins in der Rolle des Hitman Roland Flint, die ursprünglich mal Steven Seagal zugedacht war. Adkins ist klasse als Heißsporn, der Rache will; die bösen Jungs haben seine Frau ins Koma geprügelt. Flint will Gerechtigkeit, Brazil will nur Geld. Es ist bemerkenswert, wie konsequent Van Dammes Figur alles an diese Maxime verrät. Doch am Ende ist die Schildkröte aus dem Haus gekrochen, es gibt keinen Rückzug mehr. Brazil erwacht. Zwei Männer stehen Seite an Seite in einer Welt, in der Frauen nur vergewaltigt und zerstückelt werden, in der Männer andere Männer ans Messer liefern. Eine Welt, die von Regisseur Ernie Barbarash in monochromes Sepia getaucht wird; ein so überflüssiger wie müder Kunstgriff in einem ansonsten ausgezeichnet realisierten Thriller. ASSASSINATION GAMES ist kein Dauerfeuer an Actionszenen. Aber wenn es knallt, dann knallt es. Wieder einmal zeigt ein Direct-to-DVD-Film, wie gut Genrekino auch heute noch sein kann. Ein weiterer großer Schritt für Jean-Claude Van Damme, den Schauspieler.
DVD.
Bild und Ton sind super. Die Synchro ist mehr also okay, Van Damme wird wie immer von Charles Rettinghaus gesprochen, an den man sich einfach gewöhnt hat. Als Bonus zu Recht entfallene Szenen, die mit Nebenfiguren herumlavieren oder das Schicksal der Hure zu früh einläuten.
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