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KAPITELWAHL

PARANORMAL ACTIVITY - TOKYO NIGHT (Japan 2010)

von Andreas Neuenkirchen

Original Titel. PARANOMARU AKUTIBITI: DAI-2-SHO - TOKYO NIGHT
Laufzeit in Minuten. 87

Regie. TOSHIKAZU NAGAE
Drehbuch. TOSHIKAZU NAGAE
Musik. -
Kamera. nicht bekannt
Schnitt. nicht bekannt
Darsteller. AOI NAKAMURA . NORIKO AOYAMA u.a.

Review Datum. 2011-10-17
Erscheinungsdatum. 2011-07-22
Vertrieb. UNIVERSUM FILM

Bildformat. 1.77:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 5.1) . JAPANISCH (DD 5.1)
Untertitel. keine
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Ist man auf dem Kriegsfuß aufgestanden, kann man PARANORMAL ACTIVITY - TOKYO NIGHT schon aus Prinzip verfluchen. Erstens Found Footage, also hoffnungslos nullerjahremäßiges Gimmick-Kino, zweitens Remake, also Weltuntergang. Ist man aber auf dem Friedfuß aufgestanden, darf man feststellen, dass der pseudodokumentarische Handkamerastil sich vom bloßen Gimmick längst emanzipiert und als legitimes, modeunabhängiges Subgenre etabliert hat. Ebenso darf man finden, dass Remakes eine Existenzberechtigung haben, so sie den Originalstoff in sinnvoller Weise variieren. Die klassischen Theater- und Opernbühnen der Welt zeigen schließlich auch Jahrhundert um Jahrhundert nicht viel mehr als Neuinszenierungen derselben ollen Kamellen.

Unter Vorbehalt, weil in Unkenntnis des amerikanischen Originals, sei hier PARANORMAL ACTIVITY - TOKYO NIGHT allein wegen seiner konsequenten Verpflanzung von West nach Ost eine ausreichende Eigenständigkeit beschieden und somit die Existenzberechtigung ausgestellt. Auch wenn die Story aus Amerika kommt - die Figuren, ihre Beziehungen zueinander und der Umgang miteinander sind ebenso sehr spezifisch japanisch wie der Umgang mit dem Gespensterspuk. Was aber noch wichtiger ist: Der Gespensterspuk funktioniert.

Die junge Haruka (Noriko Aoyama) kehrt mit zwei gebrochenen Beinen aus dem Amerika-Urlaub ins Tokioter Elternhaus zurück. Der alleinerziehende Vater düst sofort ab nach Singapur, weshalb Haruka auf ihren kleinen Bruder Noichi (Aoi Nakamura) angewiesen ist. Der Videofreak filmt sie, wo sie rollt und sitzt, was ihr gehörig auf den Keks geht. Eines Morgens bezichtigt sie ihn, ihren Rollstuhl über Nacht verschoben zu haben, aber er weist jede Schuld von sich und vermutet einen Geist. Gegen heftigen Widerstand ringt der Bruder der Schwester die Erlaubnis ab, nachts eine Überwachungskamera in ihrem Zimmer zu installieren. Die Indizien für einen Spuk erhärten sich und werden brutaler. Eine medial begabte Bekannte der beiden verlässt panisch das Haus, ein Priester kann nichts ausrichten. Also nichts wie weg? Dummerweise hat Haruka ein Geheimnis, das darauf schließen lässt, dass der Geist keineswegs an das Haus gebunden ist.

Gemeinhin gilt der angedeutete Schrecken als edler und wirkungsvoller als der ausgespielte. Ob das generell so stimmt, darf bezweifelt werden. Aber PARANORMAL ACTIVITY - TOKYO NIGHT demonstriert, dass es mitunter stimmen kann. Fast nicht auszuhalten ist die Spannung immer dann, wenn rein gar nichts geschieht. Wenn man gefühlte Ewigkeiten auf das Bild der Überwachungskamera schaut und nichts passiert, außer das Haruka schläft. Je länger nichts passiert, desto klarer wird, dass bald was passieren muss. Und je länger einem das bewusst ist, desto schlimmer malt man sich den bevorstehenden Horror aus. Von diesen Versuchsanordnungen gibt es einige im Film, und sie funktionieren jedes Mal.

Wenn dann tatsächlich etwas passiert, handelt es sich um das genreübliche Geistergepolter mit Möbelrücken, Scheibenklirren und autonom agierenden elektronischen Geräten. Das ist nicht so schlimm wie befürchtet. Zum Glück, denn sonst wäre es ja gar nicht auszuhalten. Die dramatischen Höhepunkte sind dramatisch genug für schaurige Unterhaltung, eine Warnung für Herzpatienten muss aber nicht ausgesprochen werden. Überhaupt verliert der Film an Intensität, je näher er dem Ende kommt und je mehr er ins Fahrwasser konventioneller Filmplots gerät. Der Privatvideolook ist durchgehend überzeugend (gottlob hat Noichi nur die beste Hardware, weshalb der Film nie schäbig aussieht), aber mit fortschreitender Story und dem verstärkten Auftreten typischer Horror-Story-Elemente (Geistererscheinungen googeln, "Es gibt da etwas, was ich dir erzählen muss ..." usw.), wird einem doch bewusst, dass das alles nur ein Film ist.

Und zwar ein guter Film, der tut, was er tun soll. Ästhetisch konsequent, mit authentisch banalen Alltagsdialogen und Darstellern, die überzeugend echte Menschen darstellen. Dass PARANORMAL ACTIVITY - TOKYO NIGHT international den erkalteten J-Horror-Hype wieder aufheizen wird, ist unwahrscheinlich, dafür ist es dann doch zu sehr ein Me-too-Produkt ohne großen Willen zur Innovation. Aber ein gutes Beispiel dafür, wie man zeitlose Plots modern erzählen kann und darf.

Und ja, ich wäre auf jeden Fall für FINAL DESTINATION - SHINJUKU TERMINAL zu haben.

DVD.
Dass der technisch makellosen DVD Extras fehlen, ist zu verkraften, vielleicht sogar konsequent angesichts der Dokumentarbehauptung des Spielfilms. Dass aber nicht mal deutsche Untertitel zum japanischen Originalton gereicht werden, sollte heute wirklich nicht mehr vorkommen. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass die deutsche Synchro recht gelungen ist.








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