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FILM.
Monga ist ein Stadtviertel in Taipeh. Dort lebt der junge Mosquito (Mark Chao), der sich keine Schikanen von den größeren Kindern gefallen lässt, was ihm schnell Respekt und ein paar treue Freunde einbringt. Die Jungs gründen eine Bande, die über die Jahre zu einer festen Größe im organisierten Verbrechen der Stadt wird. Für einige zu groß. Als chinesische Gangster ihre Finger nach der Macht in Taipehs Unterwelt ausstrecken, werden die kleinen Scharmützel unter den lokalen Gangs größer und verlustreicher.
Wenn man ein klassisches Gangster-Drama aus jüngerer Vergangenheit mit spitzbübischen Stilmitteln wie schnellen Schnitten und Kamerafahrten, Standbildern, Off-Kommentaren und ironisch eingesetzter Popmusik erzählt, wie Regisseur Doze Niu es mit MONGA - GANGS OF TAIPEH tut, liegt der Verdacht nahe, da habe jemand einmal zu oft GOODFELLAS gesehen. Nun bleibt freilich kein Künstler jemals gänzlich unbeeinflusst von anderen Künstlern und ihren Werken. Dass Martin Scorsese etwas gemacht hat, heißt nicht, dass niemand anderes es je wieder machen darf. Möglicherweise ist es an der Zeit, das Zitieren anderer Filme als bloß immer nur PANZERKREUZER POTEMKIN zu legitimieren. Immerhin ist GOODFELLAS als Vorbild ein sportlicheres Ziel als, sagen wir mal, FREITAG, DER 13..
Wichtiger als die Feststellung, dass Doze Niu nicht jeden handwerklichen Aspekt seines Films selbst erarbeitet hat, ist die Feststellung, dass er sich in seinem Referenzfeld sehr gut schlägt. Zumindest eine ganze Weile lang. Taipeh ist gottlob nicht New York, und Taiwaner sind keine Amerikaner. So bekommt MONGA - GANGS OF TAIPEH schon allein optisch und kulturell einen ganz eigenen Dreh. Verhältnisse zwischen unterschiedlichen Geschlechtern und unterschiedlichen Gangster-Banden unterliegen hier anderen Dynamiken und Gesetzmäßigkeiten, was den Film möglicherweise gerade für westliche Zuschauer interessant macht. Das beginnt damit, dass hier mehr Stechereien als Schießereien für Dramatik sorgen, und endet nicht bei der Verquickung von verbrecherischer und religiöser Tradition. Die Einkaufsstraßen und Tempel von Taipeh, die Seitengassen, Fressbuden, Friseursalons, die Natur drumherum - das kennt Niu gut und erzählt davon in beeindruckenden Bildern. Dass die Geschichte in den Achtzigern spielt, bringt noch ein nostalgisches Moment für alle, die alt genug sind, ihre eigenen Anekdoten zum Thema zu erzählen. Da Taipeh nicht nur nicht New York, sondern auch nicht Bremen-Vegesack ist, dürfte das meiste davon zwar über die Köpfe des nicht-taiwanischen Publikums hinwegfliegen, aber da die Welt nicht erst seit gestern ein globalisiertes Dorf ist, ist auch einiges Allgemeingültiges dabei.
So sehr die Optik und die jungen wie älteren Darsteller gefallen, im Skriptbereich schwächelt MONGA - GANGS OF TAIPEH. Die Protagonisten sind sehr simpel gestrickt, in wenigen Sätzen umrissen. Genauso werden sie auch eingeführt: Mit ein paar beschreibenden Worten aus dem Off. Dadurch kommt man schnell rein, aber je weiter die Handlung voranschreitet, desto abträglicher ist es der Dramatik und Spannung, dass sich die Figuren nur brav nach ihren Anlagen entwickeln. Ein paar Überraschungen gibt es in den Familiendramen am Rande, aber das Gangster-Drama entwickelt sich genauso, wie man es erwartet, weil man schon zu viele ähnliche Gangster-Typen in ähnlichen Gangster-Geschichten gesehen hat. Zum Schluss wird es definitiv zu viel mit der Melodramatik und der Phrasendrescherei vom "Gesetz der Straße" und ähnlichem Film-Humbug. Wenn dann auch noch aus spritzendem Blut flatternde Kirschblüten werden, kann man dem auf handwerklicher Ebene nur applaudieren. Da ist man aber aus der Geschichte längst ausgestiegen und nimmt den Film nur noch als wunderschönes Gemälde war.
DVD.
Das Making-of und der Blick hinter die Kulissen, die beiden hauptsächlichen Extras auf der technisch vorbildlichen DVD, sind eine sehenswerte halbe Stunde. Die drei Minuten Outtakes sind belanglos. Physisch liegen vier Postkarten bei, falls man mal jemandem unbedingt eine Monga-Karte schreiben möchte.
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