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KAPITELWAHL

ULTIMATIVE SÖLDNER COLLECTION (Großbritannien/Italien 1978-1988)

von Hasko Baumann

Original Titel. ULTIMATIVE SÖLDNER COLLECTION
Laufzeit in Minuten. 415

Regie. ANDREW V. MCLAGLEN . ANTONIO MARGHERITI
Drehbuch. diverse
Musik. diverse
Kamera. diverse
Schnitt. diverse
Darsteller. KLAUS KINSKI . LEWIS COLLINS . ROGER MOORE . RICHARD BURTON u.a.

Review Datum. 2011-04-03
Erscheinungsdatum. 2010-12-02
Vertrieb. ASCOT ELITE

Bildformat. 1.85:1/2.35:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 2.0) . ENGLISCH (DD 2.0) . FRANZÖSISCH (DD 2.0) . ITALIENISCH (DD 2.0)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Was uns Ascot Elite hier in die gierige Finger wirft, mag nicht die "ultimative" Söldner-Collection sein - da gäbe es ja noch so einige passende Zusätze, etwa den tollen JÄGER DER APOKALYPSE des hier dreimal vertretenen Regisseurs Antonio Margheriti - aber es handelt sich bei dieser Box doch um eine exquisite Zusammenstellung von Jungsfilmen zum Spitzenpreis, die den geneigten Filmfreund zum Strahlemann macht. Und das ganze auch noch mit ausgesprochen liebevollen Editionen dieser schnörkellosen Ballerfilme, nur getrübt durch einen schweren Fauxpas, aber dazu später.

Den Anfang macht die nicht genug zu preisende, absolut unschlagbare Special Edition des Beinahe-Klassikers DIE WILDGÄNSE KOMMEN, die ich bereits an dieser Stelle rezensieren durfte. Ein Selbstzitat sei erlaubt: "Ein trauriges, mit wilden Harmonien komponiertes Titellied von Joan Armatrading und Bilder des armen Afrika stellen den Vorspann dar. Richard Harris darf als afrikaliebender, superliberaler Söldner das gute Gewissen geben, Roger Moore brilliert in seiner Paraderolle als ethisch einwandfreier Action-Snob und läßt verhaßte Drogendealer elendig verrecken, und Hardy Krüger beschimpft den befreiten Diplomaten unentwegt als "Kaffer", bis er sich, zum Menschenfreund bekehrt, beherzt für das Gute in den Kugelhagel wirft. Diese zwar mit Nachdruck vorgetragene, aber angesichts des Geballers doch nur behauptete "Botschaft" des Films schuf die Blaupause für die mit dem ganz kleinen Gewürzstreuer nachgesalzenen Ethno-Elemente all der Söldnerfilme, die folgen sollten. Und für einen Klassiker ist das einfach zu aufgesetzt. Unterm Strich bleibt ein knackiger Actionfilm mit ausgezeichneten Darstellern und einer bemerkenswert ungeschönten Brutalität."

Der unfaßbare Kassenerfolg von DIE WILDGÄNSE KOMMEN zog natürlich jede Menge Trittbrettfahrer nach sich, doch erst fünf Jahre später trieb der Schweizer Erwin C. Dietrich, seines Zeichens erfahrener Exploitation-Dynamo, das Söldner-Motiv auf die Spitze. Zusammen mit dem wunderbaren italienischen Genreregisseur Antonio Margheriti, wie immer als "Anthony M. Dawson" unterwegs, einem Aufgebot altgedienter Recken (Lee Van Cleef, Ernest Borgnine), dem dank der "Profis" überaus populären Briten Lewis Collins, einer Reihe prominenter deutscher Synchronsprecher, die nun auch endlich vor die Kamera treten durften (Manfred Lehmann, Frank Glaubrecht, Thomas Danneberg) und, als Krönung, dem längst unberechenbaren Klaus Kinski produzierte Dietrich den Knaller GEHEIMCODE WILDGÄNSE. Lewis Collins und seine Söldnergang haben den Auftrag, ein Heroinlager im Goldenen Dreieck auszulöschen, doch fiese Intrigen und der böse Klaus sorgen schnell dafür, daß die "Wildgänse" in den Arsch gekniffen sind. Was mich damals als ins Kino geschlichener 13jähriger begeisterte, sorgt auch heute noch für allergrößte Freude: Randvoll mit Action und markigen Männerposen sowie den bei Margheriti obligatorischen wunderbaren Minaturen, die alle Nase lang in die Luft fliegen; mit starken Stars, mit der Gelegenheit, Manne Lehmann und Konsorten mal in Action zu sehen, mit einem Kinski außer Rand und Band und oben drauf einem schön schmierigen 80er-Score von den Ersatz-Tangerine Dream-Band Eloy wird GEHEIMCODE zu einem der saftigsten, schönsten Euro-Exploiter überhaupt. Aber nun kommt der Pferdefuß: Bei der von Ascot vollmundig angekündigten "restaurierten Original-Kinofassung" handelt es sich garantiert nicht um den Film, der 1984 beinahe eine Million Zuschauer in die Kinos zog. Die hier vorliegende Version ist ab 16 Jahren freigegeben und satte 13 Minuten kürzer als das Original - und somit wertlos. Die volle Dröhnung gibt's auf der DVD von Impuls aus der Schweiz.

GEHEIMCODE sorgte nicht nur in Deutschland für volle Säle; der Film wurde in über 100 Länder verkauft und schrie nach einem Nachfolger. Erwin C. Dietrich und Margheriti holten Lewis Collins und Klaus Kinski zurück, obwohl beide am Set des Vorgängers fast so schlecht miteinander auskamen wie Kinski und Ernest Borgnine (deswegen haben sie auch keine gemeinsame Szene). Auch Stallone/Schwarzenegger-Synchronstimme Thomas Danneberg war wieder dabei; der wurde aber von Rainer Brandt nachsynchronisiert, denn Danneberg spricht Lewis Collins. Leider erzählt COMMANDO LEOPARD nicht von weiteren Wildgänse-Abenteuern, sondern besetzt Collins als Guerilla-Anführer eines nicht näher bezeichneten südamerikanischen Landes. Die schrecklichen Klischees des Rebellenfilms erheben ihr ranzig Haupt: Gequälte Bauern, große Kinderaugen, eine "rassige" Revoluzzertusse (eine sehr italienische Christina Donadio) und jede Menge Ethno machen Margheritis Maschinengewehroper zur schwer verdaulichen Angelegenheit, zu der weder ein ausgemergelter John Steiner noch der Schweizer Sportler Hans Leutnegger etwas beitragen können. Aber immerhin, wieder werden jede Menge allerliebste Miniaturen in die Luft gesprengt, Manne Lehmann darf als idealistischer Priester mal etwas mehr Gefühl zeigen und selbst ein unkonzentrierter Kinski vermittelt noch das Gefühl ungebremster Aggression. Wer mal in den englischen Ton reinhört, wird feststellen, daß Kinskis Zeilen sehr salopp ins Deutsche übertragen wurde (zum Beispiel redet er im Original viel weniger) und er auch mal einen versemmelten Take abliefert und manchmal die Lippen bewegt, aber nichts zu hören ist, weil er für die Nachvertonung wohl nicht zur Verfügung stand. Auch dank der zwischen Ethno-Disco und Rummelplatz mäandernden Musik ist LEOPARDkein ungetrübtes Vergnügen - den weit besseren Nachfolger für GEHEIMCODE inszenierte Margheriti mit DIE RÜCKKEHR DER WILDGÄNSE, in dem Manne Lehmann so richtig den Most holt.

Zur allgemeinen Überraschung legten Dietrich und Margheriti mit DER COMMANDO noch einen nach, der 1988 allerdings als reichlich später Nachklapp absoff. Die deutsche Synchro-Elite darf sich hier mal so richtig nach vorne spielen: Manne Lehmann teilt sich mit Lewis Collins die erste Geige, neben den Rückkehrern Frank Glaubrecht und Thomas Danneberg ist dieses Mal auch Christian "De Niro" Brückner dabei - und das Drehbuch stammt von Arne "Tom Hanks" Elsholtz! John Steiner, jetzt noch ausgemergelter, absolviert seine Rolle im Orginal mit gruseligem französischen Akzent, worauf man in der deutschen Fassung gottlob verzichtete. Abseits der Action ziehen immerhin Lee Van Cleef und Donald "Caro Donaldo" Pleasence die Fäden. Und statt Rebellen geht es dieses Mal wieder um eine Söldnertruppe im Goldenen Dreieck, mit Collins als Anführer und Lehmann als eingeschleustem Agenten Wild Bill Hickok (ja wirklich), der dem Falschspieler Pleasence das Handwerk legen soll. Dass Dietrich dieses Mal ganz offensichtlich weniger Geld locker machte, hat einen Vorteil: Der Eloy-Score aus GEHEIMCODE wird recyclet. Ansonsten nur Nachteile: Auch einige Explosionen kommen aus GEHEIMCODE, sämtliche Hubschrauberaufnahmen rekrutieren sich aus schlecht kaschiertem Stock Footage, und generell bietet der COMMANDER einfach viel zu wenig Action - und die, die es gibt, ist irre zahm (im deutschen Kino lief das Ganze sogar noch ab 12). Margheritis Film fehlt auch die gewohnte Breitwand, irgendwie sieht das alles nach Fernsehen aus. Ein hübscher Epilog in Neapel versöhnt da ein wenig.

DVD.
Die schön gestalteten Original-DVDs finden sich in einem nicht ganz so schönen Schuber, der aussehen soll wie eine Munitionskiste. Zu den DVDs.

DIE WILDGÄNSE KOMMEN: In einer großartigen 2 DVD-Special Edition beschert und E-M-S diesen Film. Das Bild sieht toll aus, der deutsche Ton mit seiner vorzüglichen Feststimmen-Synchro klingt gut, der Originalton liegt sogar in Stereo vor. Auf der zweiten DVD gibt es dann sagenhafte 3 Stunden Bonusmaterial: Eine Dokumentation würdigt Euan Lloyd als "Last of the Gentleman Producers". Dabei darf auch Sir Roger Moore mit machen. Gerade er zeigt sich noch heute irritiert über die Proteste gegen den Film, was diesem edlen Kämpfer für das Gute wohl auch keiner verhehlen kann. Ein altes Making Of zeigt die wilden Gänse beim Dreh. Davon gibt es zusätzlich eine etwas kürzere deutsche Version. Besonders schön ist der siebenminütige Bericht von der Londoner Premiere, wo die Stars mit jungen Frauen Einzug halten. Ein 40minütiger Radiobeitrag kann wunderbar beim Putzen der Wohnung erhellen. Dazu kommen schöne Artworkbeispiele und Aushangfotos sowie Trailer. Für Nostalgiker hat man die alte deutsche Super 8-Fassung, die aber auch als Anschauungsmaterial interessant ist: Wie kürze ich einen Film um mehr als die Hälfte und erhalte seine Essenz? Gar nicht, muß die Antwort lauten. Ein sehr launiger Audiokommentar von Moore, Lloyd und dem schon von den Bond-DVDs als coole Sau vertrauten John Glen macht dann nochmal die Ohren froh.

GEHEIMCODE: WILDGÄNSE heißt hier CODENAME: WILDGEESE, wohl, weil es sich um die gekürzte Fassung handelt. Bild und Ton sind schön, aber was soll's? Die Extras sind identisch mit denen der ungekürzten Impuls-DVD und deshalb toll: Den Eloy-Score kann man sich isoliert anhören, außerdem gibt es Trailer, Interviews und ein charmantes interaktives Spiel.

COMMANDO LEOPARD liegt sogar als Doppel-DVD vor. Der Film sieht gut aus, wenn auch anfangs etwas unscharf und matt, den Ton gibt es sogar in Stereo. Auf der zweiten DVD findet sich tatsächlich nur ein einziges Bonus-Feature, aber das hat es in sich. Für welchen Zweck auch immer hat sich ein Schweizer Fernsehteam zur Location des Films begeben und Interviews mit Dietrich, Leutnegger, Collins und Kinski geführt. Keiner von ihnen nimmt ein Blatt vor den Mund; der im Film immer etwas stoische Collins läßt charmant und gut gelaunt unmißverständlich durchblicken, was sich hinter seiner Diplomatie abspielt. Dietrich gibt sich als Geschäftsmann ohne Schmus, während Leutenegger dem Traum vom neuen Leben nachhängt. Top of the pops ist natürlich Kinski, der den unglaublich doofen Fragen des Interviews völlig zu Recht mit Unverständnis begegnet. Und dann gibt es auch noch B-Roll vom Dreh, bei dem man Kinski mal wieder bei seinen cholerischen Anfällen beobachten darf. Obwohl sich hier seltsamerweise immer wieder Passagen wiederholen: Unbezahlbar.

DER COMMANDER sieht etwas matt aus, aber das paßt zum Film. Sonst ist alles okay. Als Bonus gibt es Infos zu Collins und Van Cleef und die Trailer für alle drei Margheritis.








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