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KAPITELWAHL

NARUTO - THE MOVIE - GEHEIMMISSION IM LAND DES EWIGEN SCHNEES (Japan 2004)

von Martin Eberle

Original Titel. GEKIJÔ-BAN NARUTO: DAIKATSUGEKI! YUKIHIME NINPÔCHÔ DATTEBAYO!!
Laufzeit in Minuten. 82

Regie. TENSAI OKAMURA
Drehbuch. MASASHI KISHIMOTO . KATSUYUKI SUMIZAWA
Musik. TOSHIO MASUDA
Kamera. -
Schnitt. -
Darsteller. JUNKO TAKEUCHI . YÛKO KAIDA . CHIE NAKAMURA . NORIAKI SUGIYAMA u.a.

Review Datum. 2010-11-23
Erscheinungsdatum. 2010-10-15
Vertrieb. UNIVERSAL

Bildformat. 1.77:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 2.0) . JAPANISCH (DD 2.0)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Ihr seid für das Land des Schnees wirklich die einzige Hoffnung, davon bin ich fest überzeugt. Und so wie ich, Euer ergebener Diener Sandayu, immer an euch geglaubt hat, müsst ihr auch an Euch glauben. Und jetzt weint nicht um mich, habt Ihr gehört, Prinzessin?

Du bist ein Dummkopf. Armer Sandayu, ich kann nicht weinen. Du hast doch die Augentropfen!

Als nicht so ganz junger Erwachsener der Generation 40plus ist die Vorliebe für gezeichnete Filme im Freundeskreis gelegentlich sehr schwer zu vermitteln. Die polemische Frage "Gibt es denn auch gute Animes?" gehört noch zu den freundlicheren Anfeindungen. Wie reagieren? Vielleicht einige der edelsten Eigenschaften des Animes aufzählen und erwähnen, dass viele der Filme von überwältigender Fantasie und Bildgewalt sind? Die Figuren oft tiefer, echter, getriebener wirken als so mancher Darsteller aus Fleisch und Blut? Die Brüche in den Figuren, das Zulassen von Graubereichen, was sich so wohltuend von der Gut-Böse-Tristesse des Disney-Universums absetzt? Vielleicht einfach mal einfach einen Film vorführen, für sich selber sprechen lassen! NARUTO - THE MOVIE? Der ist da nicht erste Wahl.

Naruto, ein kleiner, moderner Ninja, ist eigentlich eine Fernsehfigur. Schon die unübersichtliche TV-Serie gehört nicht zu den Spitzenvertretern des Genres, die Kinoadaption schon mal gar nicht. Der schlimmste Mangel: die fehlende Geschichte. Wer immer sich diesen Plot ausgedacht hat: es kann nicht lange gedauert haben. Eine schöne Schauspielerin/Prinzessin soll beschützt werden, will aus privaten Gründen nicht zum Dreh ins Land des ewigen Schnees, Naruto und seine Ninjafreunde zwingen das arme Ding, trotzdem mitzukommen, irgendwelche Bösewichte funken dazwischen.

Die Qualitäten so manchen hochwertigen Animes sucht man hier vergebens. Keine differenzierten Charaktere, keine originellen Welten, nur ab und zu mal ein paar coole Actionsequenzen, die ohne Sinn und Verstand eingestreut werden. Nicht nur, dass das dünne Geschichtchen nicht sonderlich spannend ist, die sich ewig hinschleppenden, redundanten Durchhaltedialoge ("Du darfst niemals aufgeben! Ich werde auch niemals aufgeben! Lasst uns alle niemals aufgeben!") geben einem endgültig den Rest. Selbst die technisch recht beeindruckenden Kampfszenen gehen schnell auf den Zünder, weil die Kämpfer sich ständig ihre dubiosen Wundermoves zurufen ("Ich kontere Deinen zwiefach durchgeflunschten Drachenflönker mit meinem Angriff der subgesengten Eiskrallenwundertatze!!" "Argh, verdammt!"). Das ist dann nicht das große Kino, das ist das kleine Format des Sammelkartensammlers.

So richtig unangenehm wird dann der Blick auf die einzige Figur, die etwas ausführlicher vorgestellt wird: Naruto, der profilneurotische Ninjaschüler mit ADS und Schnurrhaaren im Gesicht. So erweist er sich recht schnell als notorischer Stalker, der sich in seine Schutzbefohlene verliebt und sie fortan unentwegt belästigt, sie gleichzeitig sogar noch gegen ihren erklärten Willen hierhin und dorthin verschleppt, je nachdem, wohin die bestimmenden Männer gerade reisen möchten. Im Film bleibt das nun gänzlich unkommentiert, wird einfach mal so ganz und gar nicht in Frage gestellt. Diese reaktionäre Sicht auf das Verhältnis zwischen Mann und Frau ist dann im Endeffekt noch störender als die immerhin auch schon tödlich nervige, gefühlt fast schon im Minutentakt kolportierte neoliberale Du-kannst-es-schaffen-wenn-du-nur-richtig-richtig-willst-Ideologie.

Doch dann schleicht sich doch noch ein ganz großer Moment ein, der ausgerechnet der so wenig selbstbestimmten Prinzessin gehört, als sie ihren bei einer erzdummen Aktion tödlich verwundeten Diener in den Tod verabschiedet (s.o.).
Ein tragischer, rührender Moment, vor allem weil er einen kurzen Blick in das große, einsame Herz der Prinzessin gewährt. Wie konnte das passieren? Ein subversiv eingeschmuggelter Moment frustrierter Storyliner, die wenigstens eine Anmutung von Bedeutung und Tragik in diesem sonst so rechtschaffen unbedarften Werk hinterlassen wollten? Oder ein Missverständnis, weil NARUTO - THE MOVIE eigentlich eine bitterböse ironische Betrachtung des aktuellen Geschlechterverhältnisses darstellt? Oder der geschickte Klau aus einem anderen Drehbuch, weil die Zeit dann doch so drückte?

Wie auch immer: so schön dieser Moment auch ist, er ist durch ca. 80 weitere traurig-öde Minuten sehr teuer erkauft.

DVD.
Eines muss man der Kinoversion lassen: technisch hat es sich gelohnt. Die Bilder sind um Welten eindrucksvoller als die TV-Serie. Der einzige Ton auf der Presse-DVD ist die deutsche Fassung. Der Klang ist gut, so kommen die angeödeten, unmotivierten Synchronsprecher besonders gut zur Geltung. Man hätte ihnen halt nicht die Texte vorher geben sollen. Ob die Japaner mehr Elan in ihrer Stimme hatten, ich werde es wohl nie erfahren. Auf der Presse-DVD gab‘s nur den Hauptfilm in deutsch und ohne Extras.








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