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KAPITELWAHL

ROMAN POLANSKI: WANTED AND DESIRED (USA/Großbritannien 2008)

von Stefan Rybkowski

Original Titel. ROMAN POLANSKI: WANTED AND DESIRED
Laufzeit in Minuten. 96

Regie. MARINA ZENOVICH
Drehbuch. JOE BINI . P.G. MORGAN . MARINA ZENOVICH
Musik. MARK DE GLI ANTONI
Kamera. TANJA KOOP
Schnitt. JOE BINI
Darsteller. ROMAN POLANSKI . LAURENCE J. RITTENBAND . CLAUS PREUTE . SAMANTHA GEIMER u.a.

Review Datum. 2010-10-10
Erscheinungsdatum. 2010-09-16
Vertrieb. ARTHAUS

Bildformat. 1.77:1 (anamorph)
Tonformat. ENGLISCH (DD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Bereits der Titel von Marina Zenovichs Dokumentarfilm ROMAN POLANSKI: WANTED AND DESIRED trifft ins Schwarze: während Polanski in den Vereinigten Staaten bis heute ein gesuchter Verbrecher ist, lebt er in Europa wie die Made im Speck und feiert einen Erfolg nach dem nächsten. Es ist das Jahr 1977: Polanski befindet sich in der Villa seines Freundes Jack Nicholson, in der er Fotos von einem 13-jährigen Mädchen macht. Wenig später wird er festgenommen, da er das Mädchen mit Hilfe von Drogen und Alkohol vergewaltigt haben soll. Das ist die Faktenlage, und genau hier beginnt dann auch die Arbeit der Doku, die versucht ein Bild davon zu zeichnen, wie sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung damals arrangiert haben - oder auch nicht. Es ist keine Suche nach der Wahrheit, denn in ihren Aussagen sind sich sowohl Staatsanwalt als auch Polanskis Verteidiger einig; es ist vielmehr eine Aufdeckung dessen, was hinter den Entscheidungen von Richter Rittenband stand. Er verstand sich stets als Richter der Reichen, Prominenten und der Schönen - ein langwieriger Fall wie jener Polanskis störte da nur. Schließlich einigte man sich auf 90 Tage Haft, die eine psychische Beurteilung vorsah. Dass es letztlich aber nur zu 42 Tagen kam, ist ein Versäumnis aller Seiten. Ob diese gerade mal 42 Tage aber eine angemessene Strafe waren, dazu nimmt ROMAN POLANSKI: WANTED AND DESIRED keine Stellung. Es verhält sich wie mit so vielen Dokus: alle Seiten zu Wort kommen lassen, aber keine eigene Stellung beziehen. Das hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Und dennoch kann man sich vor allem am Ende nicht des Eindrucks verwehren, als schlage sich Zenovich mit ihrem Film doch mehr auf die Seite Polanskis.

Es wirkt fast schon wie ein Schlag ins Gesicht, wenn man Archivmaterial der Oscarverleihung sieht, die Polanski in Abwesenheit ehrt, obwohl einige Einstellungen zuvor noch Samantha Geimer zu Wort kommt, die ihm zwar öffentlich verziehen hat (wie die finalen Texttafeln erläutern), aber ein Opfer bleibt. Wenigstens versucht der Film nicht seine Tat zu schmälern, in dem er beispielsweise erwähnt, dass die Tat in den meisten europäischen Ländern längst verjährt ist. Doch dafür ist die Doku vielleicht auch etwas zu alt, denn die jüngsten Entwicklungen zum Polanski-Fall greift sie selbstredend nicht auf. Viel würde das aber auch nicht ändern, denn ROMAN POLANSKI: WANTED AND DESIRED ist in erster Linie eine Dokumentation des Gerichtsprozesses und seiner medialen Berichterstattung. Sogar ein deutscher Journalist der Bunten kommt zu Wort, und es überrascht nicht wirklich, dass es bereits vor über 30 Jahren solch mediale Schlachten gegeben hat, die nicht von ungefähr an den aktuellen Fall Kachelmann erinnern. Zenovichs Film bedient sich dabei bei den gewohnten Stilmitteln des Dokumentarfilms, nur auf Reenactments verzichtet ihr Film, was angesichts der Materie nur konsequent erscheint. Stattdessen gibt es viele Ausschnitte aus Polanskis Œuvre, die gezielt eingesetzt werden und bisweilen eine Brücke zu realen Ereignissen schlagen (so wird die Vergewaltigungsszene aus ROSEMARY'S BABY beispielsweise mit der Vergewaltigung im Pool analogisiert). Auch die Musik schafft es an manchen Stellen den fiktiven Horror in den realen zu transportieren. ROMAN POLANSKI: WANTED AND DESIRED ist eine gute Anlaufstelle für all jene, die sich mit dem Fall Polanski etwas näher auseinandersetzen wollen, ohne dabei jedoch zu tief in moralische oder ethische Gefilde vorzudringen. Marina Zenovichs Doku zeigt dabei vor allem eines: wie die amerikanische Justiz sich selbst ein Bein gestellt hat, das Polanski durchaus zu nutzen wusste.

DVD.
Die DVD von Kinowelt kann auf ganzer Linie überzeugen. Neben diversen Trailern gibt es auch weiter Interviews der Beteiligten zu sehen, die noch ausführlicher auf den Fall Polanski eingehen. Ton- und bildtechnisch gibt es vor allem für einen Dokumentarfilm nichts auszusetzen. Sehr löblich, dass sich Kinowelt dieses relativ kleinen Filmes angenommen hat.








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