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FILM.
Wer sich, seinen Freunden, seiner Familie, seinen Kollegen oder vielleicht auch seinen Schülern und Studenten vor Augen führen will, wie sich gute Regie von schlechter Regie unterscheidet, der hat jetzt eine einfache Möglichkeit, dies zu tun: Einfach die ersten fünf Minuten von Joseph Rubens THE STEPFATHER zeigen und dann die ersten fünf Minuten von Nelson McCormicks gleichnamigen Remake. Was im Original ein genial aufgebauter Moment des Schreckens und die Darstellung des Zerfalls der bürgerlichen Sicherheit war, verkommt bei der Neuauflage zu einem ungelenk verbastelten, handelsüblichen Schock inklusive deplatzierter Subjektivschwenks und getösigem Soundtrack. Wo Terry O' Quinn die Treppe seines Hauses herunterkam und die Kamera unaufgeregt das Bild des Schreckens einer abgeschlachteten Familie öffnete, darf sich Dylan Walsh in derselben Rolle noch umständlich ein Erdnussbuttersandwich schmieren; alles immer noch einen oben drauf, mit dem Resultat, daß sich der Effekt immer mehr reduziert. Ein Beginn, der Böses ahnen läßt über diesen neuen STEPFATHER.
Und in der Tat: An die Stelle des allegorischen Entwurfs, der Rubens Thriller so wirksam machte, setzt das Remake den ausführlichen Erklärbär. Nach dem Vorspann erfahren wir in einer völlig aus dem Rahmen gefallenen Szene, daß das FBI dem Familienkiller schon längst auf den Fersen ist, daß er das alles serienmäßig macht und eigentlich auch, was er da macht. In Rubens Film konnte man das allenfalls ahnen; ein Großteil der Spannung entstand eben aus der Frage, was der neue Stiefvater eigentlich will und warum die Unerfüllbarkeit seiner Wünsche stets im Gewaltinferno enden muss. Und damit nicht genug: Sowohl Dylan Walshs Darstellung als auch die Art, wie seine Rolle geschrieben wurde, läßt von Anfang keine Zweifel an der Vollschacke dieses Mannes zu. Wenn er sich im Supermarkt an die nächste alleinerziehende Mutter ranmacht, kommt er so dermaßen unangenehm und irritierend rüber, daß jede vernünftige Frau sofort dankend das Weite suchen würde. Walsh läßt, ganz der flachen Regie McCormicks entsprechend, keine Zweifel an seiner Figur zu; hier haben wir es mit einem waschechten Vollpsycho zu tun, und es ist ein Wunder, daß es niemand sofort merkt.
Eine neue Variante immerhin, gerade im aktuellen US-Thriller, ist die Besetzung des skeptischen Stiefkindes mit einem männlichen Darsteller (Penn Badgley); der neue Sohn steht dem Stiefvater schon allein dank seiner physischen Präsenz strammer im Weg als es einst die Tochter tat. Doch es ist nicht nur so, daß McCormick erwartungsgemäß aus dieser Konstellation nichts macht. Um sicherzustellen, daß das männliche Publikum was zu gaffen hat, wird ihm mit Amber Heard eine Freundin zur Seite gestellt. Heard muß sich nun ständig in knappen Klamotten, im Bikini oder in Unterwäsche unmotiviert herumräkeln oder mit wiegendem Arsch an der Kamera vorbeilaufen. Eine so armselige Reduzierung einer Schauspielerin zum Augenfang gab es lange nicht mehr zu sehen. So hat Nelson McCormick nicht nur ein beschämend dummes Remake abgeliefert, sondern sich auch noch als schmierlappiger Exploiter übelster Sorte geoutet. Was bleibt, ist das, was immer bleibt: Eine ebenso überflüssige wie missratene Neuauflage eines guten Films, die dem Original nichts hinzuzufügen hat, ihm dafür aber alles nimmt, was es zum guten Film gemacht hat.
DVD.
Bild und Ton sind zufriedenstellend, die Synchro ist okay. Als Extras gibt es ein unsympathisches Gag Reel, ein Feature über die Stunts (ja, es gibt welche, aber man kann schon darüber streiten, ob die ein eigenes Feature brauchen). Im handelsüblichen Making Of erfährt man, daß die Macher sich auf THE STEPFATHER stürzten, weil der Film in einer "Die besten Horrorfilme aller Zeiten"-Liste auftauchte und ihnen als einziger Film unbekannt war. Es scheint aber eher so, als wäre THE STEPFATHER der einzige Film auf der Liste gewesen, für den noch kein Remake in der Planung war. Man möchte speien.
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