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KAPITELWAHL

WES CRAVEN: PULSE / SHOCKER / WISHMASTER (USA 1989/1997/2006)

von Martin Eberle

Original Titel. WES CRAVEN: PULSE / SHOCKER / WISHMASTER
Laufzeit in Minuten. 101/86/85

Regie. WES CRAVEN . ROBERT KURTZMAN . JIM SONZERO
Drehbuch. WES CRAVEN . PETER ATKINS . RAY WRIGHT
Musik. ALICE COOPER . MICHAEL BRUCE . WILLIAM GOLDSTEIN . HARRY MANFREDINI
Kamera. JACQUES HAITKIN . JACQUES HAITKIN . MARK PLUMMER
Schnitt. ANDY BLUMENTHAL . DAVID HANDMAN . BOB MORI
Darsteller. MICHAEL MURPHY . ROBERT ENGLUND . KRISTEN BELL u.a.

Review Datum. 2009-09-05
Erscheinungsdatum. 2009-07-17
Vertrieb. KINOWELT HOME ENTERTAINMENT

Bildformat. 1.85:1/1.78:1/2.40:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 5.1) . ENGLISCH (DD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Wes Craven ist ein Tausendsassa. So ziemlich jede wichtige Funktion bei der Filmherstellung hat er schon mal eingenommen: Drehbuchautor, Regisseur, Kameramann, Editor, Produzent, manchmal auch Komparse, ein Mann, der sich schon sehr früh für das Horrorkino verdient gemacht hat. Der wuchtige Schocker LAST HOUSE ON THE LEFT zum Beispiel, mit dem Craven 1972 seine Karriere startete, ist für die nächsten Jahrzehnte ein Stil prägender Horrorfilmmonolith geblieben. Kinowelt hat nun aus seinem reichhaltigen Oeuvre drei Filme ausgesucht und in einer Box zusammengefasst. Der älteste aus der Reihe ist auch der, an dem Craven am deutlichsten beteiligt war, als Autor, Regisseur und Ausführender Produzent:

SHOCKER (1989)

In SHOCKER wird einem brutalen Serienmörder vom freundlichen Highschool-Footballer Jonathan das Handwerk gelegt. Die Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl bringt den Mörder allerdings nicht um, sie verwandelt ihn in reine Energie. Nun ergreift der Mörder von Menschen Besitz, später macht er sich via Strom- und TV-Netz an seine Opfer ran.

SHOCKER fällt nach der zunächst erfolgreichen, dann bis zum letzten Tropfen ausgepressten NIGHTMARE ON ELM STREET-Reihe in Cravens erstes Karrieretief. Vom Traum-Motiv konnte Craven sich auch in SHOCKER nicht trennen, bringt aber noch einige andere Ideen ins Spiel, die nicht immer zünden. So ist die Idee der Inbesitznahme eines Menschen durch eine dämonische Kraft schon damals nicht besonders originell gewesen. Wenn aber Craven ein niedliches, kleines Mädchen als Besessene auf Jonathan loslässt und er versucht, das Kind mit Gewalt zu stoppen, sehen wir in der Außensicht einen Freak, der ein unschuldiges Kind malträtieren will. Ein sehr schöner Moment, der Wes Cravens Talent zur absoluten Perfidie prima auf den Punkt bringt. Seine andere, wirklich dunkle Seite kommt in SHOCKER aber auch zum Vorschein: Momente, die von Kitsch triefen, Momente, die kaum aneinanderpassen, überhaupt die ganze Momenthaftigkeit dieses Streifens, das Konglomerat von gelungenen und vergebenen Szenen, die nur mühsam verbunden scheinen. Das hat mitunter durchaus Charme, kann aber nicht wirklich als gelungene filmische Komposition gelten. Zumal SHOCKER extrem beschnitten ist, Kinowelt hat nämlich die 16er-Fassung in die Box gepackt, also die Fassung, in der alle Szenen, die noch etwas mehr Spaß gebracht hätten, fehlen. Zurück bleiben dann cheesy Effekteinstellungen, über die Wes Craven im interessanten Audiokommentar selbst ganz gut lachen kann. Er gibt dem niedrigen Budget von 5 Mio. Dollar die Schuld am look. Seltsam, genau so viel hat der zweite Film in der Box gekostet, und der sieht schon viel besser aus.

WISHMASTER (1997)

"Wes Craven's WISHMASTER", das hat schon gereicht, mich damals ins Kino zu treiben. Craven hatte bei mir einiges gut, LAST HOUSE ON THE LEFT, THE HILLS HAVE EYES, einige Teile der Freddy Krüger-Portraitreihe etc. haben mich ziemlich froh gemacht. Und WISHMASTER hat mich auch nicht enttäuscht, auch wenn Cravens Beteiligung letztlich hier nur die des Ausführenden Produzenten ist.

Einen bösen Djinn in die Neuzeit zu überführen, der, auch hier wieder mit großer Freude am Perfiden, die Wünsche seiner kurzzeitigen Meister ins größtmögliche Unglück wendete, war eine hübsche Idee und passt zu Craven.

Dazu kommt noch, dass die Schauspieler überzeugend ihre Rollen geben, allen voran Andrew Divoff als eleganter und bitterböser Djinn, ganz besonders aber auch Tammy Lauren, die seine verunsicherte, gequälte und doch starke Gegnerin gibt. Keine scream queen, kein Huschelchen, sondern eine Frau, die sich auch mal selbst ans Steuer setzt anstatt Chefe fahren zu lassen. Schön auch, Robert Englund mal ohne gestreiften Pullover zu sehen, als freundlichen aber ahnungslosen Antiquitätenhändler, oder auch die souveräne Jenny O'Hara mit einer kleinen Rolle, die hier im Vorbeigehen zeigt, wie hoffnungslos unterfordert sie in der Rolle als Mutter des Dickmannes aus KING OF QUEENS ist.

Nun hatten die Darsteller auch eine gute Vorlage, ein einfacher aber doch pfiffiger Plot (muss ja, denn so einen übermächtigen Djinn kriegt man nur durch enorme Cleverness in den Griff), gute Dialoge, stringent inszeniert und clever abgelichtet. Im Audiokommentar plaudern dann auch Regisseur Robert Kurtzman, Autor Peter Atkins sowie FX-Spezialist und Second Unit Director Greg Nicotero über den Spaß, den es gemacht hat, diesen Film in die Welt zu bringen. Ein Spaß, der sich dem Zuschauer nur zum Teil erschließt, Kinowelt hat sich nämlich auch hier eine geschnittene Fassung gegriffen. Seltsam, vor allem, wenn im Audiokommentar lang und ausführlich über Einstellungen gesprochen wird, die es gerade nicht zu sehen gibt. Noch seltsamer, wenn dann noch einige der zensierten Szenen im Making of deutlich gezeigt werden!
Diese Anhäufung von Seltsamkeiten hat offensichtlich auch die Kollegen vom Ton verwirrt, ein Teil des Audiokommentars, der eine fies zusammen geschnittene Szene im Polizeirevier beschreibt, wird einige Minuten später noch mal abgespielt. Nach all den Kürzungen vielleicht als Brechtscher V-Effekt zu genießen. Der Kommentar findet aber dann doch irgendwann wieder Tritt, und es macht schon Spaß, den gut gelaunten Kollegen zuzuhören, wie sehr sich die Presse beim Kinostart auf den Film stürzte. Nicht nur wegen der blutigen Szenen, sondern gerade auch wegen des vielen Rauchens. Zu recht, mehr geraucht wird sonst nur noch bei Godard und ich hatte nach der Sichtung auch das halbe Päckchen leer.

Das war bei

PULSE (2006)

natürlich kein Problem mehr. PULSE ist rauchfrei, blutarm und deswegen wohl der einzig ungekürzte Film in der Box. Hier ist Wes Craven wieder kreativerer beteiligt, er hat das Drehbuch geschrieben bzw. adaptiert, denn PULSE ist eines der vielen Remakes, die sich an einer japanischen Vorlage abarbeiten, um sie für den amerikanischen Markt attraktiv zu machen, in diesem Fall Kiyoshi Kurosawas KAIRO.

Wie in der Vorlage nehmen Selbstmorde langsam überhand. In einer trostlosen Umgebung, gedreht wurde in Bukarest, kommt eine Gruppe von jungen Menschen langsam dahinter, dass eine Macht, die sich über das Internet bewegt, die Menschen in die Depression treibt, Besitz von ihnen nimmt und sie in Geister verwandelt.

Vertreter der reinen Lehre, die das Aufarbeiten von Vorlagen aus dem Ausland für den amerikanischen Markt per se ablehnen, wie die Erfahrung zeigt oft auch zu recht, werden hier wahrscheinlich nicht glücklich. Und doch, PULSE ohne Dünkel anzuschauen lohnt sich. Kristen Bell (VERONICA MARS) spielt die Hauptfigur, die sich auf die Suche nach der Ursache der Selbstmorde macht, zerbrechlich und stark zugleich, sie führt durch den Film. Der Regisseur Jim Sonzero inszeniert das Remake düster, stimmungsvoll, endzeitlich und widerlegt zumindest in diesem einen Fall, dass der gemeine Werberegisseur mit seiner in aller Regel oberflächlichen Weltsicht zum Spielfilm einfach nicht taugt.

Gut, zugegeben, anfangs kommen die immer gleichen Violinenhochjazzcrescendos, springt dann doch die immer gleiche Katze ins Bild, da aber die Erwartungshaltung sehr niedrig war, ist PULSE eine angenehme Überraschung gewesen, und der Gesamteindruck bleibt: ein in sich stimmiger Film, der sich einer überraschenden Hoffnungslosigkeit hingibt. Schön.

DVD.
Die Zusammenstellung dieser Wes Craven-Box zeigt eines ganz deutlich: Wes Craven ist ein Franchise-Unternehmen und es braucht mitunter nur eine homöopathische Beteiligung des Namensgebers, um unter das Label zu fallen. Da Craven tatsächlich als Hans Dampf in allen Gassen herumspringt, ist es sicherlich auch legitim, Filme auszuwählen, die Cravens Stempel nicht so deutlich tragen. Warum aber so grob verstümmelte Filme ausgewählt werden, ist allerdings ein Mysterium. Denn Kinowelt hatte sowohl SHOCKER als auch WISHMASTER schon mal ungekürzt mit den selben Extras im Programm und beide DVDs sind immer noch zu haben. Also am Besten diese BOX OF THE CUT im Regal stehen lassen und sich seine eigene Wes Craven-Kollektion zusammenstellen. Auswahl gibt es mehr als genug.








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