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KAPITELWAHL

HERE IS ALWAYS SOMEWHERE ELSE: THE DISAPPEARANCE OF BAS JAN ADER (USA/Niederlande 2006)

von Claudia Siefen

Original Titel. HERE IS ALWAYS SOMEWHERE ELSE
Laufzeit in Minuten. 103

Regie. RENE DAALDER
Drehbuch. RENE DAALDER
Musik. DANIEL BERRIDGE . MATTHEW BOURNE
Kamera. NILS POST . AARON OHLMANN
Schnitt. AARON OHLMANN . RENEE DALDER
Darsteller. BAS JAN ADER . RENE DAALDER . GER VAN ELK . MARY SUE ANDERSEN u.a.

Review Datum. 2009-07-19
Erscheinungsdatum. 2008-11-18
Vertrieb. CULT EPICS

Bildformat. 1.33:1
Tonformat. ENGLISCH (DD 2.0)
Untertitel. keine
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Man sollte sich zuerst die zweite Disc anschauen, um tatsächlich etwas über das Werk des holländischen Künstlers Bas Jan Ader (1942-1975) zu erfahren, denn die Dokumentation von Rene Daalder präsentiert sich zur Hälfte eher als selbstverliebte Eigendarstellung, die darin gipfelt, dass er die von ihm konzipierte Ausstellung "Gravity Art" von 2008 in Los Angeles zeitaufwändig vorstellt. Daalder selbst ist ordentlich präsent mit seiner Arbeit als Regisseur und Special-Effect-Experte und begeistert zieht er eine Parallele zwischen sich und Ader: als der Holländer in Los Angeles mit großer Liebe zum Meer und nicht minder großer Traurigkeit über den Verlust von Heimat.

Als Hauptthema von Ader gilt die "Schwerkraft". Kunsthistorisch unangefochten gilt seine Vorbildfunktion für Künstler wie Rosa Barba, Fiona Tan, Marco Schuler oder Shahryar Nashat. Aders Biografie provoziert jedoch die Kunstgeschichte zu romantischen Mutmaßungen: Seine Eltern versteckten im zweiten Weltkrieg jüdische Nachbarn und Flüchtlinge, die an ihre Tür klopften in der Hoffnung auf ein Versteck. Der Vater wurde deportiert und ermordet. Dieses Erlebnis sollte Aders Wunsch nach künstlerischer Verarbeitung begründen. Bas Jan Ader selbst kam 1975 ums Leben, von einer Atlantiküberquerung kehrte er nicht mehr zurück, und hinterließ ein relativ kleines Werk an Installationen und gefilmten Performances, die den Künstler und sein Werk nicht mehr voneinander trennen. Hinzu kommt noch ein Faktor, der in der medialen Welt schon immer nicht unerheblich war: Ader sah einfach verdammt gut aus!

Der Humor und die Zärtlichkeit gehen bei Ader nicht verloren, wenn man sich seine nervenaufreibenden Arbeiten anschaut:
Da radelt er optimistisch eine Gracht entlang, um dann das Fahrrad ungebremst ins Wasser zu lenken, fällt vom Dach eines Hauses, hält in der Nacht einen Leuchtkörper in den Armen und versucht das Gleichgewicht zu verlieren, bis er endlich hinfällt und die Lampe zerbirst. Es geht um den Moment des Loslassens, der nicht provoziert werden, sondern ihn selbst und den Betrachter überrollen soll, als unvermeidbares Geschehen im Leben. Seine berühmte Performance "I'm too sad to tell you" erzeugte 1975 große Entrüstung in Holland. Ader befand sich zuvor, Ende der 1960er Jahre, als Austauschstudent in Washington, hatte die Möglichkeit an einer Ausstellung holländischer aktueller Künstler teilzunehmen, die zufälligerweise von Jacqueline Kennedy besucht wurde und diese war von seinen Gemälden begeistert. Der junge Mann kehrte heim, ordentlich gefeiert in den USA, aber mit journalistischen Fußtritten versehen in der heimischen holländischen Presse, die Ader als einen weinerlichen, verweichlichten Holländer beschimpfte. In "I'm too sad to tell you" sieht man ihn schluchzend in einer halbnahen Kameraeinstellung, den Blick zu Boden gerichtet. Der zweideutige englische Titel überläßt dem Zuschauer die persönliche Interpretation und Ader machte sich wieder auf den Weg nach Kalifornien, diesmal um dort zu bleiben.

Daalder spricht also mit Freunden und Künstlerkollegen, frühere Nachbarn geben kurze Kommentare ab und auch der Bruder ist präsent. Die Interviews sind unbefriedigend: wenn jemand verbal in Fahrt kommt unterbricht Daalder, um eigene Kommentare einzubauen. Da macht er auch vor der Ehefrau Aders keinen Halt, welche ihm das grandiose Originalmaterial zur Verfügung gestellt hatte. Es gibt aber hingegen kleine, ungeplante Momente, die als kitzelige Störfaktoren dieser Biografie ihre Spannung geben. Was hätte dieser Film alles sein können! Wie gesagt, die zweite Disc zeigt sieben komplette Filme und kleine Szenen, die meisten wurden gefilmt von Ger van Elk, der später selbst zu einem wichtigen Vertreter der holländischen Kunstszene geworden ist.

DVD.
Die zweite Disc ist die wahrlich Spannende: Sie zeigt sieben komplette Filme von Ader, dazu filmisch festgehaltene kurze Performances, die meisten wurden gefilmt von Ger van Elk, der später selbst zu einem wichtigen Vertreter der holländischen Kunstszene geworden ist. Als Bonus ein Interview von Daalder zur Ausstellungseröffnung mitsamt der allzu dankbaren Witwe von Bas Jan Ader, etwas ärgerlich insofern, da sich dies Interview als Werbeveranstaltung zur Ausstellung entpuppt, denn die von Daalder versammelten Künstler werden ebenfalls kurz vorgestellt.











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