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KAPITELWAHL

MARQUIS (Frankreich 1989)

von Rajko Burchardt

Original Titel. MARQUIS
Laufzeit in Minuten. 80

Regie. HENRI XHONNEUX
Drehbuch. HENRI XHONNEUX . ROLAND TOPOR
Musik. REINHARDT WAGNER
Kamera. ÉTIENNE FAUDUET
Schnitt. CHANTAL HYMANS
Darsteller. FRANCOIS MARTHOURET . VALÉRIE KLING . MICHAEL ROBIN . ISABELLE WOLFE u.a.

Review Datum. 2008-12-06
Erscheinungsdatum. 2008-10-02
Vertrieb. BILDSTÖRUNG

Bildformat. 1.66:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 2.0) . FRANZÖSISCH (DD 2.0)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Nach zahllosen filmischen Annäherungsversuchen vor allem europäischer Regisseure, entwarfen Regisseur Henri Xhonneux und mit ihm Grafiker und Autor Roland Topor die eigentümlichen Umstände der pornographisch-philosophischen Knastschriften des Marquis de Sade 1989 schließlich als surreale Fabel neu. Die mit Tiermasken und anderweitigen Körper-Props ausgestatteten Darsteller staksen und tapsen dabei in Studio-Dekors herum und stellen die mutmaßlich konspirative Leidensgeschichte des Autors de Sade als absurdes Bauerntheater nach. In hohen Mauern eingekeckert, versucht dieser seinen gedanklichen Widerspruch zwischen Gier und Gepflogenheit auszutragen, derweil außerhalb revolutionäre Strömungen den Sturz der Bastille vorbereiten.

MARQUIS ist satirisches, bissiges, manchmal gar böswilliges Puppenspiel für Erwachsene, ein obskurer Misch aus "Animal Farm" und intellektuellem Exploitationfilm. De Sade, der Hund, erscheint bei Xhonneux und Topor als einsamer lüsterner Philosoph, der im ständigen verbalen Austausch mit seinem erigierten XL-Schwanz sinniert und im Lustwahn auch mal in die Löcher seines Zimmergemäuers fickt, was seinem Kameraden unterhalb der Gürtellinie allerdings diverse Blessuren einbringt. Als besonders treffend erweist sich das künstlerische Konzept der beiden Autoren dann, wenn sich die eloquenten Tiere im Gefängnis ihren sodomitischen Sex- und Folterfantasien hingeben. Solch komisch gemeinte und tricktechnisch noch komischer umgesetzte Momente sind, besonders in Form der mit Knetfiguren animierten Zwischensequenzen, jedoch leider ein wenig rar gesät. Der Film zielt eher auf die manierierten Bequemlichkeiten des Adels und der Kirche (der König ist hier ein intriganter geiler Gockel, der Priester ein verlogenes Kamel) und deren tüchtiger Doppelmoral ab, über die er sich – mehr oder weniger gesellschaftskritisch – genüsslich amüsiert. MARQUIS ist dabei manches Mal nicht allzu weit entfernt von den barocken Sinnesrauschen Fellinis, wirkt bei aller amüsanten Leichtigkeit aber auch nicht selten unnötig verkopft.

DVD.
Die erste Veröffentlichung des jungen und nicht gerade untendenziösen Labels Bildstörung scheint rundum geglückt. Die Doppel-DVD ist randvoll mit Extras gefüllt, darunter haufenweise Behind the Scenes-Material, das u.a. per Angle-Funktion während des Films abgerufen werden kann, und dürfte die bislang beste Heimkino-Umsetzung des Films bilden. Das Bild überzeugt im anamorphen Originalformat, und wie bereits auf der französischen DVD finden sich hier die überraschend gelungene deutsche Synchronisation und der französische Original-Track, die beide gut verständlich in Stereo abgemischt wurden (lobenswert auch die optionalen deutschen Untertitel). Im Schuber und mit Essay-Booklet zudem ansprechend präsentiert, ist das zweifellos ein bemerkenswerter Label-Einstand, mit dem sich Bildstörung auch in Hinblick auf ihre weiteren Titel offenbar an den verlässlichen Film-Bildungsbürger richtet.








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