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KAPITELWAHL

LA MORT EN DIRECT (Frankreich/Deutschland/Großbritannien 1980)

von Björn Eichstädt

Original Titel. LA MORT EN DIRECT
Laufzeit in Minuten. 128

Regie. BERTRAND TAVERNIER
Drehbuch. DAVID RAYFIEL . BERTRAND TAVERNIER
Musik. ANTOINE DUHAMEL
Kamera. PIERRE WILLIAM GLENN
Schnitt. MICHAEL ELLIS . ARMAND PSENNY
Darsteller. ROMY SCHNEIDER . HARVEY KEITEL . HARRY DEAN STANTON . MAX VON SYDOW u.a.

Review Datum. 2007-06-11
Erscheinungsdatum. 2003-02-04
Vertrieb. STUDIO CANAL

Bildformat. 2.35:1 (anamorph)
Tonformat. FRANZÖSISCH (DD 2.0) . ENGLISCH (DD 2.0)
Untertitel. FRANZÖSISCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Im Reality-TV wird gelogen und betrogen. Das wissen wir nicht erst seit den Bild-Enthüllungen über nachgestellte Szenen beim Deutschland-sucht-den-Superstar-Casting. Dass die Mechanismen der kommenden, vorgegaukelten Fernseh-Realität jedoch bereits im Jahr 1980 offensichtlich waren, wo man doch noch von einer fiktiven Zukunft sprechen musste, das ist allerdings überraschend. Und dass ein Film wie LA MORT EN DIRECT, der sich mit genau diesem Thema befasst, noch kein Revival erlebt hat, verwundert um so mehr. Vor allem, weil der Science-Fiction-Streifen nicht nur mit einem brandaktuellen Thema daher kommt, sondern auch mit einer All-Star-Crew, die es in sich hat.

Die Fernsehindustrie der Zukunft ist korrupt, der Einzelne dem Treiben der Sender und Produzenten schutzlos ausgeliefert. So führt die Geschichte von LA MORT EN DIRECT zwei Opfer zusammen: Katherine (Romy Schneider), scheinbar totkrank, und Roddy (Harvey Keitel), der sich für einen Fernsehsender Kameras in die Netzhaut implantieren lässt, um als dokumentierendes Auge der Sendung DEATH WATCH (so auch der englische Titel von LA MORT EN DIRECT) das langsame Sterben ganz normaler Menschen zu verfolgen. "Der Tod ist die neue Pornografie", sagt der skrupellose Produzent an einer Stelle des Films, eine Diskussion die wir im Jahr 2007 mehr als gut kennen. Denn was der Rezipient des fast 30 Jahre alten Films hier sieht, das ist heute eine alte Diskussion, eine die uns lehrt, dass wir die Echtheit des Lebens häufig nur noch als medial vermittelte Bilderflut akzeptieren können. Nicht das direkt Erlebte ist die Wahrheit - nein, nur das was das Fernsehen uns erzählt, können wir als real begreifen. Im 21. Jahrhundert haben wir den Kampf gegen diese Erkenntnis längst aufgegeben, doch Roddy und Katherine, die sich im Lauf des Films immer näher kommen, sind einer anderen Zeit entsprungen, einer Ära, die noch positive Visionen für eine moralisch hochwertigere mediale Zukunft bereit hielt.

Das Interessante an LA MORT EN DIRECT ist deshalb vor allem der Vergleich der 27 Jahre alten Vision und der gegenwärtigen Medienwelt. Als Roddy, wie Jahre zuvor Ray Milland in X- THE MAN WITH THE X-RAY EYES, seine Rolle als lebende Kamera nicht mehr ertragen, als er dem schrecklichen Treiben trotz des zu erwartenden Geldsegens eine Ende bereiten will, da wissen wir, dass wir ein veraltetes Menschenbild präsentiert bekommen. Eines, das noch nicht mit den Vorstellungen nach dem Sieg des Kapitalismus abgeglichen wurde. Verklärte und romantisierte Vorstellungen aus der Vergangenheit strahlen uns vom Bildschirm entgegen. Aus einer Welt, die nicht mehr die unsere ist.

Alle Grundvoraussetzungen für einen wirklich hervorragenden Film, einen gehobenen Schatz aus der Mottenkiste der Filmgeschichte, sind also gegeben. Doch trotz hervorragender Schauspieler und einem mehr als interessanten Plot, der heute aktueller denn je ist, funktioniert LA MORT EN DIRECT nur bedingt. Das liegt vor allem an Bertrand Taverniers Inszenierung, die mehr als einmal reichlich schlafmützig daher kommt. Die 128 Minuten ziehen sich teilweise wie Kaugummi, und das, obwohl viele der Längen für die Entwicklung der Charaktere wirklich nicht nötig gewesen wären. Anderthalb Stunden wären mit Sicherheit genug gewesen, und erst in der letzten halben Stunde nimmt der Film die Fahrt auf, die ihm durchgängig gut getan hätte. Ein vergessenes Highlight des europäischen Films ist LA MORT EN DIRECT also leider nicht. Ein interessanter Versuch über das Fernsehen der damaligen Zukunft, der zwischendurch gescheitert und trotzdem teilweise sehenswert ist, allerdings schon.

DVD.
Die französische DVD, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, kommt mit gutem Ton und erträglichem Bild daher. Lediglich einige Nachzieheffekte, die vor allem im Vorspann ein seltsames gelbes Flimmern mit sich bringen, stören den ungetrübten Filmgenuss.

Als Bonusmaterial findet der Fan auf der DVD ein Interview mit Bertrand Tavernier, ein altes Making-of aus der Zeit der Kinoveröffentlichung des Films und Filmografien des Regisseurs und seiner Darsteller. Das alles ist leider nur auf Französisch verfügbar. Wer der Sprache nicht hundertprozentig mächtig ist, der schaut hier leider in die Röhre. Nur von den Filmstills hat auch der Nichtfranzose schließlich etwas. Die kommen in feinem Schwarzweiß daher - auch das als Erinnerung an eine vergangene Zeit.











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