|
FILM.
DURCH DIE NACHT MIT..., die zweite Staffel. Und gleich die erste DVD vereint zwei Ausnahmefolgen, die kaum verschiedener sein könnten und doch jede für sich eindrucksvoll den Reiz dieses einzigartigen und zu Recht ausgezeichneten Formats deutlich machen.
In der ersten Folge trifft das ewige "Enfant terrible" Christoph Schlingensief auf "Stardirigent" Christian Thielemann. Ein freudig aufgeregter, munter scherzender Schlingensief begrüsst zu Beginn den ganz leger in Jeans und Turnschuhen auflaufenden Thielemann. Sofort sind die beiden im Gespräch über Ordnungsliebe und Selbstwahrnehmung und von da an nicht mehr zu halten. Mit spitzbübischem Charme plaudern und albern sich die beiden durchs nächtliche Berlin, als würden sie sich seit Jahren kennen, schauen in der Alten Nationalgalerie vorbei, schmelzen bei Künstlerin Evelin dahin und lassen sich selbst und dem Zuschauer kaum Zeit zum Durchatmen. Lediglich das letzte Segment, der Besuch beim Kakerlakenrennen, aus dem Thielemann sich irgendwann mit den entschiedenen Worten "Das is mir zu laut hier!" verabschiedet, ist etwas zu lang geraten – was jedoch, wie Regisseurin Edda Baumann-von Broen im Booklet darlegt, darauf zurückzuführen ist, dass Arte anfangs 90-minütige Folgen haben wollte.
Eine angenehm und adäquat leichthändig inszenierte Episode aus den Pioniertagen der Reihe, die das inspirierte Chaos, das von den beiden Protagonisten ausgeht, auf sympathischste Weise spürbar macht. Fabelhaft.
Und dann die zweite Folge. Dieter Meier und Bryan Ferry in Zürich. Eine ungleich komplexere Begegnung, deren Dynamik im hervorragenden Begleittext erläutert wird. Ohne das Wissen um diese Hintergründe stellt sich gerade zu Beginn der Episode allerdings manchmal das Gefühl ein, ein etwas altersgeschwätzig wirkender Meier zerre an Ferrys Nerven, der mehr als einmal recht verloren wirkt. Es kommt gar zu einigen wahrhaft peinlichen Momenten, wenn z.B. Meier Ferry in einem Restaurant an der Gitarre ein selbstgeschriebenes Lied vorträgt, während der sichtlich um Fassung ringt. An einer anderen Stelle besuchen die beiden eine Schicki-Boutique, in der Ferrys Abneigung dem Geschehen gegenüber geradezu räumlich sichtbar wird – besonders, als ihn die grässliche Besitzerin ebenjener Boutique dazu animieren will, einen nicht minder grässlichen Hut aufzusetzen. Ferry lehnt, einige Schritte zurückweichend, höflich aber bestimmt ab. Aber auch wenn Meier in seinem Bemühen um Ferry vielleicht gelegentlich übers Ziel hinausschiesst, so ist er doch klug genug, das auch zu erkennen und entsprechend zu ironisieren. Was wiederum Ferry zu honorieren weiss.
Und so hat man zwar nie das Gefühl, dass die beiden richtig zueinander finden, wird jedoch stattdessen Zeuge einer etwas holprigen Annäherung zweier grundverschiedener, faszinierender Persönlichkeiten. Der Verdienst des mit grossem Taktgefühl inszenierten Films ist es, dass er sich nicht scheut, die eigentümliche Distanz zwischen den beiden ins Bild zu setzen und den Blick des öfteren bewusst auf den ruhigen Ferry lenkt, ohne zu starren. Darüberhinaus beschenkt uns diese Folge dann auch noch mit einer der schönsten und wehmütigsten Schlussszenen der Reihe. Grosses Fernsehen.
Gerade bei dieser Folge allerdings unverzeihlich, dass die deutschen Untertitel die ein oder andere sanft-sarkastische Spitze von Ferry schlicht ignorieren und somit den Eindruck, den der nicht des Englischen mächtige Zuschauer von Ferry bekommen muss, unvorteilhaft verzerren.
DVD.
Wie üblich kommt die DVD im minimalistisch-schicken Digipak mit ebenso schickem und vor allem informativen Booklet - hier finden sich begleitende Texte der RegisseurInnen sowie Bio- und Diskographien der Protagonisten. Technisch gibt es nichts gravierendes zu bemäkeln. Zur Meier/Ferry-Episode gibt es einen Audiokommentar, der durchaus unterhält und munter zwischen Anekdoten vom Dreh und technischer Fachsimpelei hin- und herspringt - allerdings finden sich nahezu alle wirklich interessanten Anekdoten und Bemerkungen zu den Umständen des Drehs auch im Begleittext wieder. Darüberhinaus für alle Fans der Serie sicher ein nettes Extra: Komplette Tracklistings zu den einzelnen Folgen.
|
|
|