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KAPITELWAHL

MEATBALL MACHINE (Japan 2005)

von Björn Eichstädt

Original Titel. MITOBORO MASHIN
Laufzeit in Minuten. 90

Regie. YUDAI YAMAGUCHI . JUNICHI YAMAMOTO
Drehbuch. JUNYA KATO
Musik. nicht bekannt
Kamera. SHINJI KUGIMIYA . SHUNJI MOMOSE
Schnitt. nicht bekannt
Darsteller. ISSEI TAKAHASHI . AOBA KAWAI . KENICHI KAWASAKI . SHOICHIRO MASUMOTO u.a.

Review Datum. 2007-04-04
Erscheinungsdatum. 2006-10-27
Vertrieb. SPLENDID/ASIAN FILM NETWORK

Bildformat. 1.78:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 2.0) . JAPANISCH (DD 2.0)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Eigentlich habe ich eine Schlachtplatte erwartet. Mit Blutsoße und Gehacktem im Überfluss sowie einem Gewitter der Bilder, einer Hommage an den Cyberpunkt der späten 80er. Die jedenfalls erwartet man nach der Lektüre so ziemlich jeder Kritik, die bisher über MEATBALL MACHINE veröffentlicht wurde. Und dann kommt mal wieder alles anders, dreht sich ein Film, der zuerst aussieht wie eine Mischung aus Tsukamotos TETSUO und Sogo Ishiis ELECTRIC DRAGON 80.000 V, der scheinbar den blutigen Kampf der Necroborgs (nicht Neoborgs, wie der Klappentexter meint - das wäre in etwa das genaue Gegenteil) in splatternden Bildern beschreibt, in eine vollkommen andere Richtung.

Was sich vor den emotional geöffneten Scheunentoren des Betrachters entrollt, das ist vor allem eine ganz menschliche Geschichte, die sich zart zwischen die blutigen Bilder schiebt, die hinter all dem Kämpfen und Killen die verletzten Seelen zeigt, die sich inmitten der tristen Industrielandschaften Japans nicht auf einen Fluchtpunkt in der Zweisamkeit einlassen können. Denn nur wer zu verletzt für die Liebe ist, wer im Innersten angreifbar scheint, der kann von einem monströsen Erreger in einen Necroborg verwandelt werden, eine rüstungs- und waffenstrotzende Hülle, deren Kern bereits verstorben scheint. Yoji und Sachiko geht das so, denn - auch das verrät der Film - sie sind gefangen in der Unsicherheit der Hikikomoris, der begabten und sensiblen Außenseiter der japanischen Gesellschaft, die nicht mehr mitkönnen im Konformismus der sozialen Hierarchien und doppelgesichtigen Handlungen.

MEATBALL MACHINE beschreibt also eine Auseinandersetzung, die vor allem den Kampf zu-, nicht gegeneinander, thematisiert, die auch um die Frage des Verlustes realer Sexualität in einer virtualisierten Masturbationsgesellschaft kreist. Doch auch andere mögliche Lesarten drängen sich immer wieder auf: Der Kampf des Kindes gegen das Erwachsenwerden, der Frau gegen die patriarchalische Gesellschaft, der Japaner gegen die Globalisierung oder des Künstlers gegen den kapitalistischen Materialismus. Vergleiche mit Cronenbergs SHIVERS kommen einem in den Sinn; auch die Gewaltätigkeiten der Produktionsgesellschaften stehen am Pranger. Eine eindeutige Interpretation bleibt nach einmaligem Genuss nicht zurück, doch - und das ist die eigentliche Überraschung dieses außergewöhnlichen Filmes - gerade das ist eine Stärke, kreisen die Gedanken doch noch lange um mögliche Interpretationen und die Tragik der japanischen Menschen.

DVD.
Die DVD bietet dem Rezipienten außer dem Hauptfilm leider rein gar nichts. Dabei wären hier einige Extras mit Sicherheit angebracht gewesen, Hintergründe zum Dreh oder weitergehende Informationen zur japanischen Gesellschaft würden bei der genaueren Analyse wohl helfen. Doch vielleicht sollte man sich einfach freuen, dass AFN dieses Juwel überhaupt auf einen Silberling gebannt und sogar in den Handel bekommen hat.

Bild und Ton kommen etwas zerfasert daher, doch das dürfte am Originalmaterial liegen, das mit Sicherheit keiner High-End-Qualität entspricht. Um diesen wirklich ungewöhnlichen Film genießen zu können, reichen beide Aspekte der DVD aber mehr als aus.








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