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FILM.
Basil Rathbone und Nigel Bruce waren wohl das erste Paar, dass mit dem berühmten Duo Sherlock Holmes und Dr. Watson identifiziert wurde und das obwohl Rathbone zuvor in erster Linie auf Schurkenrollen festgelegt war. Neben ihren 14 Holmes-Spielfilmen verkörperten sie die Rolle auch in mehreren 100 Radiohörspielen.
Bruce setzte Standards mit seiner Verkörperung als leicht begriffsstutziger Sidekick. Der passive Chronist der Vorlage gäbe auch kaum eine geeignete Filmrolle ab, sodass in früheren Adaptionen meist auf die Person komplett verzichtetet wurde. Von nun an hielt man sich oft, nicht gerade zum Gaudium der Puristen, an die hier vorgegebene Konstellation oder verkehrte sie parodistisch (WITHOUT A CLUE) ins Gegenteil. Bruce gibt unter dieser Vorgabe vor allem vokal den perfekten Watson, Rathbone klingt überraschend in deutscher Synchronisation noch etwas besser. Dennoch gibt er, die vielen Fans von Jeremy Brett mögen diese Feststellung verzeihen, rein physiognomisch aber auch schauspielerisch den perfekten Holmes.
DER HUND VON BASKERVILLE ist der erste Holmesfilm mit dieser Paarung und, wie der folgende, von 20th Century Fox im Viktorianischen England der Vorlage angesiedelt. Obwohl (im Audiokommentar der vorliegenden DVD-Edition wird Zeitmangel als naheliegender Grund dafür angegeben) fast völlig auf Musik verzichtet wird und das Moor imposant aber irgendwie trocken wirkt, kommt wohlige in Gothic-Horror getränkte Atmosphäre auf. Der Hund bekommt anders als sonst keinerlei Aufputz, dafür sorgt eine düstere Seance-Szene für etwas übernatürlichen Touch.
Bei DIE ABENTEUER DES SHERLOCK HOLMES ist erstmals bei dieser Besetzung, nicht wirklich eine Vorlage von Doyle adaptiert worden. Stattdessen eröffnet Prof. Moriarty eine Art Katz-und-Mausspiel mit Holmes. Die Atmosphäre ist trotz der etwas simplen Story dicht wie der Nebel, der Handlungsverlauf bleibt nun in London, das ebenso stilsicher wie opulent im Studio aufgebaut wurde. Mit Ida Lupino hat man hier auch den prominentesten Gaststar der vier Filme, wenn auch noch am Beginn ihrer Karriere. Auch weil die Stimmung diesmal mit mehr Musik verstärkt wird ist dieser Film sogar noch ein wenig besser als der HUND.
Drei Jahre nach den beiden Fox-Filmen griff Universal auf die bewährte Besetzung für ihre Holmes-Reihe zurück. Was heute gewöhnungsbedürftig scheint, damals aber ein durchwegs üblicher Weg war: das Setting wurde aus der Viktorianischen Zeit ins gegenwärtige London verlegt, man lässt Holmes gegen Nazis kämpfen. Fast alle Verfilmungen bis dahin waren "modern". Die Erstverfilmung des HUNDES, ein deutscher Stummfilm von 1914 fügte gar einen Hauch Science Fiction ein. Holmes und Watson kommunizierten hier über mit Dioden besetzten Schaltbrettern, also quasi per eMail. Im 2. Teil dieser von Richard Oswald geschriebenen Reihe benutzte Holmes gar eine Art Handy.
Heute nimmt man es als selbstverständlich an, dass JAMES BOND, eine Figur des Kalten Krieges und wohl insbesondere der 1960er Jahre, permanent der Zeit angepasst wird. Während die Modernisierung zunächst kontinuierlich verlief, einer Comicfigur gleich, die über Jahrzehnte nie altert, wurde beim aktuellen CASINO ROYAL gar der erste von Flemings Romanen in die Gegenwart verlegt und somit ein Neustart des Franchise im 21 Jahrhundert initiiert. Eine vergleichbare Akzeptanz Modernisierungen gegenüber hatte man damals wohl bei Holmes und vielleicht wäre die Sache auch heute beim großen Detektiv nicht anders, hätten nicht gerade Rathbone und Bruce bei Fox hier Standards gesetzt.
Auch wenn man sich davon nicht beinflussen lässt können die beiden ersten Universalfilme nicht mit den ersten beiden mithalten. Am mangelnden Nebel liegt es nicht, der ist gelegentlich sogar noch dichter. (Die Maschinen "blasen" ihn allerdings auch ab und zu etwas zu stark, bringen zuviel Bewegung in die Erbsensuppe.) Vor allem DIE STIMME DES TERRORS leidet aber unter einem dümmlichen Drehbuch bei dem der größte Ermittlungserfolg durch die Motivierung eines Informantennetzes geliefert wird, ohne dass Holmes dadurch wirklich brilliert. Auch DIE GEHEIMWAFFE legt mehr Wert auf Action, kann aber den Vorgänger deutlich überflügeln. Das beginnt schon bei der Exposition des Films, die (obwohl wie damals üblich nach dem Vorspann) ein klein wenig an die Präsequenzen in Bondfilmen (sic) erinnert. Und es steigert sich wenn einmal mehr Prof. Moriarty auftaucht. Lionel Atwill, der bereits im HUND eine Rolle hatte, kom! mt an George Zuccos Darstellung in den ABENTEUERN nicht ganz heran, unterhaltsam bleibt der Film dennoch. Selbstverständlich fahren beide Filme neue Geschichten auf, in Details finden sich aber doch Motive von Doyle. Bei der STIMME bleibt dies nur für absolute Holmes-Experten nachvollziehbar, deutlich prominenter die tanzenden Männchen in der GEHEIMWAFFE. Auch wenn die Fox-Filme sicher die Prunkstücke dieser Veröffentlichung sind, unterhalten auch die Universal-Streifen ganz gut. Zudem sind sie schon aus historischen Gründen als Beispiele von Kriegspropaganda von zusätzlicher Interesse.
DVD.
Das Bild ist einwandfrei zu nennen. Offenbar wurden von den Filmen neue nasskopierte Kopien gezogen, die auch in die Abtastung zur Ziehung der DVD-Masters gelangten. Gewiss sieht man mitunter Kratzer, aber in so geringen Maßen, dass manch Film aus den 80ern auf die hier verfügbare Quelle neidisch werden könnte. Selbst die Enden der Filmrollen sind nur wegen Überblendzeichen klar erkennbar, die Schrammen nehmen in dem Bereich nur unmerklich zu.
Der Originalton ist mitunter etwas dumpf, störend vor allem gegen Ende von den ABENTEUERN, dafür hat man sich beim HUND etwas besonderes einfallen lassen. Neben der Original- (Untertitel optional) stehen hier gleich zwei Synchronfassungen zur Verfügung: Eine 1984 für das Fernsehen der DDR erstellte und eine von 1992 fürs ZDF. Erstere erlaubt sich mitunter kleine Ergänzungen, die sich aber gut ins Charakterbild der Personen fügen, letztere ist etwas genauer.
An Extras gibt es dazu noch zwei englische Audiokommentare zu den Fox-Filmen, freilich nicht mit in die Produktionen involvierten Personen. Der Kommentar vom HUND ist nichtsdestoweniger wirklich empfehlenswert. Hier spricht ein ausgewiesener Holmes-Experte, Herausgeber einer Zeitschrift zum Thema und Autor einschlägiger Publikationen. Er findet eine ausgewogene Mischung aus Info zu den Produktionsbedingungen, Vergleiche mit der literarischen Vorlage und anderen Verfilmungen und Filmanalyse.
Weit weniger gelungen das Kommentar von den ABENTEUERN. Schon der monoton schwafelnde Tonfall geht einen schnell auf die Nerven. Weit entspannter gelangt man an die Information daraus, schaut man sich den Film ohne Audiokommentar an und blendet stattdessen die Untertitel ein. So interessant wie beim HUND wird das dadurch aber auch nicht. Die meiste Zeit wird hier mit dem Runterratschen von Filmographien zugebracht. Die kleinen Plotlöcher, die auf Kürzungen des Drehbuchs beruhen, schließt auch das bei Koch wieder mal wirklich hervorragende Booklet. Und das Gros an sonstigen relevanten Bemerkungen kennt man bereits vom HUND.
Auf jeder DVD befindet sich zudem eine Bildergalerie mit Aushangsphotos und Plakaten, bei den Fox-Produktionen umfangreicher, bei jenen von Universal nur mit je einer Handvoll Bildern. Rein quantitativ mag das nicht viel sein, für eine klare Empfehlung dieser runden und rundum gelungenen Veröffentlichung reicht es aber leicht.
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