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FILM.
Vielleicht haben manche von euch ja schon mal den Trailer von IMMORTAL gesehen. Woran lässt der Euch denken? An einen STARGATE-Klon, wegen der Pyramide? Oder aufgrund der fliegenden Autos doch eher an Bessons 5TH ELEMENT? – Jedenfalls sieht das ganze nach einem Spielfilm mit massig computergenerierten Spezialeffekten aus. Diese Einschätzung ist jedoch ebenso falsch wie richtig...
Im Falle dieses Films wurden nämlich nicht bloß viele, sondern praktisch alle Szenen vor einem Greenscreen gedreht. Mit Ausnahme einiger weniger Sets (Badezimmer, ein Teil des Bahnsteigs und ein Flugauto) stammen somit sämtliche Kulissen aus dem PC. Allerdings –und jetzt wird's wirklich wüst– wurden auch etliche der Charaktere computergeneriert bzw. im Motion Capture-Verfahren "eingespielt", was IMMORTAL zu so einer Art "FINAL FANTASY mit ein paar echten Schauspielern" macht.
Auch der auf inhaltlicher Ebene zunächst gewiss vorhandene Eindruck, Regisseur Enki Bilal würde sich ungeniert bei den Motiven von etlichen erfolgreichen Science Fiction-Filmen der letzten 15 Jahre bedienen, kann einer eingehenderen Betrachtung nicht standhalten, da IMMORTAL lose auf zwei Geschichten der von Bilal selbst ersonnenen NIKOPOL-TRILOGIE basiert. Und indem die Entstehung dieser Comics auf die Jahre 1981 bis 1992 zurückdatiert müssen sich eher die eingangs bereits erwähnten Filme die unangenehme Frage nach dem Ursprung der in ihnen verwendeten Motive stellen lassen.
Doch genug davon – worum geht es eigentlich?
Im Jahr 2095 ist die Welt zu einer Art kommerzieller Medizin-Diktatur verkommen. Plastische Chirurgie und Genmanipulation sind so alltäglich, wie sich einen Hustensaft verschreiben zu lassen und dementsprechend groß ist auch der politische Einfluss des Monopolisten Eugenics, der unter dem Schutz der Machthaber nicht nur so nebenbei einfach mal Leute "verschwinden lassen" kann, sondern von Politkern sogar gezielt dazu genutzt wird.
Da taucht plötzlich eine schwebende Pyramide am Himmel über New York auf. An Bord befindet sich unter anderem der Falkengott Horus, der nach einer Revolte einiger anderer Götter innerhalb von sieben Tagen einen Nachkommen zeugen muss, um seine Unsterblichkeit nicht zu verlieren. Die auserwählte Partnerin dafür ist Jill (Hardy), eine attraktive Außerirdische mit blauen Haaren, die gerade eine illegale Verwandlung zur Menschenfrau durchmacht, um auf der Erde ihr Dasein fristen zu können.
Vorher benötigt Horus jedoch auch einen (männlichen) menschlichen Wirt, den er schließlich in Nikopol (Kretschmann) findet. Im Zuge eines Unfalls gerade aus 30-jähriger Kryohaft befreit, in die er von Senator Allgood für seine Kritik am System gesteckt wurde, droht Nikopol zu sterben, wird aber von Horus gerettet und im Gegenzug dazu genötigt, dem Gott als fleischliche Hülle für dessen bevorstehende Aufgabe zu dienen.
Sich anfänglich gegen ihr Schicksal wehrend, entdecken die beiden Figuren in Horus' Spiel bald auch ihre Zuneigung zueinander. Doch schon sind auch gedungene Killer unterwegs zu Nikopol, die Allgood auf seinen subversiv denkenden Erzfeind angesetzt hat...
Obwohl -meiner bescheidenen Meinung nach- einige Aspekte der Geschichte mit dem beabsichtigten sozialkritischen Grundtenor nicht so recht vereinbar und zum Teil wirklich diskussionswürdig sind (mich verstört etwa die Tatsache, dass Jill bei den ersten Schwängerungsversuchen Horus' keineswegs freiwillig mitmacht und dies nicht wirklich konsequent thematisiert wird) bietet der Film kurzweilige Unterhaltung. Außerdem sieht er dankenswerter Weise davon ab, einige der ausgelutschtesten Klischees aus dem SciFi-Sektor zu bedienen. So ist hier die von Charlotte Rampling dargestellte Wissenschafterin Dr. Turner keine total durchgeknallte Forscherin und auch Horus selbst ist (bei aller Ambivalenz die ihm innewohnt) kein durch und durch böser Charakter, der die Welt oder gleich das Universum versklaven will. Ihm geht es rein nur um die Persistenz seiner unsterblich-göttlichen Natur, wofür er zwar auch über Leichen zu gehen bereits ist, seine Aktionen dienen aber nicht bloß dem Schaffen von Chaos. Stilistisch sei zu sagen, dass die Animation großteils als hochwertig zu bezeichnen ist, auch wenn manches etwas starr und hölzern wirkt – zum Beispiel wenn Horus sich von der Pyramide fallen lässt oder ein Polizist ins Wasser stürzt. Der überwiegend positive Eindruck ist zum Großteil der Verwendung der Motion Capture-Technologie (deren Potenzial den meisten durch Andy Serkis' Darstellung des Gollum im LORD OF THE RINGS geläufig sein dürfte) zu verdanken und auch die zumeist sehr realistisch anmutenden Texturen und Mappings verdienen in diesem Zusammenhang Lob.
Wer mit Animationsfilmen generell nichts anfangen kann sollte hiervon trotz der Anwesenheit einiger echter Schauspieler wohl besser die Finger lassen. Allen anderen können aber durchaus einmal einen Blick auf ein kurzweiliges SciFi-Abenteuer riskieren, zumal sich IMMORTAL in ansprechender Aufmachung und mit massig Bonusmaterial präsentiert.
DVD.
Auf der ersten DVD der mir vorliegenden 2-Disc-Edition (die übrigens in einem extrem schicken Digipack daherkommt) sind der Hauptfilm und eine handvoll Trailer anderer Titel aus dem Sunfilm-Programm enthalten. Das Bild präsentiert sich ebenso wie der Ton als ausgezeichnet. Außerdem kann man sich diesen Film auch ohne große Erlebniseinbußen in der Synchro ansehen, da IMMORTAL eine vorwiegend französische Produktion ist, jedoch auf Englisch gedreht wurde. Daraus resultierend hat die Originalversion hier keinen so ausgeprägten Authentizitätsvorteil gegenüber der Synchronisation. Außerdem ist die Sprache der ägyptischen Götter in der deutschen Version ebenfalls übersetzt, was das Verständnis der Vorgänge ungemein erleichtert.
Disc zwei ist mit einer Menge zum Teil sehr interessanter Extras vollgepackt. So finden sich neben dem Trailer und zwei Teasern ein etwa halbstündiges Making Of zum Film und ein ähnlich langes, welches sich rein auf sie Spezialeffekte konzentriert, ein viertelstündiges Interview mit Thomas Kretschmann, ein Besuch in Bilals Atelier, Publikumsdiskussionen mit dem Regisseur, etliche Tracks an unveröffentlichter Filmmusik und schließlich noch ein Zwiegespräch Enki Bilals mit Co-Autor Serge Lehman, das eine Laufzeit von 40 Minuten aufweist und sich als einziges Extra als ziemlich entbehrlich entpuppt. Die Interviews und Dokus sind allesamt französisch mit deutschen Untertiteln, mit Ausnahme des Kretschmann-Interviews, das naheliegenderweise auf Deutsch geführt wurde.
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