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FILM.
Belgien, schon immer ein Land mit einem enorm schlechten Ruf, weckt seit dem Fall Marc Dutroux unweigerlich sofortige Assoziationen zu Kindesmißbrauch und Justizfilz. Aus diesem Land kommt ein spannender und schneller Thriller, der sich - trotz seines Titels - um eben solche Grausamkeiten dreht. Zumindest vordergründig.
Profikiller Angelo Ledda, der seinen 60.Geburtstag wohl schon hinter sich hat, kommt für seinen neuen Auftrag nach Antwerpen. Als sich jedoch herausstellt, daß er ein kleines Mädchen meucheln soll, ist bei Ledda Sense. Er lehnt nicht nur den Mord ab, sondern wendet sich gegen seine Auftraggeber und kommt dabei einem Kinderpornoring auf die Spur. In derselben Sache ermitteln auch die zwei jungen Kommissare Vincke und Verstuyft, die sich allerdings bürokratischer Hindernisse und des immer dichteren Filzes einer Verschwörung erwehren müssen. Ledda nimmt ihnen die Arbeit auf eher unbürokratische Weise ab, hat aber ein erhebliches Problem: Seine Alzheimer-Erkrankung raubt ihm immer häufiger die Erinnerung...
Der Flame Jef Geeraerts ist ein in seiner Heimat sehr bekannter Autor, der sich mit recht hartgekochten Krimis rund um die Figuren Vincke und Verstuyft eine treue Fangemeinde erschlossen hat. Um die Verfilmung seines Buches "De Zaak Alzheimer" knackig und flott zu gestalten, wurden einige eher psychologisierende Elemente (zum Beispiel lange Verhörszenen) gekappt. So ist THE ALZHEIMER CASE auch tatsächlich knackig und flott geraten, läßt aber eben jene etwas tiefergehenden Momente vermissen. Auch das Thema Kindesmißbrauch ist eher Staffage und Rechtfertigung für das gesetzlose Wüten eines Killers, und die Alzheimer-Krankheit wird (wieder einmal) auf das reine Vergessen reduziert. Da aber Erik Van Looy auch gar nicht den Anspruch hatte, eine Anklage gegen den Staat oder gar das akkurate Bild eines Krankheitszustandes, sondern einen harten, großzügig budgetierten Thriller abzuliefern, fällt dies nicht so sehr ins Gewicht.
THE ALZHEIMER CASE ist gut gespielt und gekonnt inszeniert, auch wenn Van Looy es mit den Blaufiltern etwas übertreibt. Zentrum des Films ist die kraftvolle Vorstellung des gegen den Strich besetzten Jan Declair als Ledda - bei den Auftritten der Kommissare kommt hingegen, obwohl auch Koen De Bouw als Vincke sehr gut ist, gelegentlich ein sonntägliches "Tatort"-Gefühl auf. Ansonsten ein spannender Krimi, der sich keine Wehleidigkeiten leistet. Außerdem finde ich Hilde De Baerdemaeker, die die Polizistin Linda spielt, ziemlich heiß.
DVD.
Die DVD hat mich in Bild und besonders Ton überzeugt. Der Originalton liegt übrigens logischerweise in Flämisch und nicht, wie andernorts behauptet, in Niederländisch vor. Das Zusatzmaterial hat mich ebenfalls zufrieden gestellt. Die Klippe der international wenig verwertbaren Originalsprache wurde bei den "Behind the Scenes"-Aufnahmen wie auch beim Trailer durch simple Sprachlosigkeit umschifft. Wer sich für diese "Hinter den Kulissen"-Aufnahmen interessiert, wird mit recht gelungen gebauten Split Screen-Passagen verwöhnt. Die Texttafeln sind, wie so oft, wohl dem Pressematerial entnommen, aber ausnahmsweise allesamt sehr interessant und gut geschrieben. Besonders die Erklärungen von Van Looy gehen über das übliche Blabla hinaus. Gute Veröffentlichung eines guten Films, dessen Musik übrigens gerade für den europäischen Filmpreis nominiert wurde.
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