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ZIMMER 1408 (USA 2007)

von Hasko Baumann

Original Titel. 1408
Laufzeit in Minuten. 98

Regie. MIKAEL HAFSTROM
Drehbuch. MATT GREENBERG . SCOTT ALEXANDER
Musik. GABRIEL YARED
Kamera. BENOIT DELHOMME
Schnitt. PETER BOYLE
Darsteller. JOHN CUSACK . SAMUEL L. JACKSON . MARY MCCORMACK . TONY SHALHOUB u.a.

Review Datum. 2007-07-24
Kinostart Deutschland. 2007-09-14

Die Hände krallen sich in die Sitzlehnen. Unruhig schaukelt man hin und her und glotzt wahlweise gebannt und gelähmt auf die Leinwand. Was passiert als Nächstes? Wann wird man sich wieder so erschrecken wie gerade eben? Muß die mittlerweile liebgewonnene Hauptfigur am Ende noch mehr erleiden? Wenn es dann vorbei ist, geht man heim. Man schließt die Wohnungstür auf und blickt den langen dunklen Flur hinab. War da nicht ein Geräusch? Hat sich da nicht was bewegt? Wo ist eigentlich der Lichtschalter? Und was erlebt man da gerade eigentlich?

Man hat gerade einen richtig guten, intensiven, klugen Horrorfilm gesehen. Richtig - so fühlt sich das ja an. Schon fast vergessen.

"From the mind of Stephen King" oder "From the imagination of Stephen King" oder "From the master of horror" - wie oft haben wir das schon gehört, und viel wichtiger: Wie oft folgte dieser Ankündigung armseliges Gruselkino, das in keinster Weise das erzählerische Genie des Literaten aus Maine auf die Leinwand retten konnte. Ja, Stephen King ist ein Genie, zumindest manchmal; ganz sicher häufiger als jeder andere Genre-Schriftsteller. Es braucht gute Drehbuchautoren - in Gottes Namen nicht den Meister selbst - und vor allem gute Schauspieler, um die Feinheiten in Kings Stil zu erhalten. Und ZIMMER 1408 hat John Cusack.

Cusack spielt Mike Enslin, der seinen Lebensunterhalt mit dem Testen angeblich verfluchter Hotelzimmer verdient. Er verfaßt sozusagen den Guide Michelin für Spukhäuser. Bislang hat es da zwar die eine oder andere einigermaßen gruselige Übernachtung gegeben, aber gespukt hat es selbstverständlich noch nirgendwo. Eine Postkarte macht den desillusionierten Schriftsteller auf das "Dolphin"-Hotel in New York aufmerksam - ein traditionsreiches Stadthaus, so ganz anders als die Pensionen auf dem Land, die Enslin sonst aufsucht. Daß man nicht müde wird, ihm vom Besuch des sagenumwobenen Zimmers 1408 abzuraten, stachelt ihn erst so richtig an. "Niemand hat hier länger als eine Stunde ausgehalten", belehrt ihn Hotelmanager Olin (Samuel L. Jackson). Nichts könnte Enslin mehr motivieren. Als sich die Zimmertür hinter ihm schließt, beginnt ein entsetzlicher Alptraum - die Manifestation purer Angst.

Daß ZIMMER 1408 allen derzeitigen Mitstreitern im Horrorkino haushoch überlegen ist, wird schon klar, bevor der Horror losgeht. Die Dialogszene zwischen Cusack und Jackson - der sich nach Jahren des unerträglichen Geposes offenbar wieder als ernstzunehmender Schauspieler etablieren will - ist nicht nur pointiert geschrieben, sondern beantwortet alle Fragen, die man als Zuschauer bei einer Prämisse wie dieser so stellen kann. Hier wird von den Autoren noch Wert darauf gelegt, daß selbst eine übernatürliche Geschichte in sich wasserdicht ist. Nach diesem fast halbstündigen, großartigen Aufbau, der die Spannungsschrauben kräftig anzieht, trifft einen dieser Angstmacher um so heftiger. Und Mike Enslins Durchhalteversuch in Sachen Furcht erweist sich als erstaunlich gnadenloser Abstieg in die Hölle.

Extrem gut geschnitten, hervorragend vertont, mit exzellenter Kameraarbeit und von Mikael Hafstrom - nach DERAILED war von dem Mann eigentlich nichts mehr zu erwarten - fehlerlos inszeniert, ist dieser Film ein wahres Juwel. Natürlich liegt das zu großen Teilen auch an dem nicht genug zu preisenden John Cusack, der jede Szene des Films tragen muß und dies auch in grandioser Weise bewerkstelligt. Cusack hat die große Gabe, selbst in noch dem mainstreamigsten Umfeld wie ein Querkopf zu wirken - selbst wenn er, total unterfordert, durch romantische Komödien geistert, behält er sich das unaufgesetzt Schräge bei. Hier erhält er endlich einmal die Gelegenheit, die komplette Bandbreite seines Könnens abzurufen - von humorvoll bis zu Tode erschrocken, von rücksichtsloser Wut bis unendlicher Trauer. Man will den Mann nicht leiden sehen, und doch gestattet ZIMMER 1408 dem Zuschauer noch die Lust an der Quälerei, die zu einem Horrorfilm gehört. Bis das Böse in diesem fiesen Raum den Bogen überspannt.

Es ist ein Film, den man einst versonnen preisen wird, wie man es heute etwa bei LANDHAUS DER TOTEN SEELEN tut. Wo sich immer dümmere Folterfilmchen als Horror bezeichnen und um die Krone der Kino- und Videothekenkasse prügeln, indem sie sich gegenseitig die Blutwurst auf die Rübe hauen, zieht ZIMMER 1408 elegant vorbei und tritt all diesen Vollpfosten sanft, aber bestimmt in ihren Arsch.











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