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YOCHO (FOREBODING) (Japan 2017)

von André Becker

Original Titel. YOCHÔ: SANPO SURU SHINRYAKUSHA - GEKIJÔ-BAN
Laufzeit in Minuten. 140

Regie. KIYOSHI KUROSAWA
Drehbuch. KIYOSHI KUROSAWA . HIROSHI TAKAHASHI
Musik. YUSUKE HAYASHI
Kamera. AKIKO ASHIZAWA
Schnitt. KOICHI TAKAHASHI
Darsteller. KAHO . SHOTA SOMETANI . MASAHIRO HIGASHIDE . REN OSUGI u.a.

Review Datum. 2018-10-02
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Kiyoshi Kurosawas YOCHO (FOREBODING), der in diesem Jahr auf der Berlinale aufgeführt und anschließend u.a. bei der ehrwürdigen Nippon Connection in Frankfurt im Programm zu finden war, zeigt den Meisterregisseur (Auszeichnungen u.a. in Cannes) leider nicht auf der Höhe seines Schaffens. Die annähernd zweieinhalb Stunden Filmfassung seiner Miniserie lassen nur in sehr wenigen Momenten erahnen welch großer Visionär des japanischen Kinos eigentlich für die Regie verantwortlich war.

Japan wird von einer außerirdischen Invasion heimgesucht. Ziel ist die Unterjochung der Menschheit, die vor allem dadurch stattfindet, dass den Menschen auf perfide Weise ihre sozialen Konzepte (was sowohl konkrete Gefühle als auch das Verständnis von Formen des Zusammenlebens beinhaltet) geraubt werden. Die Außerirdischen, die für ihren Plan in Menschenkörper geschlüpft sind, agieren jedoch nicht alleine, sondern haben Helfer in der Bevölkerung, die sie bei ihren Raubzügen unterstützen. Einer dieser unglückseligen Helfer ist der medizinische Facharbeiter Shota (gespielt von Shota Sometani, bekannt aus Sion Sonos HIMIZU), der im Dienste des Chirurgen Makabe steht und ihm beständig neue Opfer beschaffen muss. Unerwarteterweise ist ausgerechnet Shotas Frau Etsuko dazu imstande die Angriffe der Invasoren abzuwehren. Mit allen Kräften versucht sie ihren Mann aus der unheilvollen Beziehung zu Makabe zu befreien. Koste es, was es wolle.

Kurosawa wählt hier einen sehr reduzierten Inszenierungsstil, der kaum Platz für Spannung oder sonstiges Entertainment schafft. Sein Film treibt vielmehr von Szene zu Szene. Dass die Außerirdischen ihren Opfern die Fähigkeit sozialen Handelns berauben und damit das Fundament ihres Menschseins entreißen ist als Ansatz zwar durchaus ungewöhnlich und spannend, wird vom Skript aber selten wirklich auserzählt. Wenn in einer Szene, eine Person keine Vorstellung mehr davon hat, was sie unter einem Terminus wie Familie zu verstehen hat, wird das zwar vom Regisseur gewohnt ungemütlich dargereicht. Eine tiefergreifende Auseinandersetzung, was dies wahrhaftig bedeutet und welche kulturellen Sphären diesbezüglich tangiert sind bleibt uns das Drehbuch aber schuldig. Und das gilt dann leider ebenfalls für viele andere Kontexte des Films. Selbst wenn hier lediglich ein Zusammenschnitt einer mehrstündigen Serie vorliegt und man wohl oder übel Abstriche machen muss, was die Thementiefe angeht, ist es nicht zu leugnen, dass Kurosawa die aufgeworfenen Fragen eher oberflächlich angeht. Und das der Film es nicht vermag seine dezenten Genre-Elemente in eine funktionierende Dramaturgie zu übersetzen ist ebenfalls nicht gerade förderlich für den Gesamteindruck der Produktion.

Im Schluss-Drittel konkretisiert Kurosawa zwar am Beispiel der Liebesbeziehung seiner beiden Hauptfiguren ein wenig ausführlicher was er für die Essenz unseres Menschseins hält, im Großen und Ganzen bleibt YOCHO (FOREBODING) auf der Ebene seiner Schlüsselmotive aber auf unbefriedigende Weise vage. Selbst bei den Figuren, eigentlich ein Routinejob für den Regisseur, ist Kurosawa nicht in Bestform. Nur die ambivalente Rolle der Etsuko (überzeugend gemimt von der Schauspielerin Kaho) ruft Interesse hervor. Ihre charakterliche Stärke ist als Gegenpol zur Hilflosigkeit (fast) aller männlichen Personen angelegt. Besonders deutlich in den karikaturenhaft überzeichneten Staatsbediensteten. Auch bei den verwendeten Symbolen und Zeichen fällt dem Regisseur außer reichlich abgehangener Standards (endloser Regen, mysteriöse Geräusche, plötzliche Ohnmacht von uniformierten Arbeiterinnen) wenig Neues ein.

Diese Alien-Invasion entpuppt sich als überlanges Kreisen um große Themen, die leider nur ansatzweise eine interessante Anschauung erhalten. Wo der Regisseur in der Vergangenheit gerade mittels seiner eigenwilligen, stark minimalistischen Erzählstruktur große Kino-Momente auf die Leinwand brachte, herrscht bei YOCHO (FOREBODING) größtenteils nur eine dumpfe Leere.










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