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WORKINGMAN'S DEATH (Österreich/Deutschland 2005)

von Matthias Mahr

Original Titel. WORKINGMAN'S DEATH
Laufzeit in Minuten. 122

Regie. MICHAEL GLAWOGGER
Drehbuch. MICHAEL GLAWOGGER
Musik. JOHN ZORN
Kamera. WOLFGANG THALER
Schnitt. nicht bekannt
Darsteller. -

Review Datum. 2005-11-09
Kinostart Deutschland. 2006-04-27

In diesem Dokumentarfilm an dem Michael Glawogger 5 Jahre arbeitete – sein letzter Film, die locker, sympathische Sexkomödie NACKTSCHNECKEN entstand also quasi nebenbei, zwischendurch – werden dem Zuschauer 5 Bilder von Arbeitern in einigen der schwersten Jobs der Welt gezeigt.

In HELDEN, dem ersten Bild, werden Kohlearbeiter aus dem Dombassgebiet in der Ukraine portraitiert. Zu Sowjetzeiten wurden hier Helden wie der legendäre Stachanov kreiert und als solche sehen sich die Kumpel zu einem gewissen Grad noch heute, wenn sie in ihre beengenden, nur am Bauch rutschend betretbaren Minen schuften. Anundfürsich ist dieser Privatabbau illegal, doch für eine staatliche Förderung bekäme man überhauptkeinen Lohn.
GEISTER bringt einem Indonesen näher, die an einem Vulkan Schwefel abbauen und ins Tal bringen. Die malerische Landschaft lockt natürlich auch Touristen an, die zwar mit dummen Fragen nerven, durch die man aber auch kleine Nebeneinkünfte erwirbt.
LÖWEN zeigt das Treiben auf einem Nigerianischen Schlachthof, auf dem Ziegen und Rinder geschächtet, auf Autoreifen geröstet und verkauft werden. Diese Episode ist recht blutig und gorehältig. Splatterfreaks mögen verzücken, zart besaiteteren Zuschauern könnte das zuviel werden. Der Tod eines Rindes, dass vom Ausbluten schon müde die Augen verdreht ist aber trotz Allem ein ungemein schöner, berührender Moment.
Als BRÜDER fühlen sich die Schweißer in Pakistan, die ausrangierte Schiffe zerlegen. Vielleicht das bizarrste Kapitel des Films in dem riesige Stahlwände zu Boden fallen und Leute mit Maschinengewehren posieren.
Die ZUKUNFT chinesischer Stahlarbeiter wird recht lakonisch abgefertigt, womöglich auch, da dort die Filmerlaubnis am schwersten zu bekommen und der Dreh am stärksten überwacht war. Dafür schloss hier noch perfekt ein EPILOG an von dem hier nichts weiter verraten sei, als dass er den vorangegangenen, jeweils von einer Farbe dominierten 5 Bildern einen raffinierten Kontrapunkt setzt.

Michael Glawogger ist hier ein wunderbar ästhetischer Film gelungen. Es scheint schwer vorstellbar, dass man diesem Thema volle zwei Stunden mit konzentriertem Staunen folgen kann und einem die Zeit dabei wie im Fluge vergeht. Doch anders als so viele Dokumentarfilmer heute, die Unmengen an Videobändern unter dem Motto "Kost ja nix" verdrehen und dann diesen Berg an Material irgendwie zusammenkürzen müssen filmte Glawogger WORKINGMAN'S DEATH noch auf Super16 und diesen anderen Zugang merkt man nicht nur an der Bildqualität.

Manch einer im Publikum war freilich nach der Vorstellung hörbar enttäuscht, erwartete wohl auch aufgrund des Titels eine geißelnde Abrechnung mit dem bösen, bösen globalisierten Kapitalismus. Zwar lässt kaum einer der Schwerstarbeiter einen Zweifel daran, dass er lieber was Anderes täte, wenn er könnte, doch der Film verzichtet (bis auf den Epilog) völlig auf jegliche Offkommentare und versucht auch nicht durch Fremdmaterialien etwas zu erläutern. Auch die zu Beginn verwendeten Filmausschnitte aus den 30er Jahren dienen nicht dazu. So wichtig auch kritische, reportagehafte Filme wie etwa OPERATION SPRING (ein kürzlich erschienenes Werk über eine fragwürdige Operation der Österreichischen Polizei und den beklemmenden unkritischen Umgang der Justiz mit deren Resultaten) sein mögen, ihren Hauptzweck als Kinofilm schöpfen sie aus der Tatsache, dass das Fernsehen heutzutage leider seine Funktion als hinterfragendes Reportagemedium sträflich vernachlässigt. Auch wenn es gut und richtig ist, dass hier Kinoproduktionen fallweise einspringen und die Aufgaben des TV übernehmen, so darf man dem Kinofilm keinesfalls absprechen auch im Dokumentarbereich seine eigene Kunstform zu pflegen. Hier ist ein fast völlig unpolitisches Werk geschaffen worden, welches aber durch Bild und auch Ton echtes Kino repräsentiert. Ob die tolle, eindringliche Musik, die vor allem am Anfang ein wenig wie bei ZATOICHI sehr passend eingefügt wird oder das quietschende Wippen der Körbe mit denen die Schwefelarbeiter ihre Last zu Tal bringen, fürs Ohr wird fast ebensoviel getan wie fürs Auge. Ein Werk voller magischer Momente. Sollte man sich nicht entgehen lassen. In Österreich startet es bereits am 25.11.2005.











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