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WILDE UNSCHULD (Spanien/USA 2007)

von Claudia Siefen

Original Titel. SAVAGE GRACE
Laufzeit in Minuten. 96

Regie. TOM KALIN
Drehbuch. HOWARD A. RODMAN
Musik. FERNANDO VELÁZQUEZ
Kamera. JUAN MIGUEL AZPIROZ
Schnitt. JOHN F. LYONS
Darsteller. JULIANNE MOORE . STEPHEN DILLANE . EDDIE REDMAYNE . ELENA ANAYA u.a.

Review Datum. 2008-04-10
Kinostart Deutschland. 2008-05-08

Kürzen, zusammenstreichen, weglassen: das Drehbuch zu WILDE UNSCHULD orientiert sich an der gleichnamigen Familienbiografie der aus Belgien stammenden Kunststoff-Dynastie Baekeland. Der Regisseur zeichnet vor allem einen Abgesang auf den reinen Geldadel. Geld macht mal wieder nicht glücklich, was freilich immer nur von denjenigen behauptet wird, die es haben! Kalin orientiert sich an sexuellen Abhängigkeiten, oder viel mehr daran, dass persönliche Freiheit schon immer gerne an sexueller Freizügigkeit gemessen wird. Freie Körper bedeuten aber nie das Vorhandensein eines freien Geistes und schon kann das Leiden beginnen.

Die attraktive und aus der amerikanischen Unterschicht stammende Barbara Daly (Julianne Moore) führt Dank ihrer Heirat mit dem millionenschweren Bakelit-Erben Brooks Baekeland (Stephen Dillane) ein finanziell sorgenfreies Leben und steckt in Nöten. Von der adeligen Oberschicht nicht für voll genommen und von ihrem Gatten sexuell und intellektuell vernachlässigt klammert sie sich an die Zuneigung ihres Sohnes Anthony (Eddie Redmayne). An den mondänsten Schauplätzen wie New York, Paris oder London in einem Zeitraum von 1946 bis 1972 flirrt die Arie der Langeweile in wunderschönem Dekor vor sich hin. Da nützen denn auch Drogen und kleine Sexabenteuer sowie die versuchte Selbstverwirklichung anhand tapsiger Malerei-Versuche nicht viel. Alle Beteiligten fügen sich gegenseitig Narben zu, und als Barbaras Ehemann diesen Kreis an dümmlich-gewollter Dekadenz verlässt, spannt er dem Sohn die erste Freundin aus und hofft auf sein Seelenheil. Die ersten verzweifelten Versuche von Barbara, ihren Mann zurück zu gewinnen scheitern, und ihren Sohn reisst sie gleich mit in ihre Flucht vor der Einsamkeit.

Kalt ist dieser Film und bedrohlich. Die Nähe zwischen Mutter und Sohn beruhigt nicht etwa, sondern weckt Unbehagen. Frauen kommen in diesem Film, der an eine ausgeprägte "Hetero-Phobie" erinnert, schlecht weg. Sie sind nur besitzergreifende und machtgierige Wesen, die daran verzweifeln, dass ihre "Waffen" versagen. Das Muttertier und das Sexobjekt, etwas anderes haben sie nicht gelernt, und es entlädt sich die Wut darüber, dass sie nicht loslassen können und dass ihre Tricks nicht funktionieren. Die finanzielle Abhängigkeit kommt hinzu und die ersten Rachegelüste sind nicht fern. Welche Liebe ist das, die dem Geliebten Schaden zufügen will? Frau Baekeland hat wohl nichts anderes zu tun, und ihre Fäden spinnt sie über die Jahre, die voll sind von gegenseitigen Verletzungen und dem Einflössen von Minderwertigkeitskomplexen, die doch nur ihre eigenen sind. Der Film ist schliesslich eine Ode an die Selbstständigkeit und an die Verantwortung für das eigene Handeln. Für Barbara und ihren Sohn wird es keine Erkenntnis geben, Rettung schon gar nicht. Julianne Moore ist fantastisch, keine Frage, aber so langsam wünscht man sich, dass sie auch einmal in einer Komödie zu sehen ist: man will endlich einmal mit dieser Frau in gut gelauntes Gelächter ausbrechen! Ausserdem die Frage: für welches Publikum ist dieser Film gedacht? Film ist immer Politik, und auch wenn eine immer noch amerikanische "Underground-Produktion" wie Killer Films beteiligt ist: warum in diesen Zeiten wieder das Credo "Geld macht nicht glücklich und die Erfüllung von sexuellen Begierden fügt allen Beteiligten nur Schaden zu"? Der Film ist besonders kameratechnisch fast ein wenig zu perfekt: das eingefangene Sonnenlicht, die voraussehbaren Fahrten und Schwenks, die grandiosen vernebelten Farben.

"I will cure you, mom", sagt der zwölfjährige Tony noch zärtlich, als seine Mutter in Paris eines morgens nach einer durchgefeierten Nacht an einem ordentlichen Kater leidet. Das wird er nicht.











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