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Der Vorspann ist großartig. Wie da in grossen Lettern JOHN CARPENTER'S THE WARD vorbeirauscht. Wie sich dann verstörende Bilder von Psychiatriepatienten und folterähnlichen Therapiemethoden in zersplitterten Glasplatten auflösen. Wie sich langsam aus den Scherben die dunkle Vorahnung dessen, was da kommt, herausschält. Angst, Wahnsinn, gestörte Persönlichkeiten. Und dann die schöne Amber Heard, die in einem weissen Unterhemd durch einen sonnigen, gleichwohl toten Wald rennt und dann Feuer legt. Ein Höllenfeuer, das ein ganzes Haus niederbrennt. Die Cops holen sie weg von den Flammen. Ihre nächste Station ist die Irrenanstalt, und da wir das Jahr 1966 schreiben, fallen die Behandlungsmethoden noch reichlich zweifelhaft aus. Und als wären die langen, stillen Flure nicht angsteinflössend genug, ist da auch noch ein Geist, der das Haus heimsucht und die anderen jungen Patientinnen eine nach der anderen zu sich holt.
In der ersten Viertelstunde wird kaum ein Wort gesprochen, der Film muß sich ganz und gar auf das Geschick seines Regisseurs verlassen. Und, oh Wunder, tatsächlich hat John Carpenter hier wieder zu Form gefunden, er inszeniert ein Gefühl von dräuendem Schrecken herbei, wie es ihm seit Dekaden nicht mehr gelang. Es ist nicht die alte Meisterschaft, davon ist er weit entfernt; es finden sich auch so manch überflüssige Inserts in den Montagen, in denen er den Schraubstock oft zu locker läßt. Aber es geht eine gewisse Sicherheit von der Regie aus, die THE WARD bis zum Schluß die Stange hält. Was man noch vom alten Carpenter kennt und schätzt, ist die Stärke seiner Frauenfiguren; und auch Amber Heard ist toll als willensstarke Kristen, viel toller als in den Sexhäschen-Rollen, in denen sie für schlechtere Regisseure mit dem Hintern wackeln muß.
Über den Rest des Ensembles läßt sich Gleiches leider nicht sagen. Die Gruppe von Girls, mit denen sich Kristen ihren Trakt teilt, wird sehr wacklig dargestellt (die Charakterisierung ändert sich manchmal gar von Szene zu Szene); der Rest der Besetzung erfüllt notdürftig die bekannten Klapsenklischees. Heard ist gut genug, die Nummer trotzdem zu stemmen; auch das mittlerweile völlig austauschbare Grusel-Make-Up von Nicotero/Berger, die sich scheinbar nur noch auf ihrem Geld ausruhen wollen, ist verschmerzbar. Es ist die Story, die THE WARD ein Bein stellt.
Carpenter hat sich hier für sein Comeback einen simplen Schocker ausgesucht, durchaus eine seiner Stärken. Doch während seine Klassiker wie HALLOWEEN und THE FOG gerade ihrer vordergündigen Einfachheit wegen Carpenter zu Hochform antrieben, möchte THE WARD mehr: Er will, ganz zeitgemäß, die große Wendung, das Geheimnis, den Twist. Und das liegt Carpenter offenbar nicht. Was hier am Ende als große Auflösung präsentiert wird, verrät Carpenter nicht zuletzt mit seiner Inszenierung schon nach einer halben Stunde. Wer James Mangolds IDENTITY gesehen hat, wird sich zusätzlich auf ein gehöriges Déjà Vu einstellen müssen. Die etwas hilflosen Versuche, sich mit Torture Porn-Einwürfen dem Zeitgeist anzubiedern, können auch nicht verschleiern, daß diese Story als TWILIGHT ZONE-Episode bequem hätte auserzählt werden können. Dennoch: THE WARD ist ein annehmbarer, im besten Sinne konservativer Grusler, der nicht zuletzt dank Amber Heards Leistung gut über die Runden kommt. John Carpenter hat auf jeden Fall wieder Boden gut gemacht - abgestürzte Zeitgenossen wie Wes Craven und Dario Argento dürfen sich in die Ecke stellen.
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