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Hey Du! Ja genau, Du. Was guckste denn so traurig? Komm doch mal her. Was ist? Ach, Du bist Action-Junkie? Ja, aber das ist doch nicht schlimm, bin ich doch auch. Na, nich weinen. Geht doch aufwärts, guck Dir mal die letzten Snipes und Van Dammes und Lundgrens an und so. Bitte? Ach, Du willst den alten Steven Seagal wieder? Ah, verstehe. Hast Dir aber auch seine letzten zwölf Videopremieren brav angeschaut, oder? Hab ich auch. Und jetzt hast Du die Hoffnung verloren? Versteh ich ja, war ja auch zum großen Teil nur noch traurig. Aber komm! Ich mach Dir 'n Vorschlag. Kauf uns mal zwei Sixpack Bierdosen, und dann zeig ich Dir was. Nämlich URBAN JUSTICE.
Zwei dämliche Muskelprotze lehnen an Stevies Auto. Mächtig großer Fehler. Seagal kommt dazu, und die beiden Flachzangen wollen ihm auch noch was von "Raus aus unserer Hood" erzählen. Klassischer Seagal-Moment. Kannst Dir also schon mal die Bierdose greifen. Oh! Da haut er die Dunkelmänner auch schon zu Brei. Jawoll. Hey, er dreht dem Glatzkopp den Arm auf den Rücken! Sollte er etwa...? Ja, klemm schon mal den Zeigefinger in den Verschluß Deiner Bierdose! Da! Er macht es wirklich! Er bricht dem Idioten mit lautem Knacksen sein Handgelenk! Ja, reiß den Clip von der Dose!!! Und Prost... wir sind zuhause.
URBAN JUSTICE wirkt tatsächlich so, als hätte Produzent und Hauptdarsteller Seagal meine letzten 43 Kritiken seiner Filme gelesen. Vergessen sind die überambitionierten und lahmarschigen Verschwörungsplots, hier geht es einfach darum, daß Stevie stinksauer ist - weil jemand seinen Sohn, einen Polizisten (ja, Steven wird älter), brutal ausgeknipst hat. Und weil Seagal so gut wie keinen Schimmer hat, wer das gewesen sein könnte, pflügt er wie der Dampfhammer Gottes durch das Gangland von Los Angeles. Hier kriegt wirklich ausnahmslos jeder von Seagal in bester OUT FOR JUSTICE-Manier die Fresse poliert und die Knochen zermalmt, und wer zu oft wieder aufsteht (besonders hübsch: Ein Fettsack im weißen T-Shirt, der einfach nicht weiß, wann Schluß ist), darf sich für einen saftig ausgespielten Genickbruch bedanken. Wenn die Rammbockfäuste des Aikido-Meisters schweigen, sprechen die Kanonen, und für die zahllosen Erschießungen hat sich Regisseur FauntLeRoy die schönen, ganz ganz großen - sozusagen analogen - Blutpakete ausgesucht. So übel gespritzt hat es schon lange nicht mehr. Und als einer der Antagonisten darf "Undercover Brother" Eddie Griffin mit einem Starkstrom-Auftritt die blassen Osteuropäer der letzten Seagals vergessen machen.
Auch eingeschnittene Actionszenen aus anderen Filmen sind keine auszumachen. Seagal spricht alle seine Zeilen selbst und legt mehr Hand an als in den letzten sechs Werken zusammen. Leider muß man auch dieses Mal - obwohl Stevie schon etwas abgespeckt hat - wieder hinnehmen, daß sich die Inszenierung der Eitelkeit des dicken Riesen unterordnet. Der nun schon als filmsprachliches Mittel zwischen "Nahaufnahme" und "Detail" ins Lexikon aufgenommene "Seagal Close-Up" zeigt seinen Kopf von Stirn bis Unterlippe - eine Einstellung, die auch weiterhin unglaublich scheiße aussieht. Die Kampfszenen spielen sich alle im Halb- bis Ganzdunkel ab, was schade ist; die hier haben nämlich Druck, und mir ist dabei egal, ob der Ausübende ne Wampe hat: Ich will was sehen!
Egal, Seagal hat wieder Bock, und mit dieser topmodischen Selbstjustizgranate - die übrigens an Brachialität an die seligen Gewaltvideo-80er erinnert, Stevie exekutiert gern im Dutzend - kann er sich mit Sicherheit ein paar alte Freunde zurückholen. Das Budget bitte verdreifachen und ihm weiterhin gut gelaunte Unterstützung wie hier von Griffin und Danny Trejo zur Seite stellen, dann klappt's auch mit dem Comeback. Am Ende des Film staunt sogar der Böse - "He's one cool motherfucker", sinniert Griffin. Cocksucker Motherfucker. Wir sind zuhause.
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