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THE UNTAMED (Mexiko/Deutschland/Frankreich 2016)

von André Becker

Original Titel. LA REGION SALVAJE
Laufzeit in Minuten. 100

Regie. AMAT ESCALANTE
Drehbuch. AMAT ESCALANTE . GIBRAN PORTELA
Musik. MARTIN ESCALANTE . LASSE MARHAUG . GURO MOE
Kamera. MANUEL ALBERTO CLARO
Schnitt. FERNANDA DE LA PEZA . JACOB SECHER SCHULSINGER
Darsteller. RUTH RAMONS . SIMONE BUCIO . JESUS MEZA . EDEN VILLAVICENCIO u.a.

Review Datum. 2018-01-09
Kinostart Deutschland. 2018-01-11

Amat Escalantes Filme sind steinharte Brocken. Sie sind wütend und ungemütlich. Mit unerbittlicher Härte legt der Mexikaner den Finger in die Wunde einer kranken Gesellschaft. Einer Gesellschaft in der das Recht des Stärkeren gilt und die sich in einer desaströsen Schieflage befindet, die ehemals gültige Werte und Normen ad absurdum führt. Eine triste, eine trostlose Welt ist das. Das Mexiko aus HELI, dem gefeierten Durchbruch von Escalante, wirkte deshalb fast unwirklich. Wie ein Vorort zur Hölle. THE UNTAMED entwirft ein nicht minder tristes Gesellschaftsportrait. Ein Beziehungsdrama, das gewohnt ungebremst das Böse, das Abseitige und sozial zersetzende im Menschen offen legt.

Im Zentrum stehen eine Handvoll Charaktere, die Escalante sinnbildlich für die Verlorenheit einer ganzen Generation angelegt hat. Da ist die junge Mutter Ale, die unter ihrem versoffenen Ehemann leidet, gleichzeitig aber von ihren Schwiegereltern finanziell abhängig ist. Ihr Mann wiederum hat ein Verhältnis mit ihrem Bruder, verleugnet dabei jedoch permanent seine eigene sexuelle Identität. Zentrale Figur ist allerdings eine scheue junge Frau, die ein dunkles Geheimnis hütet. Ein Geheimnis, das sie schließlich mit allen drei Personen teilt. Mit dramatischen Folgen.

THE UNTAMED spielt diesbezüglich schnell mit offenen Karten. In einer alten Hütte wartet ein außerirdisches Wesen darauf unendliche Lust zu schenken. Escalante lenkt seinen Film durch dieses Element freilich nicht in die Bahnen genrefilmtypischer Exploitation. Die wenigen drastischen Bilder bilden einen vielgestaltigen Resonanzraum für die diversen Interpretationsmöglichkeiten, die das mit Preisen ausgezeichnete Werk anbietet. Das Wesen ist für die Einen Befreiung (aus dem Gefängnis der Beziehung, den ungestillten Gelüsten, der beengten heteronormativen Lebenswelt), für die anderen hält es Verdammnis und Tod bereit. Escalante verdichtet seinen Film somit im Verlauf immer mehr zu einem Stimmungsbild der schwelenden Konflikte, die bis hinein in den Mikrokosmos einer Zweierbeziehung reichen. Dass diese Konflikte nicht lösbar scheinen und anderweitig aufgelöst werden (müssen) zeigt der Regisseur hier auf eindrückliche Weise.

Trotz aller Bitterkeit gestattet sich das Skript auch leise Momente der Hoffnung. Wenn der Abspann die zuvor gesetzte Einstellung förmlich zerreißt, entlässt Escalante sein Publikum schließlich mit einem Ruck, der so unvermittelt wie wirkungsvoll kommt. THE UNTAMED ist ein aufwühlender Film, der das Publikum aus ihrer Komfortzone herausholt und mit unbequemen Fragen konfrontiert. Ein ungezügelter Arthouse-Alptraum, der ungeachtet der teils sperrigen Inszenierung die Auseinandersetzung definitiv lohnt.











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