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Man kennt das Szenario aus JACKASS: die Darsteller lassen sich auf alt schminken oder ziehen Masken über, setzen sich in den Rollstuhl und mimen einen Senioren. Das ist dann eigentlich auch schon die Prämisse von Harmony Korines TRASH HUMPERS, mit dem Unterschied, dass die Senioren hier nicht etwa Passanten verarschen oder waghalsige Stunts performen, sondern einfach nur ... naja ... Mülltonnen und sonstigen Müll bespringen. Was bei JACKASS so herrlich funktioniert, ist die Tatsache, dass die Darsteller mit den Passanten spielen und so für Humor sorgen. Ihre Action findet inmitten der Öffentlichkeit statt, am helllichten Tag und mit dem größtmöglichen Fokus auf Aufmerksamkeit. Was TRASH HUMPERS also fehlt, ist der Rezipient der Aktionen, der hier lediglich der extradiegetische Zuschauer ist. Auch sind die Aktionen an sich kaum der Rede wert, denn statt auf Schockmomente zu setzen, schießt sich Korines Film auf allerlei außergewöhnliche Situationen ein. Wobei "außergewöhnlich" kaum weiter definiert werden kann, finden sich hier doch neben all den Sexualmetaphern auch humanistische Züge. TRASH HUMPERS ist ein Außenseiter, nicht nur seiner Figuren wegen - es gibt das kleine fette Kind, den siamesischen Zwilling und natürlich die alten Säcke, die nichts mit ihrer Freizeit anzufangen wissen -, sondern auch, weil Korine auf alle filmischen Konventionen verzichtet.
So wurde beispielsweise auf VHS gefilmt, eine Art Handlungsbogen oder gar Spannung gibt es nicht. Der Film ist vielmehr eine bloße Aneinanderreihung "komischer" Momente, Aktionen und Bilder, die nicht nur Otto-Normal-Zuschauer an die Grenzen des Erträglichen bringen dürften. Gerade diese Freiheit, die sich Film und Regisseur nehmen, ist Korine, der ohnehin als enfant terrible angesehen wird, hoch anzurechnen. Gleiches gilt für den Verleih, der den Film zwar primär auf DVD veröffentlicht, es sich aber nicht nehmen ließ, TRASH HUMPERS zumindest in eine Handvoll Kinos zu bringen. Wer sich also tatsächlich traut für 78 Minuten ins Kino zu verirren und im Sessel auszuharren, statt sich die DVD einfach mal auszuleihen und im Schnelldurchgang anzusehen, der muss das Kino, das hier wohl so wenig Kino ist wie selten zuvor, wirklich lieben. Oder einfach nur ein Faible für schräge Figuren haben, die wie der Film selbst, abseits jeglicher Konventionen sind. TRASH HUMPERS ist bei alledem aber nicht etwa nur ein reines Experiment, sondern weist bei aller vermeintlichen Beliebigkeit und Langeweile durchaus eine Metaebene auf. Viele der Aktionen, die hier von alten Menschen durchgeführt werden, sind an und für sich nichts Außergewöhnliches - mit dem kleinen Unterschied, dass wir normalerweise junge Leute im Kopf haben, wenn wir solche Chaoten sehen. Die zerstörerische Kraft der Vernichtung und die sexuelle Kraft, der man am liebsten jederzeit und überall freien Lauf lassen würde, sind meist der Jugend vorbehalten. Nicht aber bei Korine.
TRASH HUMPERS ist insofern also nicht nur eine Verneinung von Konventionen, sondern auch eine Umkehrung ebendieser. Korines Film ist irgendwo zwischen JACKASS, prätentiöser Performance-Kunst und totalem Wahnsinn anzusiedeln, ist aber gerade deshalb zumindest einen kleinen Blick wert. 78 Minuten sind für einen Spielfilm mit normaler Erzählung nicht lang - bei TRASH HUMPERS, der alles andere als normal ist, tut aber jede einzelne Minute weh. Auch deshalb ist TRASH HUMPERS ein Film für Masochisten.
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