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DER TOD DES HERRN LAZARESCU (Rumänien 2005)

von Matthias Mahr

Original Titel. MOARTEA DOMNULUI LAZARESCU
Laufzeit in Minuten. 153

Regie. CRISTI PUIU
Drehbuch. CRISTI PUIU . RAZVAN RADULESCU
Musik. ANDREEA BARBU
Kamera. OLEG MUTU
Schnitt. DANA BUNESCU
Darsteller. IOAN FISCUTEANU . LUMINITA GHEORGHIU . DORU ANA . DANA DOGARU u.a.

Review Datum. 2005-10-08
Kinostart Deutschland. direct-to-video

Dante Remus Lazarescu, ein verwahrloster Witwer Anfang 60, von seiner Tochter verlassen hat nur noch seine Katzen, denen die Nachbarn am liebsten den Tod wünschen würden. Trotz ihrer Reserviertheit will das Paar von Gegenüber durchaus helfen, als es Herrn Lazarescu eines Tages schlecht geht. Der bestellte Rettungswagen lässt Samstagabends auf sich warten und als die Sanitäterin Avram endlich kommt beginnt erst recht nur eine Odyssee von einer Bukarester Notaufnahme in die nächste. Ein schweres Busunglück mit dutzenden (jungen) Schwerverletzten verlangt von den Ärzten alles ab, zudem wird Herrn Lazarescus Problem aufgrund seines Alkoholkonsums nicht wirklich ernst genommen und Rettungsschwester Avram eckt mit ihren Kompetenzüberschreitungen durch gutgemeinte, letztendlich fachunkundige "Diagnosen" bei der Ärzteschaft an.

Der Film verwendet anscheinend durchgehend Handkameras. Selbst in ganz ruhigen, statischen Szenen, wie gleich zu Beginn, wenn sich Lazarescu etwas (wie man später erfährt alkoholisches) einschenkt und dies daraufhin am Telefon verneint merkt man leichte Unruhe in der Führung. Dennoch verweigert er sich der durch EMERGENCY ROOM und Konsorten geprägten Hektik, vermeidet Jumpcuts und erzählt seine Geschichte gemächlich, steigert aber trotz Überlänge konsequent bis zum Schluss die Spannung. Viele Reverenzen und Querverweise versprechen Neuentdeckungen bei wiederholter Ansicht. Da wären etwa das Motiv der Elektrobohrer, das am Anfang und Ende des Filmes eingebracht wird, besonders auffällig auch diverse Bibelanalogien. Der Name Avram entspricht Abraham, Lazarus begibt sich also in Abrahams Schoß, eine Redewendung, die auch im Rumänischen geläufig ist. Ein besonders reservierter Arzt befielt Lazarescu seine Bahre zu nehmen und zu verschwinden, eine skurrile Anlehnung an ein anderes "Jesuswunder" der Evangelien.
Trotz des unschönen Verlaufs, den das durch den Titel absehbare (oder eigentlich auch wieder nicht) Ende vorgibt, trotz der leicht kafkaesken Verwicklungen des Gesundheitswesen, die den armen älteren Mann zum Spielball werden lässt, der von Klinik zu Klinik verschoben wird und trotz des extrem zynischen Filmplakates gibt der Film kein wirklich böses Bild selbstgefälliger Götter in Weiß ab. Keine der handelnden Personen wird polemisch denunziert, alle verhalten sich zu einem gewissen Grade nachvollziehbar und von ihrer persönlichen Warte aus gut. Die Kälte, die dem Patienten entgegen schlägt, ihm alles wegnimmt, von den Katzen über den eigenen Verstand bis zum Pyjama, rührt von der fatalen Verkettung verschiedenster Umstände her, ist eigentlich niemanden persönlich anzulasten. Engagement ist fühlbar und zwar mit einer Glaubwürdigkeit, die auch einen überzeugten Verächter grausig blasser Krankenhaussoaps fesseln wird.

Der Film ist von Regisseur Puiu als erster Teil einer Reihe von sechs Spielfilmen unter den Titel SECHS GESCHICHTEN AUS DEN BUKARESTER VORSTÄDTEN geplant. Ein ungemein vielversprechender Beginn, der in Österreich schon einen Verleih gefunden hat. (Kinostart: 16.12.05.) Für Deutschland ist leider noch nichts bekannt.











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