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THE SURVIVALIST (Großbritannien 2015)

von André Becker

Original Titel. THE SURVIVALIST
Laufzeit in Minuten. 104

Regie. STEPHEN FINGLETON
Drehbuch. STEPHEN FINGLETON
Musik. SIMON DIGGINS
Kamera. DAMIEN ELLIOTT
Schnitt. MARK TOWNS
Darsteller. MARTIN MCCANN . MIA GOTH . OLWEN FOUERE . ANDREW SIMPSON u.a.

Review Datum. 2016-06-26
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Die Welt, wie wir sie kennen ist am Ende: Hinfort gefegt die gigantischen Metropolen, vom Antlitz der Erde getilgt sämtliche technologische Errungenschaften. Geblieben sind karge Landschaften und eine verschwindend geringe Anzahl Überlebender. Dies ist der Ausgangspunkt von THE SURVIVALIST und dutzender weiterer Endzeitfilme. Bereits die ersten Filmminuten machen jedoch deutlich, dass es sich bei dem Spielfilmdebüt (nach mehreren Kurzfilmen) von Stephen Fingleton nicht um einen der handelsüblichen Filme zur Postapokalypse handelt. Fingleton greift zwar vereinzelt genretypische Elemente auf, vermeidet es aber diese im engen Korsett eines Genre-Films abzubilden. Mit seiner entschleunigten Machart wird stattdessen ein starkes Kontrastprogramm zu den auf Krawall gebürsteten Weltuntergangsszenarien der vergangenen Dekaden gefahren.

Im Zentrum des Films steht ein nicht mehr ganz junger Mann (Martin McCann), der im Wald in einer heruntergekommenen Hütte versucht den widrigen Umständen seines Daseins zu trotzen. Seine Tage sind trist und abgesehen von den meist erfolglosen Versuchen jegliche Form von Nahrung anzubauen, oder aufzutreiben, wenig ereignisreich. Als eines schönen Tages eine alte Frau und ihre Tochter hilfesuchend vor seiner Türe stehen verändert sich sein Leben schlagartig. Zögerlich gewährt er beiden Zutritt in seine kleine Welt. Eine Entscheidung mit Folgen, denn letztlich sind die Neuankömmlinge vor allem daran interessiert zu überleben. Koste es, was es wolle.

Was ist es was uns menschlich macht und was bleibt davon übrig, wenn wir kurz davor sind zum Naturzustand zurückzukehren? Dies sind die zentralen Fragen, die THE SURVIVALIST konsequent, aber glücklicherweise vollkommen pathosfrei und unaufdringlich behandelt. Fingleton findet für die Auseinandersetzung mit diesen Fragen stimmungsvolle Einstellungen, die gerade durch den minimalistischen Einsatz von Dialogen und die Reduzierung auf wenige Schnitte große Wirkung entfalten.

Absolut überzeugend sind zudem die darstellerischen Leistungen. Alle drei Protagonisten füllen ihre Rollen mit Leben und vermitteln eindrucksvoll die Charaktereigenschaften ihrer Figuren. Diesbezüglich kommt es dem Film sehr zu Gute, dass er seine Charaktere bewusst ambivalent darstellt. Daraus folgt, dass die meiste Zeit über vollkommen unklar ist, welche Entwicklung die Geschehnisse und die einzelnen Motive der Hauptfiguren nehmen. Insofern transportiert die Produktion eine fast mit Händen greifbare Atmosphäre permanenter Anspannung, die durch die kammerspielartige Inszenierung des Films noch einmal zusätzlich verstärkt wird.

Das Drehbuch versteht es allerdings ebenfalls meisterhaft seinen ruhigen Erzählfluss mit einzelnen hochspannenden Sequenzen aufzubrechen. Ohne Vorwarnung werden hier, ausgelöst durch externe Bedrohungen, gut getimt große Spannungsmomente generiert, für die der Regisseur das begrenzte Filmsetting adäquat einzusetzen weiß. Insofern sorgt Fingleton stets dafür, dass neben der Beschäftigung mit all den existenzialistischen Fragen die Spannungsdramaturgie nicht zu kurz kommt.

THE SURVIVALIST ist ein außergewöhnlicher Film, der ohne plakative Gewaltdarstellungen, dafür aber mit enormer Schaffenskraft inszeniert wurde. Kein Werk für zwischendurch, sondern eine atmosphärisch dichte Parabel über den Wert der Menschlichkeit. Ein schonungsloses, allumfassend forderndes, sehr intensives Filmerlebnis, dass sein Publikum trotz seiner bedrückenden Gesamtatmosphäre auch mit einem letzten Rest Hoffnung in die Wirklichkeit entlässt.











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